Josef Reindl ist „springender“ Austräger
Wenn der Briefkasten leise klappert

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Bretten (hk) „Im Winter wird es schnell dunkel“, sagt Josef Reindl. Zügig läuft er die Brunnenstraße in Bauerbach entlang. Auf dem linken Arm trägt er einen Stapel Zeitungen, mit der rechten Hand legt er behutsam eine Zeitungsausgabe nach der anderen in die Postkästen. „Und im Dunklen wird es schwieriger, die Aufschriften auf den Briefkästen zu lesen. Aber bisher hat sich niemand beschwert“, sagt der 65-Jährige mit einem zufriedenen Lächeln. Reindl ist „springender“ Austräger der Brettener Woche, das heißt, er trägt immer dann aus, wenn ein anderer Austräger verhindert ist. „Aus diesem Grund habe ich auch keinen festen Bezirk, aber so war ich praktisch schon in jedem Gebiet, wo die Brettener Woche ausgetragen wird“, sagt Reindl. Und das Verbreitungsgebiet zieht sich von Bretten immerhin bis nach Kraichtal, Zaisenhausen, Sulzfeld, Kürnbach, Sternenfels, Maulbronn, Ötisheim, Kieselbronn, Eisingen, Königsbach-Stein, Walzbachtal, Gondelsheim, Heidelsheim, Helmsheim sowie nach Ober- und Untergrombach. Die Melanchthonstadt kennt Reindl aber wie seine Westentasche. „Ich habe über 30 Jahre lang bei der Stadt geschafft.“ Tüchtig wie er ist, wollte Reindl, als er in den verdienten Ruhestand ging, nicht Nichtstun. Und so kam es dazu, dass der pensionierte Maurer seit 2017 mit dafür verantwortlich ist, dass die Brettener Woche/Kraichgauer Bote pünktlich ihren Weg in die Briefkästen unserer Leser findet.

„Muss kurzfristig einspringen können“

In der Regel wird ihm schon etwa vierzehn Tage vorher Bescheid gegeben, wo er auszutragen hat. „Ich muss aber auch kurzfristig einspringen können, wenn sich zum Beispiel am Mittwoch Morgen ein Austräger krankmeldet.“ Deshalb schaut sich Reindl auch immer einen Tag vorher die Wettervorhersage an – „nur um sicherzugehen, dass ich auch meinen Regenschirm dabei habe“, sagt er schmunzelnd. Zwei Mal habe ihn der Regen erwischt, „sonst habe ich immer Glück gehabt.“ Wenn schlechtes Wetter ist, achtet er besonders darauf, dass die Zeitung ganz im Postkasten steckt und nicht nass wird. „Manchmal kriegt man die Zeitung, so dick wie sie ist, aber auch einfach nicht rein“, sagt er und bittet um Verständnis. Ab und zu begegnet ihm die eine oder andere Besonderheit. In Teilen Neibsheims etwa, wo Zeitungen nur von Oktober bis März erwünscht sind.

„Die meisten kennen mich ja inzwischen schon“

Dann gibt es wiederum diejenigen, die es kaum erwarten können, bis der Postkasten klappert. „Die Menschen im Altersheim in Jöhlingen freuen sich immer, wenn ich da bin.“ Vor allem mit älteren Leuten kommt der rüstige Rentner gerne ins Gespräch. „Die meisten kennen mich ja inzwischen schon. Am liebsten würde ich mit allen schwätzen, aber dann werde ich nie fertig“, sagt er mit einem Lachen. Zur Weihnachtszeit, wenn sich an den kalten Tagen kaum jemand mehr hinaus traut, weiß Reindl, dass die Leserinnen und Leser trotzdem an ihn denken: Manche legen einen Schoko-Nikolaus für ihn vor die Haustüre. Durch das viele Laufen hat es sich der Austräger irgendwann zur Aufgabe gemacht, die gelaufenen Schritte oder gar gefahrenen Kilometer zu notieren. In seinem „Büchle“ ist die hart getane Arbeit schwarz auf weiß verewigt. Bis zu 93.000 Schritte ist er einmal in einem Monat gelaufen, in einem Jahr rund 800.000 Schritte. 1.000 Kilometer hat er mit seinem roten Gefährt für die Brettener Woche/Kraichgauer Bote schon zurückgelegt. Ab und zu habe er Probleme, einen guten Parkplatz zu finden, auf dem man auch mal länger als eine Stunde parken kann. „Aber viele Polizisten sind gnädig, wenn sie den Aufkleber auf meinem Wagen sehen“, freut sich der Austräger.

Autor:

Havva Keskin aus Bretten

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