Die Theater-AG des MGB präsentierte „Kriegsgelyste“

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Was hat eine Komödie aus dem Jahr 411 vor Christus mit Jugendlichen im Jahr 2025 zu tun? Mehr als man sich wünschen würde. Am vergangenen Wochenende präsentierte die Theater-AG der Mittel- und Oberstufe ausgewählte Szenen aus der „Lysistrate“ von Aristophanes und eine Eigenproduktion als Reaktion auf das antike Drama im zweiten Teil. Aristophanes‘ Stück thematisiert den Kampf einiger Frauen gegen die Männer als Verursacher von Krieg und den damit verbundenen Leiden. Getragen von dieser Erkenntnis verschwören sich die Frauen Athens und Spartas. Sie besetzen unter Führung der Titelheldin Lysistrate die Akropolis und verweigern sich fortan ihren Gatten, um diese zu einem zumindest temporären Frieden zu zwingen.
Der erste Teil des Abends war amüsant, eine stark gekürzte Fassung der antiken Komödie, die dennoch die Geschichte unterhaltsam erzählte. Die Lächerlichkeit alter Kriegshelden, die sich mit dem Mut und der Ermächtigung der Frauen konfrontiert sehen, wurde auf vielfache Weise gezeigt. Die anstößigen Situationen und Zitate des Originals wurden für das Schultheater zwar an einigen Stellen entschärft, dennoch konnte das Ensemble den Zuschauern einige Obszönitäten aus dramaturgischen Erwägungen nicht ersparen. Die „Lysistrate“ ist aus verschiedenen Gründen noch zeitgemäß. Auch heute lacht man über gewisse Anzüglichkeiten, so wie schon vor 2400 Jahren. Vor allem aber steht die Frage immer noch im Raum, warum Kriege geführt werden. Trotz Leid, Zerstörung und Tod.
Das Experiment, Zitate aus der Komödie als Ausgangspunkt für eine Auseinandersetzung mit dem Thema Krieg zu wählen, war gewagt und führte an die Grenzen des Erträglichen. Der zweite Teil des Abends bot Szenen mit Licht und Schatten, Stimmen aus dem Off, einen inneren Monolog aus dem Schützengraben, stumme Szenen, Maskenspiel. Dem Zuschauer wurde einiges zugemutet. Aber am Ende bekam das Ensemble Respekt und Anerkennung für den Mut, sich dieses schwierigen Themas in ästhetischer Weise angenommen zu haben. Der selbst verfasste Epilog zum ersten Teil versprach Lachen, Weinen, Staunen und Verwirrung. Und all dies wurde eingelöst. Es flossen Tränen der Rührung. An einigen Stellen blieb man rat- und sprachlos. Verwirrung machte sich breit. Und oft staunte man über die ausdrucksstarken Bilder, die sicherlich im Gedächtnis bleiben werden. Besonders die Szenen, die mit wenig Sprache und Text das Gefühl der Angst und Hilflosigkeit verdeutlichten, packten die Zuschauer. Fassungslosigkeit und Trauer angesichts des Verlusts von geliebten Menschen zeigten diese jungen Menschen rein mit ihrer Körpersprache auf eine berührende Art und Weise. Es waren vor allem diese stillen und ruhigen Momente, die eine beklemmende Atmosphäre entfalteten.
Die beiden Theaterabende erreichten dabei eines: Das Publikum wird das Thema Krieg weniger versuchen zu verdrängen, noch bewusster mit Nachrichten von kriegerischen Auseinandersetzungen umgehen. Die Zuschauer gingen nachdenklich nach Hause und diskutierten über die Szenen dieses Abends. Theater wurde so zum Katalysator für politische Gespräche. Die „Kriegsgelyste“ erwiesen sich als modern, schmerzhaft aktuell und doch der Theatertradition verpflichtet.
Die Produktion der Theater-AG war ein ambitioniertes Unterfangen, das Ergebnis einer langen und intensiven Auseinandersetzung. Der Prozess war anstrengend, mitunter sehr emotional und kontrovers. Wie weit darf man auf der Bühne als Schultheatergruppe gehen? Welche Grenze wird für Einzelne überschritten? Wo hätte man vielleicht das Publikum schonen sollen? Doch Krieg ist leider meist schonungslos und wenn man sich auf das Thema einlässt, dann ist das für alle Beteiligte eine Zumutung. Um so mehr freute sich das Ensemble über das Lob und den Applaus der Gäste des Guggemol Kellertheaters, das an beiden Abenden restlos ausverkauft war.

Autor:

marc soedradjat aus Bretten

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