Brettener Bürger mit "Aufschrei gegen Abriss von Fachwerkhäusern in Bretten"
Zerstört Bretten sein historisches Erbe?
![Das Böckle-Haus in Bretten soll nach dem Willen der Stadtverwaltung abgerissen werden. archiv](https://media04.kraichgau.news/article/2021/10/28/1/276731_L.jpg?1635408580)
- Das Böckle-Haus in Bretten soll nach dem Willen der Stadtverwaltung abgerissen werden. archiv
- hochgeladen von Christian Schweizer
Bretten-Dürrenbüchig (swiz) Wenn sich der promovierte Kunsthistoriker Matthias Goll aus dem Brettener Stadtteil Dürrenbüchig in seiner Heimatstadt umschaut, bilden sich seit längerem Sorgenfalten auf seiner Stirn. Der Grund: Goll sieht das wertvolle historische Erbe Brettens gefährdet. Um seinen Antrieb zu erläutern und dem geneigten Leser mögliche Lösungsmöglichkeiten für das „Kulturerbe-Dilemma“ aufzuzeigen, hat Goll einen langen Artikel verfasst und auf dem Brettener Woche-Nachrichtenportal kraichgau.news veröffentlicht (Sie finden diesen hier). „Mein Artikel zielt darauf ab, alle Brettener dazu zu ermuntern, für den Erhalt des Brettener Stadtbildes einzutreten“, sagt Goll. Vor allem ziele er aber auf die jungen Bürger in der Melanchthonstadt ab. „Sie leben noch viel länger als ich in unserer schönen Stadt und sollten ein großes Interesse daran haben, dass das Erbe erhalten bleibt.“ Einen Adressaten seines Artikels sieht er daher auch im neu gewählten Jugendgemeinderat.
Böckle-Haus und Gottesackermühle
Auch wenn er mit dem Gedanken etwas für das historische Erbe seiner Stadt zu tun, schon lange spielt, haben für Goll zwei Ereignisse der jüngeren Brettener Geschichte den Stein vollends in Rollen gebracht. Zum einen ist das die Diskussion um einen möglichen Abriss des Böckle-Hauses in der Weißhofer Straße 33 und zum anderen die Kontroverse um die Überreste der Gottesackermühle (wir berichteten). „Für mich regiert da in der Verwaltung ganz klar die Abrissbirne vor der Kreativität“, sagt Goll mit Blick auf das Böckle-Fachwerkhaus und den Willen der Stadtverwaltung, das historische Gebäude abzureißen, um so einen größeren Kreuzungsbereich, unter anderem für Linienbusse, zu schaffen. Dafür sollen auch noch zwei weitere Häuser in diesem Quartier verschwinden. „Da wird einfach etwas festgelegt, ohne auch nur ein einziges Mal die Bürger ins Boot zu holen und deren Ideen zu hören.“
Anstoß durch ehrenamtliche Helfer
So habe es einmal mehr den Anstoß durch ehrenamtliche Helfer rund um den Grünen-Stadtrat Otto Mansdörfer gebraucht, um zum Beispiel den Müll aus dem Böckle-Haus zu schaffen und die meisten Räume zu säubern. Zudem hatte die Grünen-Fraktion einen Alternativvorschlag für die Umgestaltung der Einmündung von Weißhoferstraße und Sporgasse gemacht und sich für den Erhalt des Hauses und eine erneute bauhistorische Untersuchung ausgesprochen. In einem Interview mit der Brettener Woche hatte der Brettener Oberbürgermeister Martin Wolff daraufhin den Vorschlag ins Spiel gebracht, das bestehende Gebäude abzubrechen und ein Stück weiter einen Neubau zu errichten, bei dem die historisch wertvollen Bauteile des Böckle-Hauses wiederverwendet würden. Der Keller des Böckle-Hauses sollte indes aber in jedem Fall erhalten werden, so Wolff damals.
Peter-und-Paul-Museum im Böckle-Haus?
Goll sieht dagegen eine ganz andere Verwendung für das Haus vor sich. Bretten habe zwar das Peter-und-Paul-Fest, aber kein Museum, das sich vollkommen dieser Periode in der Stadtgeschichte widme. „Ich könnte mir vorstellen, dass man das Haus entkernt und ein modernes Peter-und-Paul-Museum einrichtet, in dem 1504 auch außerhalb des Fests erlebbar wird.“ Er wolle schließlich nicht nur meckern, sondern auch Alternativen bieten, so Goll, der unter anderem auch Mitglied in der IG Gewand der Vereinigung Alt-Brettheim ist. Ebenso kritisch wie beim Böckle-Haus sieht Goll das Verhalten der Stadt auch beim Thema „Gottesackermühle“. Während der Verein Lasso um die Vorsitzende Alexandra Grenzhäuser mehr und mehr Hinweise für den tatsächlichen Standort der Mühle auftue, behaupte die Stadt in Person von OB Wolff schlicht, die Mühle sei bereits abgerissen.
"Stadt sollte ich da einbringen"
„Meiner Meinung nach sollte die Stadt sich da einbringen, einen Aufruf starten und eigene Untersuchungen in Auftrag geben.“ Aber dies werde, wie so oft, sagt Goll, dann wieder den Ehrenamtlichen überlassen. „Ich empfinde das auch als eine Art der Ausnutzung des Ehrenamts durch die Stadt“, wird der Kunsthistoriker deutlich. Und weiter: „Man nimmt dieses Engagement gerne an und macht mit dem dadurch Erreichten auch sehr gerne Werbung. Aber meiner Meinung nach kommt gerade in den letzten Jahren von der Stadt zu wenig zurück, was die Bewahrung des Historischen Erbes angeht.“
Goll will Bürgerinitiative gründen
Sollte die Stadt auf diesem Feld allerdings weiter so zögerlich wie bisher tätig sein, betont Goll, „dann besteht das historische Bretten bald nur noch aus dem Marktplatz, und das kann doch keiner wollen“. Sicher gehe es immer auch um Kompromisse und auch ihm seien Maximalpositionen fern, so der Dürrenbüchiger. Dennoch sei es in Bretten an der Zeit zu handeln. Goll selbst will mit seinem Aufruf nun eine Bürgerinitiative gründen und sucht unter altstadtrettung@gmail.com nach Mitstreitern. „Ich hoffe, es gibt noch mehr wie mich, die sich aktiv gegen die Zerstörung unserer Altstadt einsetzen wollen.“
Autor:Christian Schweizer aus Bretten |
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