„Das Land stellt sich seiner Verantwortung” - Ministerpräsident Winfried Kretschmann im Interview mit der Brettener Woche
Ministerpräsident Winfried Kretschmann spricht im Interview mit der Brettener Woche über Reformator Philipp Melanchthon und die Zukunft der Mittelzentren wie Bretten.
Herr Kretschmann, Sie waren ja schon in Bretten. Wie ist Ihnen die Stadt von Ihrem letzten Besuch in Erinnerung geblieben?
Bretten ist ein wichtiges Mittelzentrum im Landkreis Karlsruhe mit einer vielfältigen Bildungs- und Kulturlandschaft und vor allem einer sehr engagierten Bürgerschaft. Und natürlich ist Bretten eine der ältesten Städte Baden-Württembergs, aus der Philipp Melanchthon stammt.
Was bedeuten Melanchthon und seine Lehren für Sie?
Phillip Melanchthon war erst einmal ein beeindruckender Reformator und großartiger Theologe. Er ist ja der Verfasser der berühmten Confessio Augustana, die versuchte, in der damaligen Reformationsbewegung auch das Einende in der Kirche festzuhalten. Und er hat die erste systematische Darstellung der reformatorischen Theologie erarbeitet. Aber er hat nicht nur in der Theologie Hervorragendes geleistet, sondern auch im Bildungswesen. Sehr früh hat er die Bedeutung der Bildung für unsere Gesellschaft erkannt. Ihm war die gute und umfassende Bildung der breiten Bevölkerung ein zentrales Anliegen. So gründete er Schulen, entwarf Schulordnungen und reformierte den Studienbetrieb. Er ist für mich eine der großen Gestalten der Reformation, auf die wir im Jubiläumsjahr dankbar –und als Baden-Württemberger auch ein bisschen stolz – zurückschauen sollten.
Gerade Bretten und die Region wurden in den letzten Jahren wiederholt von schweren Unwetter- und Starkregenereignissen heimgesucht. Die entstandenen finanziellen Schäden waren für die Betroffenen enorm. Welche Maßnahmen werden oder wurden durch die Landesregierung beschlossen, um betroffenen Kommunen zu helfen?
Wir haben nach den schweren großräumigen Unwettern in den vergangenen Jahren den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern schnelle und unbürokratische Soforthilfen angeboten. Die Vergangenheit hat allerdings auch gezeigt, dass im Fall von Beschädigung kommunaler Infrastruktur und Einrichtungen die vorhandenen Fachförderprogramme teils nicht greifen. Wir haben daher Anfang November letzten Jahres mit den Kommunen vereinbart, einen Unwetterhilfefonds einzurichten, an dem sich das Land und die Kommunen jeweils zur Hälfte beteiligen.
Auch in Bretten ist, zuletzt bei der Haushaltsverabschiedung 2017, die Klage laut geworden, dass das Land Leistungen beschließt und den Kommunen die Finanzierung aufbürdet. Wie stehen Sie zu der Forderung, „wer bestellt, muss auch bezahlen“? Beispiele sind das Recht auf einen Kindergartenplatz und die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen.
Der viel vernommene Vorwurf bei Haushaltsdebatten ist aus meiner Sicht nicht richtig. Die Kommunen sind in Baden-Württemberg sehr gut ausgestattet, auch weil wir als Land uns stark für sie einbringen. Nicht umsonst stehen sie im bundesweiten Vergleich daher auch blendend da. Wenn Sie zum Beispiel die Anschlussunterbringung ansprechen: Gerade im Hinblick auf die Integration von Flüchtlingen haben wir uns Anfang April auf den Pakt für Integration mit den Kommunen geeinigt. Damit entlasten wir die Kommunen bei der Anschlussunterbringung und stellen für Integrationsförderprogramme und -maßnahmen vor Ort insgesamt 320 Millionen Euro zur Verfügung. Das Land stellt sich also seiner Verantwortung.
Wo sehen Sie in den kommenden Jahren die größten politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen für Mittelzentren wie Bretten?
Die liegen sicherlich zu einem bedeutenden Teil in der Gestaltung der Bildungslandschaft. In Mittelzentren wie Bretten kann eine flächendeckende Versorgung mit Bildungs- und Kulturangeboten ermöglicht werden, was wichtig ist für die Bürgerinnen und Bürger in den Regionen. Gleichzeitig bieten Mittelzentren gute Rahmenbedingungen für mittelständische Unternehmen. Daher bemühen wir uns auch, den ländlichen Raum weiter zu stärken, indem wir Infrastruktur und Anbindung der Standorte weiter fördern.
Die Fragen stellte Christian Schweizer, Redaktionsleiter der Brettener Woche/kraichgau.news.
Autor:Christian Schweizer aus Bretten |
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