500 Jahre Reformation: Luther und Melanchthon waren nicht immer einig
Fragen an Professor Günter Frank zu Melanchthons Leistungen und zur Reformation in Bretten.
Herr Professor Frank, was hat Philipp Melanchthon zum Gelingen der Reformation beigetragen?
Er hat zum einen Luthers religiöse Erfahrungen in ein geordnetes System, sogenannte Dogmatiken und Katechismen, gebracht, damit andere sie nachvollziehen konnten. Zum anderen hat Melanchthon die Ideen des italienischen Humanismus, die das neuzeitliche Bildungswesen begründet haben, mit der Reformationsbewegung versöhnt.
Es ist bekannt, dass Luther und Melanchthon Freunde waren, aber waren sie auch immer einer Meinung?
Luther hat sich immer hinter seinen Kollegen und Freund Melanchthon gestellt und ihn immer verteidigt. Aber tatsächlich hatten beide in manchen Fragen unterschiedliche Auffassungen: zum Beispiel in der Frage, ob der Mensch einen freien Willen hat, oder ob Jesus Christus real im Abendmahl in Brot und Wein gegenwärtig ist. Melanchthon teilte auch nicht Luthers Auffassung vom Papst als „Antichrist“, sondern war der Meinung, das Papstamt im Sinne eines Petrusdienstes könne Einheit stiften, sofern es sich nach der heiligen Schrift richte.
Warum nannte man Melanchthon auch Praeceptor Germaniae, auf Deutsch „Lehrer Deutschlands“?
Weil Melanchthon den neuzeitlichen Bildungsgedanken in der evangelischen Welt begründet hat: Er hat Schulen gegründet, Lehrbücher verfasst, geeignete Lehrer ausgesucht und dadurch nachhaltige Spuren hinterlassen. Zum Beispiel hat er 1526 in Nürnberg das dortige Melanchthon-Gymnasium gegründet, das es heute noch gibt, und seinen besten Freund, Joachim Camerarius, dort hin vermittelt. Dieser Camerarius hat dann 1566 die erste Melanchthon-Biografie geschrieben.
Wie kam eigentlich die Reformation nach Bretten?
Wahrscheinlich über Melanchthons Bruder Georg Schwartzerdt, mit dem Philipp in Briefkontakt stand. Bereits seit den 1530er Jahren gab es in Bretten den Wunsch, die Messe im Sinne Luthers zu feiern, also mit der Kommunion in beiderlei Gestalt, Brot und Wein. Offiziell ist die Reformation erst in den 1550er Jahren durch Kurfürst Ottheinrich von der Kurpfalz eingeführt worden. Allerdings wechselten seine Nachfolger mehrfach zwischen Luthertum, Reformiertentum und Katholizismus hin und her. Die Folge war, dass lutherische, reformierte und katholische Gemeinden nebeneinander existierten.
Gab es bei der Durchsetzung der Reformation in Bretten Konflikte?
Größere Konflikte sind nicht bekannt. Zum Beispiel nutzten die größere reformierte Gemeinde und die kleinere katholische Gemeinde lange Zeit die Stiftskirche als sogenannte Simultankirche gemeinsam. Dagegen musste die lutherische Gemeinde lange Zeit nach Gölshausen ausweichen, bis sie die Kreuzkiche als eigene Kirche errichten konnte.
Wer waren die treibenden Kräfte der Reformation in Bretten und der Region?
In Bretten war es die Bürgerschaft und im Kraichgau die Ritterschaft.
Die Fragen stellte Chris Heinemann
Mehr lesen Sie auf unseren Themenseiten <a target="_blank" rel="nofollow" href="http://kraichgau.news/themen/reformation.html"> Reformation</a> und <a target="_blank" rel="nofollow" href="http://kraichgau.news/themen/reformationsjubiläum.html"> Reformationsjubiläum 2017</a>
Autor:Chris Heinemann aus Bretten |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.