Leserbrief zum Artikel „Eine emotionale Ausnahmesituation“
"Gruppenkuscheln" in Zeiten von Corona

Leserbrief zum Artikel „Eine emotionale Ausnahmesituation“ vom 6. Mai 2020 

Sehr geehrter anonymer „Schwiegersohn“, mit Interesse haben wir Ihre Meinungsäußerung in der Brettener Woche vom 6. Mai 2020 gelesen. Wir leben in einem demokratischen Land und die freie Meinungsäußerung gehört zu unseren Grundrechten. Jedoch sollte man zu seiner Meinung stehen und seinen Namen nennen, denn nur so kann man in eine Diskussion eintreten und Änderungen herbeiführen.

Aus dem kurzen Videobeitrag, der am 6. April 2020 vor der Tür des Pflegeheims aufgenommen wurde, schließen Sie, dass die Pflegekräfte während ihrer Arbeit die Hygienestandards nicht einhalten und es deshalb im Haus Schönblick zu so vielen Corona-Infizierungen kam. Wir kennen das Heim aus eigener Erfahrung und wissen, dass alle Mitarbeiter darauf bedacht sind, das Wohl der ihnen anvertrauten Menschen zu gewährleisten. Allerdings, wie sollen zwei Pflegekräfte einen hilflosen, pflegebedürftigen Menschen waschen, lagern und medizinisch versorgen und dabei den Mindestabstand von 1,50 Metern einhalten? Um keine Gefahr entstehen zu lassen, wäre wahrscheinlich ein Pflegeroboter nötig. Wäre das für ihre Schwiegermutter eine gute Alternative? Wäre sie damit einverstanden, von einer Maschine gepflegt zu werden, statt von einer warmen menschlichen Hand?

Die Situation vor der Heimtür war ein spontaner emotionaler Ausdruck der Überraschung und Freude über die Anteilnahme aus der Bevölkerung. Das als "Gruppenkuscheln" zu bezeichnen, ist eine freche Unterstellung. Durch Ihre anonyme und unfaire Meinungsäußerung haben Sie viele, besonders auch ältere Menschen aus unserem Umfeld geschockt und aufgebracht. Was wurde dadurch gewonnen? Wem ist dadurch geholfen? Wir sind fest davon überzeugt, dass die Heimleitung und alle Mitarbeiter ihr Möglichstes tun, um die älteren Menschen gut zu versorgen. Das ist wahrhaft keine leichte Aufgabe in diesen außergewöhnlichen Zeiten.

Wanda Gerweck, Edith Possel
Bretten-Neibsheim

Autor:

Christian Schweizer aus Bretten

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