Hitzige Debatte im Brettener Gemeinderat
Straßenbeleuchtung wird weiterhin unter der Woche ausgeschaltet

Auch weiterhin sollen in Bretten und den Stadtteilen die Lichter nachts ausgeschaltet bleiben. | Foto: hk
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Bretten (kuna) Nur mit einer knappen Mehrheit, mit 13 Ja-Stimmen und elf Gegenstimmen, wurde in einer kontroversen Debatte des Brettener Gemeinderates entschieden, dass die Teilabschaltung der Straßenbeleuchtung fortgeführt wird. Jedoch mit einem Kompromiss: Am Wochenende – wenn die meisten Nachtschwärmer unterwegs sind – bleiben die Lampen an.

Eingeführt wegen Energiekrise

Die Straßenbeleuchtung in Bretten wird seit Oktober 2022 in Teilen der Stadt in den Nachtstunden abgeschaltet. Eingeführt wurde die Maßnahme im Hinblick auf die damalige Energiekrise. „Wir wussten nicht, wie man über den Winter kommen soll“, rekapitulierte Oberbürgermeister Martin Wolff. Die Haushaltseinsparung sei demnach nur ein Nebeneffekt gewesen.

Gremium entschied sich für Beibehaltung der Abschaltung

Trotz kontroverser Diskussion entschied sich der Gemeinderat im September 2023 dafür, die Abschaltung weiterzuführen. Sie gilt seitdem erst ab 1 Uhr statt Mitternacht. An Veranstaltungen, zum Beispiel dem Weinmarkt oder an Dorffesten wird außerdem durchgängig beleuchtet. Die Ersparnis beziffert die Stadt auf 120.000 Euro.

Stadt argumentiert mit CO2-Einsparung

Erstaunt über die Sitzungsvorlage zeigte sich am Dienstagabend nun Bernd Diernberger (FWV). Aus seiner Sicht sei die Stadt in ihrer Argumentation umgeschwenkt. „Jetzt geht es um die CO2-Einsparung und nicht mehr um die Kosten“, so Diernberger. Tatsächlich schreibt die Verwaltung in der nicht einmal zwei Seiten umfassenden Vorlage in erster Linie von der hohen CO2-Ersparnis. Demnach werden durch die Teilabschaltung 450.000 Kilowattstunden Strom im Jahr eingespart, was etwa 170 Tonnen CO2 entspreche. Hierzu heißt es: „Im hundertjährigen Mittel bindet eine Buche etwa 35 kg CO2 jährlich. Um 170 Tonnen CO2 zu binden, (…) benötigt es somit 4.857 durchschnittliche Buchen.“

Politik nach Gutsherrenart?

Ohne viel Widerstand würde das Gremium dagegen so einige Buchen für die Windkraft opfern, merkte Armin Schulz (die aktiven) an. Aus seiner Sicht suche die Stadt krampfhaft nach Gründen, um die Abschaltung weiterzuführen. Er attestierte der Verwaltung eine Politik nach Gutsherrenart, „über die Köpfe hinweg“, weshalb die Politikverdrossenheit vieler Bürger kein Wunder sei.

Laternen sind nicht entsprechend gekennzeichnet

Der FWV-Fraktionsvorsitzende Diernberger verwies weiterhin auf eine geltende Rechtsgrundlage, die von der Stadt nicht eingehalten werde. Laut Straßenverkehrsordnung müssen Laternen, die nachts abgeschaltet werden, mit einem weiß-roten Laternenring gekennzeichnet werden. Dies sei in Bretten nicht geschehen, stellte Diernberger fest. Bauamtsleiter Fabian Dickemann erklärte, dass die Stadtwerke die Laternen peu à peu nachrüsten würden.

Stadt mit vollumfänglichen Versicherungsschutz

Ein vollumfänglicher Versicherungsschutz sei der Stadt zudem bestätigt worden, so Dickemann. Diese Argumentation sorgte bei Hermann Fülberth für Entsetzen. „Man kann nicht sagen: Wir sind ja versichert, die Versicherung zahlt es dann“,  meinte der "aktiven"-Stadtrat. Auch Diernberger bekräftigte, dass die Aussage eines Versicherers nicht schwerer wiegen könne als die rechtliche Grundlage.

SPD-Antrag in Vorlage nicht erwähnt

Harsche Kritik musste die Verwaltung auch von der SPD einstecken. So ärgerte sich Valentin Mattis darüber, dass ein Antrag seiner Fraktion in der Sitzungsvorlage mit keinem Wort erwähnt werde. Die SPD hatte angeregt, die vorhandenen LED-Lichtpunkte dauerhaft in Betrieb zu nehmen und die restlichen Laternen schnellstmöglich umzurüsten, schilderte er. „Das ist nach unserer Ansicht noch immer der beste Weg“, so Mattis. Bauamtsleiter Dickemann entgegnete dem, dass eine derartige Vorgehensweise aus steuerungstechnischen Gründen nicht möglich sei.

Bisher 40 Prozent der Laternen auf LED umgestellt

Die Frage nach der bisher erfolgten LED-Umstellung wurde auch in der vorangegangenen Bürgerfragestunde aufgeworfen. Laut OB Wolff ist bisher 40 Prozent der Straßenbeleuchtung in der Stadt umgerüstet worden. „Das ist schon ein ganz schöner Brocken“, meinte der Rathauschef. Die restlichen 60 Prozent würde die Stadt in den nächsten Jahren angehen. Dafür müsste man mit Kosten von vier bis fünf Millionen rechnen.

CDU geht bei Verwaltungsvorschlag mit

Der Kompromissvorschlag der Stadt, die Teilabschaltung beizubehalten, in den Nächten von Freitag auf Samstag und von Samstag auf Sonntag jedoch auszusetzen, stieß bei einigen Fraktionen aber auch auf Zustimmung. So erklärte Bernd Neuschl für die CDU: „Bretten hat gespart, hier und da auch beim Sicherheitsempfinden.“ Die Einsparung an Kosten und CO2 sei dennoch ein tragendes Argument. In diesem Jahr habe es zudem keine weiteren Klagen vonseiten der Bürger mehr gegeben, weshalb die CDU mitgehen könne.

"Leute sind einfach müde geworden"

Gegen dieses Argument wehrte sich Sibille Elskamp. „Es ist nicht so, dass die Leute sich nicht mehr beschweren – sie sind einfach müde geworden“, meinte die fraktionslose Stadträtin. Sie werde bei dem Kompromissvorschlag zwar mitgehen, führte sie aus, allerdings kritisierte sie die Haltung, den Bürgern vorzuschreiben, zu welchen Zeiten sie unterwegs sein sollen. So hatte Edgar Schlotterbeck (SPD) zuvor die Frage in den Raum geworfen, wer denn überhaupt unter der Woche regelmäßig nach ein Uhr unterwegs sei.

"Viele sind nachts unterwegs"

Zeitungsausträger und Schichtarbeiter zum Beispiel, so Elskamp. „Viele sind nachts unterwegs.“ Für deren Sicherheit zu sorgen, war auch dem Rinklinger Ortsvorsteher Timo Hagino ein Anliegen. Seines Wissens habe es allein in den letzten 14 Tagen zwei Unfälle in seinem Stadtteil gegeben, „sowas wird aber polizeilich nicht aufgenommen“, meinte er.

Gespartes Geld für LED-Umrüstung nutzen

Ira Müller-Kschuk (Grüne) dagegen befürwortete die Abschaltung und verwies auf die geringeren Kosten und die CO2-Einsparung. Das gesparte Geld könnte man dann als Investition für die LED-Umrüstung verwenden, meinte sie. Überhaupt würden die meisten Stadträte sich auf die Seite derjenigen stellen, die gegen die Abschaltung seien. Diejenigen, die die Maßnahme in Ordnung finden, würden im Gremium dagegen nicht gehört.

Straßenbeleuchtung als Element des sozialen Lebens

Für die Stimme der Jugend machte sich der FDP-Stadtrat Jan Elskamp stark. „Viele fühlen sich unsicher, vor allem junge Menschen“, erklärte er. Die Straßenbeleuchtung sei ein wichtiges Element zur Förderung des sozialen Lebens. Wenn die Straßen dunkel sind, könnte das einige daran hindern, rauszugehen, argumentierte er und signalisierte somit seine Ablehnung.

"Wichtig, jetzt einmal eine Lösung zu finden"

Für den Kompromissvorschlag der Stadt sprach sich dagegen der AfD-Stadtrat Andreas Laitenberger aus. Zwar sei er von Anfang an gegen die Abschaltung gewesen. „Es ist aber wichtig, dass man jetzt einmal eine Lösung findet“, meinte er. Spätestens wenn die Umrüstung auf LED vollzogen sei, würde man die Laternen ohnehin wieder durchgehend leuchten lassen.

Autor:

Kathrin Kuna aus Bretten

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