Leserbrief zu Stolpersteinen
"Schicksale einfach übergehen?"

Foto: Michael J Berlin - stock.adobe.com
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Leserbrief zum Artikel "Wie geht’s weiter mit den Stolpersteinen?" vom 24. Januar

Für die eingehende Darstellung möchte ich mich ausdrücklich bedanken. Das Ziel, Brettens Stolperstein-Projekt auf eine breitere Basis zu stellen, orientiert sich an der vorbildlichen Bruchsaler Initiative, zu der ich angesichts der Kritik von Frau Leins hier noch einige Punkte ergänzen möchte.

Mir ist wichtig, dass wir auch denen gerecht werden, die mit dem Leben davon kamen. Auch in Karlsruhe gibt es Ausnahmen, obwohl das nach Auskunft von Frau Katja Demnig bisher vom ehemaligen Stadtarchivar „blockiert“ wurde. Auch dort allerdings finde jetzt ein Umdenken statt.
Dürfen wir solche Schicksale einfach übergehen?

Die eingängige Rede von Gurs als Vorstufe zu Auschwitz ist relativierend und historisch schlicht falsch. Die Internierung in Frankreich Ende 1940 war auch für die fünf Brettener Überlebenden schrecklich. Unter diesen möchte ich neben Johanna Koppel und Louis Ettlinger noch Mathilde Erlebacher hervorheben, die hundertjährig 1970 in New York starb. Alle drei sind sie Anwärter für einen Stolperstein, und zwar an der Stelle, wo ihr Lebensmittelpunkt war – bei Ettlinger also „Die Blume“ am Marktplatz 5.

Fast ganz übergangen werden in Bretten die traumatischen Erlebnisse der fast 30 jüdischen Männer, die im November 1938 nach Dachau verschleppt wurden. Die unmenschliche Behandlung dort sollte die Auswanderung unter Preisgabe des Vermögens erpressen, es kam zu einer Häufung von Selbstmorden und Lungenentzündungen. Fritz Michelson war einer von ihnen. Dass an ihn und seine Familie nicht in Bretten, sondern an seinem Geburtsort Calw erinnert wird, wie die „Brettener Woche“ berichtete, bedeutet eine Auslagerung des Gedenkens.

Im Übrigen ist die Bruchsaler Lösung auch bei der Finanzierung zu loben, da diese von der Entscheidung, wer einen Stein bekommt und wer nicht, getrennt ist. Das Spendenkonto wird vom Kulturamt geführt, sodass auch Spendenbescheinigungen ausgestellt werden.

Zu den Einwänden gegen die Praxis der Stolpersteine möchte ich hier auf einen unschätzbaren Vorzug dieser Art des Gedenkens hinweisen: Wenn wie in Bruchsal alle Steine samt den wichtigsten biografischen Angaben online aufgerufen werden können, ergibt sich ein Überblick über die Vielfalt der Schicksale. Wenn nicht nur eine begrenzte und einseitige Auswahl vorliegt, wird so ein eindrucksvolles Gesamtbild vermittelt über das Ausmaß der damaligen Verfolgung und Unterdrückung.

Manfred Hiller aus Bretten

Autor:

Kraichgau News aus Bretten

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