Reise nach Gurs
Gedenken in Gurs an die Deportation 1940

Gurs - Deportiertenfriedhof

Lasse mein Haupt eine Flut sein,
mein Auge ein Wasserquell:
Tag und Nacht beweine ich die Erschlagnen meines Volkes. Jer. 8, 23

Dieser Vers steht im Totenbuch des Deportiertenfriedhofs in Gurs/Südfrankreich. An der jährlichen Gedenkveranstaltung der Arbeitsgemeinschaft in Erinnerung an die Deportation der badischen, saarländischen und Pfälzer Jüdinnen und Juden am 22.10.1940 nahm auch Heidemarie Leins im Auftrag der Stadt Bretten teil. Bretten ist Mitglied der Arbeits¬gemeinschaft
Es ist ein großes Bedürfnis aus diesem Anlass, die Grabstellen der in Gurs verstorbenen Brettener zu besuchen. So galt das Interesse ganz besonders Helene Baum, auf deren Stele als Geburtsort Wertheim genannt ist. Das ist irreführend. Helene wurde als Tochter von Louis Wertheimer und seiner Frau Eugenie in Bretten 1885 geboren. Vermutlich entstand der Fehler aus dem Geburtsnamen. 1909 heiratete sie in Bretten den Teilhaber der elterlichen Eisenwarenhandlung Salomon Wertheimer. Samuel Baum, geb. 1880 in Nonnenweier. Samuel Baum war als Musketier im ersten Weltkrieg und ließ sein Leben schon 1915 in Weißrussland. So war Helene mit 30 Jahren Witwe und die Tochter Erna, die 1910 geboren wurde, ohne Vater. Sie teilte das Schicksal vieler Frauen. Eingebunden in die große Wertheimerfamilie in der Melanchthonstraße 57, Schwester Selma wurde schon 1913 Witwe, wurde das Leben aufgefangen. Auch der Bruder Alfred starb mit 29 Jahren als Soldat in Frankreich – auf dem Felde der Ehre. Er liegt auf dem Brettener Friedhof.
Tochter Erna besuchte die Realschule in Bretten und machte 1925 den Abschluss. Vielfach waren Mutter und Tochter auf Reisen. Erna ließ sich später in Lugano nieder. Die Mutter lebte in Karlsruhe und München. Von München kam sie am 9.10. zurück nach Karlsruhe und wurde am 22.10.1940 nach Gurs deportiert.
Lange musste sie die Zustände der Vorhölle von Auschwitz, wie das Camp de Gurs genannt wurde, nicht ertragen. Sie starb mit 55 Jahren sieben Wochen nach der Ankunft im Lager und wurde auf dem dortigen Friedhof beerdigt.
Die Tochter schrieb im Januar 1941 aus Lausanne um die Sterbeurkunde. Die Postkarte ist in den Akten von Gurs erhalten.

Autor:

Heidemarie Leins aus Bretten

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