Verein Lasso setzt sich für Erhalt der Gottesackermühle ein
Wo klapperte die Mühle an der Saalbach?

Verbirgt sich hinter diesem unscheinbaren Anwesen an der Saalbach die alte Gottesackermühle? | Foto: ger
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Bretten (ger) Es ist ein eher unscheinbares altes Haus neben dem Bach in der Straße Am Gottesackertor. Doch Alexandra Grenzhäuser und ihre Mitstreiter vom Verein Lasso sind davon überzeugt, dass es sich um die Gottesackermühle handelt, deren Ursprünge ins Jahr 1200 und vielleicht sogar noch weiter zurückreichen. Gerne würden sie das Gebäude, das im Besitz der Stadt und auch noch bewohnt ist, aus seinem Dornröschenschlaf holen.

Uferweg an der Saalbach geplant

Die Stadtverwaltung hat jedoch anderes mit dem Anwesen vor: Das Haus Am Gottesackertor 12 sowie die gegenüberliegende Hausnummer 3 sollen einem Rad- und Fußweg Platz machen, der am Ufer der Saalbach (in Bretten ist die Saalbach weiblich) entlangführt. Er soll an der Pforzheimer Straße beginnen, Am Seedamm weitergehen, dann die Straße Am Gottesackertor queren und eben dort, wo die Hausnummer 12 steht, einer neuen Trasse entlang des Bachlaufs folgend an der Alten Post wieder herauskommen. Diese Pläne sind einsehbar in den Planungskarten für die Gartenschau, die Bretten im Jahr 2031 ausrichten wird.

Verein Lasso bietet Hilfe für alle Menschen

„Bretten ist eine wunderschöne Stadt mit einer beeindruckenden Geschichte, und es lebt ja auch von dieser Historie“, begründet Grenzhäuser ihr Ansinnen. Sie wurde von einem Bekannten auf die Gartenschaupläne und den damit verbundenen Abriss der mutmaßlichen Mühle aufmerksam gemacht und beschäftigt sich seither damit. In der Gemeinderatssitzung Ende September hat sie im Namen ihres Vereins in der Bürgerfragestunde die Historie der Gottesackermühle dem Gremium vorgetragen. Der Verein Lasso bietet Hilfe für alle Menschen. Wer krank, behindert oder mit großen Problemen konfrontiert ist, ist oftmals nicht in der Lage, zum Beispiel bei Behörden um die Unterstützung zu kämpfen, die ihm zusteht. Hierbei hilft und berät der Verein, dessen Mitglieder ein großes Know-how haben und die gut vernetzt sind. Darüberhinaus setzen sie sich für Barrierefreiheit und Teilhabe ein.

Inklusive Projektwerkstatt in alter Mühle?

Sie seien der Ansicht, dass die Geschichte des Gebäudes zu bedeutend sei, um es abzureißen, referierte Grenzhäuser. „Zur Gartenschau sollte sich (…) wieder ein Wasserrad drehen. In den zukünftigen Peter-und-Paul-Festen könnte die Mühle eine wichtige Rolle übernehmen“, schlug sie vor und kündigte an, einen Einwohnerantrag um die Zukunft des Anwesens anzustreben. Ihnen schwebe im Gebäude der alten Mühle eine inklusive Projektwerkstatt vor. Oberbürgermeister Martin Wolff schmetterte das Ansinnen mit dem Hinweis ab, die Gottesackermühle sei in den 1970er-Jahren abgerissen worden.

Stadtarchiv: Hauptwirtschaftsgebäude der Mühle vor 50 Jahren abgerissen

Auf Nachfrage der Brettener Woche/kraichgau.news erläuterte er, dass er sich dabei auf Informationen aus dem Stadtarchiv beziehe, das die Mühle auf der anderen Bachseite vermute, wo jetzt die ASB-Seniorenresidenz steht. Von Stadtarchivar Alexander Kipphan zur Verfügung gestellte Aufnahmen aus den 1960er-Jahren zeigen ein staatliches Anwesen mit schmückendem Fachwerk an dieser Stelle. Es liege eine Publikation von Heinrich Schlörer über die Geschichte der Gottesackermühle vor, die 1933 in der Heimatzeitschrift „Der Pfeiferturm“ erschienen ist. „Nach unseren Recherchen ist das Hauptwirtschaftsgebäude der Mühle, das bis in die 1930er Jahre noch in Betrieb war, in den 1970er Jahren abgerissen worden“, so Kipphan, der aber auch darauf hinweist, dass es keine älteren Pläne oder Bauakten im Archiv gäbe, aus denen der Standort eindeutig hervorginge. Beim Bau des ASB-Gebäudes habe man Reste von Kanälen der Mühle gefunden. Er gehe davon aus, dass damit das Bachwasser hinter dem Haus gestaut worden sei, um das Mühlrad anzutreiben, so dass dieses nicht im Bachlauf selbst gelegen habe.

Wissenschaftliche Untersuchung könnte Klarheit bringen

Grenzhäuser bezieht sich in ihrer Argumentation auf dieselbe Publikation. In der bewegten Geschichte der Mühle war diese 1689, als Bretten im pfälzischen Erbfolgekrieg niedergebrannt wurde, auch nicht verschont geblieben, wurde aber wieder aufgebaut. Bei einem Brand 1889 wurde die Mühle wiederum zerstört. Der Wiederaufbau danach sei nur einstöckig erfolgt. Ein weiteres Indiz sieht Grenzhäuser in der Erwähnung eines Steines am Hauseck, den sie am Gebäude mit der Hausnummer 12 zu erkennen meint. Sie führt auch den Merian-Stich ins Feld, die bekannte Stadtansicht von Bretten aus dem Jahr 1645. Auf dem Kupferstich von Matthäus Merian sieht man die Mühle am linken Bildrand und aufgrund zweier sichtbarer Mühlräder müsse sie, so Grenzhäuser, am nördlichen Saalbach-Ufer gelegen haben. Und zuletzt ist am Sockel des Gebäudes zum Bach hin ein runder Ausgang zu entdecken, wie er nötig ist, um eine Radwelle anzubringen. „Wir gehen davon aus, dass der Keller und Teile des Erdgeschosses aus den Anfangszeiten stammen“, sagt sie. Eine wissenschaftliche Untersuchung könnte hier Klarheit bringen.

Intensive Planungsdiskussionen für Gartenschau

Laut Oberbürgermeister Wolff hatte die Stadt den Fuß- und Radweg bereits unabhängig von der Gartenschau geplant. Cornelia Hausner, stellvertretende Amtsleiterin für Stadtentwicklung und -planung, erläutert auf Nachfrage, dass die Saalbach im Rahmen der Gartenschau aufgewertet, renaturiert und erlebbar gemacht werden soll. „In der bislang zur Gartenschau erstellten Machbarkeitsstudie, mit der sich Bretten um die Ausrichtung beworben hatte, wurden zunächst wertfrei die Standorte bzw. Grundstücke in der Kernstadt ermittelt, die als zukünftige Grünflächen in Frage kommen und sowohl naturräumlich als auch städtebaulich verknüpft werden könnten.“ Besagte Grundstücke kämen dafür in Frage, bei beiden Gebäuden handele es sich nicht um Baudenkmale. Als nächstes stünden ab 2022 eine Rahmenplanung und anschließend Detailplanungen für die Gartenschau an, wofür Bretten rund vier Jahre Zeit habe. An dem Planungsprozess werde, so Hausner weiter, auch die Bürgerschaft beteiligt und der Gemeinderat werde letztlich entscheiden, was zur Ausführung kommen soll. „Es wird intensive Planungsdiskussionen mit dem Austausch vielfältiger Argumente sowie einer Abwägung unterschiedlicher Belange geben.“

Idyllischer Fuß- und Radweg würde noch unbekannte Ecke der Stadt erschließen

Zur Realisierung der Gartenschaupläne müsste die Stadt Flächen ankaufen und dabei mit den jeweiligen Eigentümern über mögliche und tragfähige Lösungen sprechen, „so wie sie es immer bei Grundstücksankäufen macht.“ Wolff äußerte dazu, dass die Stadt bezüglich der Grundstücke am Bach zwischen Am Gottesackertor und der Alten Post, die im übrigen in einem Sanierungsgebiet lägen, schon recht weit mit dem Erwerb sei. „Durch den idyllischen Fuß- und Radweg dort würde nochmals eine neue, noch unbekannte Ecke der Stadt erlebbar“, so das Stadtoberhaupt.

Fotos der Mühle gesucht

Grenzhäuser und ihre Mitstreiter habe unterdessen eine Homepage erstellt, auf der sie unter www.gottesackermuehle.de alles zusammentragen, was sie zur Mühle finden können. Zugleich suchen sie zur Klärung des Sachverhalts Fotos und Abbildungen, auf denen die Mühle am besten noch mit dem Wasserrad zu sehen ist. Wer Kontakt aufnehmen möchte, kann dies unter kontakt@gottesackermuehle.de oder 07252/50 44 925.

Autor:

Katrin Gerweck aus Bretten

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