Das Elixier des Lebens versiegt
Facetten der Wasserknappheit und Trockenheit in der Region

Die Tiere im Tierpark Bretten fahren bei der Hitze ihre Aktivität herunter und nutzen den Schatten der Bäume. | Foto: hk
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  • Die Tiere im Tierpark Bretten fahren bei der Hitze ihre Aktivität herunter und nutzen den Schatten der Bäume.
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Bretten/Region (ger/hk) Wasser ist derzeit ein extrem knappes Gut: Die Wasserstände sinken, in der Folge trocknen Böden und Wälder weiter aus und immer wieder kommt es zu Waldbränden. Wo machen sich die gravierenden Auswirkungen in der Region besonders bemerkbar? Die Redakteurinnen Katrin Gerweck und Havva Keskin haben sich umgehört.

Stadtwerke: „Sorgsam und sparsam mit Wasser umgehen“

Die aktuelle Lage beim Wasserverbrauch ist laut Stadtwerke-Geschäftsführer Stefan Kleck in der Region angespannt. Der Bezug von Bodenseewasser werde komplett ausgeschöpft und zusätzlich die entsprechende Menge an Eigenwasser beigemischt. „Die Pegel der Brunnen sinken verhältnismäßig stark, da aufgrund der langen Trockenheit kaum neues Grundwasser gebildet wird“, so Kleck. Pro Tag würden über 8.000 Kubikmeter Wasser verbraucht. Dies sei in der jetzigen Urlaubszeit ungewöhnlich viel. „Gegenüber dem sehr trockenen Jahr 2020 haben wir im Monat Juli 20.000 Kubikmeter Mehrverbrauch, also 645 Kubikmeter am Tag.“ Eine Entspannung sei nicht in Sicht: Zu Beginn des Monats August sei der Wasserverbrauch weiter hoch, die Wettervorhersage melde heißes Wetter, Niederschläge seien nicht in Sicht. „Bitte gehen Sie sorgsam und sparsam mit dem Wasser um. Keine Pools nachfüllen, nicht jeden Tag Blumen oder Rasen gießen, und nicht unnötig und lange duschen“, appelliert der Stadtwerke-Chef an die Bürger.

Besorgnis bei NABU und BUND

Die anhaltende Trockenheit werde zum Wegfall ganzer Biotoptypen mit ihrer spezialisierten Pflanzen- und Tierwelt führen, ist sich Andreas Arlt vom NABU Bretten sicher. Besonders betroffen seien Feuchtbiotope wie Moore, Feuchtwiesen, Tümpel, Weiher und fließende Oberflächengewässer. Im Raum Bretten habe dies vor allem Auswirkungen auf Amphibien in Gewässern und Streuobstwiesen. "Der Winter wird zeigen, ob die Bestandsbäume den Trockenstress überwinden können. Dies wird aber nur gelingen, wenn im Winter ausreichend Niederschlag fällt, um den bis in tiefe Schichten ausgetrockneten Boden wieder zu befeuchten. Folgt auf diesen Sommer ohne Winternässe ein vergleichbarer Sommer, werden Teile der Streuobstbestände absterben und damit auch die komplette Lebensgemeinschaft Streuobstwiese verschwinden. Ein Nachpflanzen ist schon jetzt fast aussichtslos geworden, wie ich an meinen Bäumen im Walzbachtal sehen kann", so Arlt.
Die Vegetation in Deutschland werde sich bereits kurzfristig grundsätzlich verändern. "Es wird sich vermutlich eher eine Vegetation wie im Mittelmeerraum ausprägen. Natürlich bringt dies auch neue Lebensgemeinschaften mit sich, aber es werden nicht mehr die sein, die wir bisher gewohnt und die seit Jahrhunderten standorttypisch waren." Auch große Teile der Waldbestände werden sich grundlegend verändern, da auch die großen Bäume absterben und nicht mehr in der Dimension nachwachsen werden.
Arlt sieht den Ausbau der regenerativen Energien vorrangig, "auch wenn davon gegebenenfalls einzelne Arten wie der Rote Milan betroffen sein werden." Mit dem Klimawandel könnten tausende Pflanzen und Tiere in Deutschland verschwinden oder sich in Randzonen mit großer Bodenfeuchte zurückziehen. Arlt ergänzt: "Fossile und atomare Energien vergrößern das Problem und die Kosten für die nächsten Generationen, denen wir ohnehin eine Welt in Unsicherheit, mit sinkendem Wohlstand und großen Aufgaben hinterlassen, die wir anscheinend selbst nicht fähig waren zu lösen."

„Amphibien werden zu den ersten Opfern des Klimawandels gehören – aber wir werden weiter kämpfen“, sagt Gerhard Dittes vom BUND Bretten. Die Ortsgruppe engagiert sich seit mehr als 40 Jahren unter anderem für den Amphibienschutz und „wir haben es geschafft, den Bestand zu erhalten. Ohne unsere Maßnahmen wäre der Bestand schon längst erloschen.“ Trotz aller Bemühungen haben extrem trockene und aufeinanderfolgende Trockenjahre die Lebensräume von Tieren, die zur Fortpflanzung auf Wasser angewiesen sind, hart getroffen – Dittes spricht in diesem Zusammenhang von einem „Tiefschlag“ für die Arbeit der Ortsgruppe in den Feuchtgebieten. „Es wird für Amphibien und Wasserinsekten immer schwieriger, genügend Wasser zu finden.“ Laichgewässer trocknen zunehmend zu früh aus, und damit auch der Laich. Ein angemessener Wasserstand in Tümpeln über einen ausreichend langen Zeitraum ist daher eine unabdingbare Vorrausetzung für die Entwicklung des Laichs, aus dem die Kaulquappen schlüpfen. In einigen Teichen, die erst vor wenigen Jahren angelegt wurden, ist eine Fortpflanzung der Amphibien inzwischen nicht mehr möglich. Nicht nur die Lebensräume schwinden – auch Nahrungsgrundlagen: Der Wald, der den Amphibien als Sommerquartier dient, bietet weniger Beutetiere wie Würmer und Schnecken. Durch den ausgetrockneten Waldboden gehen die Amphibien abgemagert in die Winterruhe. Vögel und Ringelnatter, die sich von Insekten- beziehungsweise Amphibienlarven ernähren, sind durch die schwindende Nahrungsgrundlage ebenfalls bedroht.
Um das langfristige Überleben der Amphibien zu sichern, müssen neue Laichgewässer geschaffen werden. Als Beispiel nennt Dittes einen sogenannten Himmelsteich, ein Stillgewässer, dass sich ausschließlich aus Niederschlägen, also vom „Himmel“ speist. Himmelsteichen können beispielsweise mit Ton und Kalk abgedichtet werden, um ein Versickern des Wassers zu verhindern. In langen Trockenperioden kann der Teich wieder mit Wasser aufgefüllt werden. Man habe große Hoffnungen in Himmelsteiche, von denen es inzwischen mehrere in Bretten gibt, gesetzt – und erfreulicherweise haben sich mehrere Amphibienarten erfolgreich fortgepflanzt. „Wenn wir jetzt aufhören, Naturflächen zu versiegeln, sichern wir nur den Status quo. Deshalb müssen wir entsiegeln und mehr Naturräume schaffen“, sagt Dittes.

Gemüsebauer: „Zum Teil schon im März und April wässern“

„Ohne Bewässerung geht bei uns gar nichts mehr“, sagt Günter Kohler vom Gärtnerhof Kohler in Gondelsheim. Im Hitzejahr 2003 stand der Demeter-Betrieb, bis dahin ohne Bewässerungsmöglichkeiten, vor einem Totalverlust, den er ohne staatliche Hilfen nicht überstanden hätte. In den 15 Jahren zuvor kam die Familie, die über 40 Arten von Gemüse anbaut, gut ohne Bewässerungsanlagen zurecht. Seither hat sie sich aber gewappnet. Ein Drittel ihrer Anbaufläche ist bewässerbar. Aus einem 30 Meter tiefen Brunnen wird Grundwasser in eine Zisterne mit 100 Kubikmeter Fassungsvermögen gepumpt. Dass das Grundwasser zurückgeht, bemerkt Kohler daran, dass die Schüttung immer längere Zeit benötigt. „In so trockenen Jahren wie diesem, müssen wir zum Teil schon im März und April wässern.“
Auf Schlägen, die nicht an Bewässerungssysteme angeschlossen sind, bauen die Kohlers Kartoffeln, Kürbis und Lauch an. "Aber auch den Lauch muss ich nun schon seit vier Wochen gießen." Dazu fährt er mit einem Reihengießwagen alle drei Tage über die Flächen und verbraucht bei einem Gießvorgang 15.000 Liter. Die Folienhäuser des Betriebs in Neibsheim werden mit Ortswasser bewässert. Insgesamt gehen sie sparsam mit Wasser um, achten darauf, so zu gießen, dass wenig verdunstet. Kohler hofft, bei der Halle in Gondelsheim noch einen zweiten Brunnen bauen zu können. „Ich weiß aber noch nicht, ob das genehmigt wird“, sagt er. Weitere Investitionen seien aber nötig, um den Betrieb zukunftsfähig zu machen. Zugleich laufen die Betriebskosten davon: Diesel für Schlepper und Transporter, Strom für die Kühlhäuser, der Mindestlohn für die Erntehelfer. Dennoch habe man in den letzten drei Jahren die Preise für die Erzeugnisse nicht erhöht, betont Kohler.

Forstwirtschaft versucht gegenzusteuern

Laut Simon Boden, Forstbezirksleiter für den Kraichgau, ist der Wald als träge reagierendes Ökosystem nach wie vor durch die Dürrejahre 2018 bis 2020 sowie durch das aktuell zu trockene und heiße Jahr 2022 geschwächt. Bei den jungen Bäumen in Kulturen seien weitestgehend noch geringe Schäden vorhanden. Je nach Standort gebe es aber bereits auch an jungen Pflanzen Trocken- und Hitzeschäden. Insbesondere machten dem Forstamt jedoch die großen Bäume Sorgen: „Flächige Ausfälle gibt es noch keine, aber Schäden bei einzelnen Bäumen – auch an der klimastabilen Baumart Eiche. Bei der Hauptbaumart Buche sieht es jedoch deutlich schlimmer aus.“ Das regenreiche Jahr 2021 habe zu einer Verschnaufpause geführt, aktuell gebe es aber wieder viel zu wenig Niederschlag. „Die Speicher in den Böden sind leer. Der Dürremonitor spricht aktuell für den Bereich Kraichgau von einer schweren bis extremen Dürre im Boden bis 1,80 Meter Tiefe“, so Simon Boden. Vornehmlich der Wassermangel in Kombination mit extrem hohen Temperaturen führten im Extremfall zu einem Absterben der geschwächten Bäume. Die Forstwirtschaft versuche gegenzusteuern, der Waldumbau gehe stetig voran. Hierbei werde vorwiegend auf die klimastabileren Baumarten wie Eiche, Hainbuche, Linden oder Nuss- und Wildobstarten gesetzt. Damit werde sich, so der Forstbezirksleiter, auch das Aussehen des Waldes wandeln: „In der Zukunft wird der Wald im Kraichgau eher lichtere Strukturen haben, nicht so hoch und alt sowie eine Mischung aus vielen Baumarten sein.“

Tierpark: Aufforstung und Pflanzenschutz im Fokus

"Der Wald ist für uns entscheidend, existenziell und elementar", sagt Annika Willig, Leiterin des Tierparks in Bretten. Das liegt auf der Hand, wird das Ambiente des Parks doch von der Waldkulisse maßgeblich gestaltet, und die Tiere sowie die Besucher genießen die schattenspendenden Bäume auf dem Areal. Sie ergänzt: "Wir bekommen immer wieder von Besuchern zu hören, dass sie ihre kleine Auszeit bei uns sehr genossen haben, um runterzufahren und sich wunderbar entspannen konnten. Dies führen wir auf die Kombination von, natürlich den Tieren, der Ruhe und dem Ambiente, das durch die Bäume und den Wald entsteht, zurück."
Doch auch im Tierpark nimmt Willig die extremen Konsequenzen der Wasserknappheit und Trockenheit wahr: "Es gibt inzwischen ein paar 'Sonnenlöcher', weil Bäume gestorben sind", berichtet die Tierpark-Chefin. Bereits seit etwa fünf Jahren versuche der Familienbetrieb, den Tierpark aufzuforsten. "Das und auch der Pflanzenschutz stehen daher im Fokus." Der Familienbetrieb ist für die Natur im Tierpark verantwortlich und hat den Wald gepachtet. "Daher bereitet uns die Entwicklung extreme Sorgen." Für die Tiere sei die Situation noch entspannt. Die Pferde auf der Koppel bräuchten mehr Wasser und man müsse auf die Suhllöcher der Schweine achtgeben, damit diese nicht austrocknen. Infolge der Hitze würden die Tiere ihre Aktivität runterfahren. "Das Wohlfühlklima ist hier relativ hoch. Man kann es nicht mit dem Klima in der Stadt vergleichen – es gibt keinen Hitzestau", erklärt Willig.

Die Tiere im Tierpark Bretten fahren bei der Hitze ihre Aktivität herunter und nutzen den Schatten der Bäume. | Foto: hk
Bergmolch-Männchen im Hochzeitskleid
 | Foto: Dittes
Autor:

Havva Keskin aus Bretten

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