500 Jahre Bauernkrieg
„Mythen-Metzgerei“ und Living-History-Aktionen
Bretten/Region (hk) Das erste Projekt des „Museumsnetzwerks Kraichgau“ ist eine Wanderausstellung anlässlich des 500-jährigen Jubiläums der Bauernaufstände im Kraichgau im Jahr 2025, die im Jubiläumsjahr durch den Kraichgau reist. Am Montag, 2. Dezember, hat Schirmherr Peter Hauk, Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, im Melanchthonhaus Bretten die Wanderausstellung vorgestellt.
Der Bauernkrieg von 1525 war laut Hauk ein "epochales Ereignis". Die Bauern standen unter enormem Druck: Neben dem Großzehnt und dem Kleinzehnt, die einen erheblichen Teil ihrer erwirtschafteten Einkünfte und Erträge ausmachten, mussten sie auch Steuern, Zölle und Zinsen entrichten. Dieses hohe Abgabenniveau, gepaart mit wiederholten Missernten, stellte für die Bauern eine existenzbedrohende Belastung dar. Gleichzeitig fehlten jegliche sozialen Absicherungssysteme.
Bauernaufstände fielen nicht zufällig in die Zeit der Reformation
Ergänzend dazu wies Thomas Adam, Leiter der Kulturabteilung der Stadt Bruchsal, in seiner Ansprache darauf hin, dass der Bauernkrieg nicht nur ein „Krieg der Bauern“ war, sondern auch andere gesellschaftliche Unzufriedenheiten jener Zeit widerspiegelt. Nicht zufällig fielen die Bauernaufstände in die Zeit der Reformation. Bereits Ende des 15. Jahrhunderts, Anfang des 16. Jahrhunderts regte sich Widerstand: Erste Protestbewegungen, wie die Bundschuh-Bewegung unter der Führung von Joß Fritz, waren im Kraichgau lokale Vorläufer des Deutschen Bauernkriegs. Eine besondere Bedeutung wies Adam dem Bruchsaler Anton Eisenhut zu, der als Anführer des Kraichgauer Bauernhaufens in die Geschichte einging. Nach der Niederlage des Bauernheeres wurde Eisenhut verhaftet und öffentlich hingerichtet.
Die Ausstellung beleuchte eindrücklich, wie sich der Freiheitswille und der Protest der Bauern in ihrer lokalen Dimension äußerten, lobte Hauk. "Der Bauernkrieg war aber eben nicht irgendwo. Er war auch hier im Kraichgau", betonte der Minister in seinem Vortrag. Er war auch ein Symbol einer ersten demokratischen Bewegung, die darauf abzielte, die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern. Zu den Forderungen gehörten unter anderem die Abschaffung des Kleinzehnten und die Aufhebung der Leibeigenschaft.
Beweggründe der Aufständischen verständlich machen
Die Ausstellung trägt den Titel „Gerechter Zorn? 500 Jahre Bauernaufstand im Kraichgau“ und vereint historische Dokumente, Objekte sowie interaktive Elemente zu einem lebendigen Gesamterlebnis. Ein zentrales Anliegen der Ausstellung ist es, die Beweggründe der Aufständischen verständlich zu machen und gleichzeitig Denkanstöße zu den Themen Gerechtigkeit, Widerstand und gesellschaftlicher Wandel zu geben.
Der Auftakt der Wanderausstellung ist vom 10. Januar bis 9. Februar im Stadtmuseum Sinsheim. Im Anschluss wird die Ausstellung an weiteren Standorten zu sehen sein, unter anderem ist sie vom 21. Februar bis zum 16. März im Museum im Graf-Eberstein-Schloss in Kraichtal-Gochsheim zu sehen. Danach macht sie im Museum im Schweizer Hof in Bretten Halt, wo sie vom 18. Juni bis zum 7. September gezeigt wird. Den Abschluss bildet das Heimatmuseum in Bruchsal-Untergrombach, das die Ausstellung vom 28. November bis zum 5. Januar 2026 zeigen wird.
Mythen-Metzgerei: Humorvolle Aufklärung über Bauernkrieg-Mythen
Ein weiterer Aspekt der Ausstellung ist die Aufarbeitung der Mythen rund um den Bauernkrieg, die in der Ausstellung korrigiert werden. Ein Highlight ist die interaktive Station „Mythen-Metzgerei“. Im Zentrum dieser Station steht eine hölzerne Kuh, die zunächst an eine Metzgerei-Dekoration erinnert, jedoch eine Überraschung bereithält: Statt Fleischwaren verbergen sich hinter Klappen – im Bauch der Kuh – weit verbreitete, aber falsche Vorstellungen über den Bauernaufstand von 1525. Diese Mythen sollen so in der Mythen-Metzgerei auf humorvolle Weise widerlegt werden.
Living-History-Event mit Markt, Theater und historischem Tanz am 24. Mai 2025
Ergänzt wird die Wanderausstellung durch ein Jahresprogramm. Dieses umfasst neben drei wissenschaftlichen Fachtagungen auch Workshops, Märkte und Living-History-Aktionen. So verwandeln sich am 24. Mai 2025 ab 10 Uhr der Marktplatz und der Kirchplatz in Bretten in eine lebendige Kulisse des Jahres 1525: Bauern, Bettler und Adlige erwecken die Stadt zum Leben und lassen den "Uffrur" erneut aufflammen. Bei freiem Eintritt wird die bewegte Geschichte inszeniert. Ein buntes Rahmenprogramm mit Handwerkern, Händlern und einem Spielebereich für Kinder ergänzt den ereignisreichen Tag. Am späten Nachmittag präsentiert das Württembergische Landesmuseum ein begleitendes Theaterstück. Den festlichen Abschluss bildet ein historischer Tanz auf dem Marktplatz. Am 3. April findet unter dem Titel "Ländliche Welt im Umbruch: Der Bauernkrieg und seine Voraussetzung im Herrschaftsbereich des Klosters Maulbronn" eine Tagung bei freiem Eintritt im Kloster Maulbronn statt.
Gemeinsame Ressourcen und Austausch fördern regionale Museumsarbeit
Das im Jahr 2022 gegründete „Museumsnetzwerk Kraichgau“ verbindet Kraichgauer Museen, Archive, Heimatvereine und andere kulturelle Akteure miteinander. Welche positiven Effekte sich dadurch ergeben, erklärte die Brettener Museumsleiterin Linda Obhof. Ausstellungstechnik etwa könne gemeinsam angeschafft und genutzt werden. Häufig auftretende Fragen oder Probleme im Museumsalltag könnten im gemeinsamen Austausch schnell und unkompliziert gelöst werden. Das "Museumsnetzwerk Kraichgau" biete eine neue Plattform für Gespräche, wertvolle Tipps und Rat – etwas, das es in dieser Form bisher nicht gab, erklärte Obhof.
Autor:Havva Keskin aus Bretten |
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