Immer noch private Unterkünfte gesucht
Hilfskonvoi aus Bretten fährt an ukrainische Grenze

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Bretten/Region (hk) Dank einer Verkettung richtiger Entscheidungen und glücklicher Zufälle ist an diesem Donnerstagmorgen, 10. März, gegen vier Uhr ein Hilfskonvoi aus Bretten an die polnisch-ukrainische Grenze gefahren. Organisiert wird dieser von Michael Raber und Thomas Balmer. Gemeinsam haben die beiden Geschäftsführer der jeweiligen Unternehmen MJR GmbH und Reisebüro Wöhrle GmbH zusammen mit Projekt Eye aus Bretten den Transport der Hilfsgüter initiiert und organisiert. „Wenn man mitbekommen hätte, wie oft das Telefon bei uns die letzten zwei Tage geklingelt hat, dann konnte man vermuten, wie viel heute los sein wird“, erzählt Raber und zeigt auf Hunderte von Kartons, die auf dem Parkplatz vor der Sporthalle „Im Grüner“ darauf warten, im Wöhrle-Reisebus verstaut zu werden. „Uns haben so viele Nachfragen erreicht – da hat man schon gespürt, dass da etwas auf uns zukommt“, sagt Raber mit einem Lachen. Alleine durch die Sozialen Medien habe man mehr als 7.500 Menschen erreicht. „Das ist unfassbar“, findet Raber.

„Alles durch Zufall entstanden“

Der Drang, aktiv zu helfen, sei durch einen ukrainischen Mitarbeiter entstanden, den er im Februar dieses Jahres eingestellt hatte und der regulär zum 1. April hätte anfangen sollen. „Am 24. Februar hat er mir morgens um 6 Uhr geschrieben, er sei in Polen. Er hat seine Frau und die zwei Kinder ohne Gepäck ins Auto gepackt und ist abgehauen. Eigentlich hat er alles richtig gemacht“, so Raber, der für seinen ukrainischen Mitarbeiter daraufhin eine Wohnung suchte. Die Wohnungsanzeige wiederum habe Thomas Balmers Sohn, Jonas Balmer, gelesen. „So ist alles durch Zufall gesteuert entstanden.“

50 Plätze im Bus stehen zur Verfügung

Mehrmals wird Raber auf dem Parkplatz von hilfsbereiten Menschen angesprochen, jeder mit einem anderen Angebot: Mal gibt es Nervennahrung für die Busbesatzung, die eine 1.300 Kilometer lange Fahrt in die polnische Stadt Przemyśl im Grenzgebiet auf sich genommen hat, andere möchten wissen, ob noch private Unterkünfte gesucht werden. „Vieles ist mit heißer Nadel gestrickt“, sagt Raber. „Wir wissen nur, dass der Bus am Donnerstagmorgen um vier Uhr losfährt.“ Am heutigen Donnerstagabend sollen die Hilfsgüter entladen werden. „Und dann können wir erst einmal nur abwarten“, sagt Raber und fügt hinzu: „Wir hätten es gerne, dass der Bus am Freitag gegen 12 Uhr wieder losfährt, sodass er am Samstagmorgen hier ist.“ Von der Busbesatzung werde er „hoffentlich“ am Freitagmorgen erfahren, wer auf der Rückreise nach Bretten mitgenommen werden konnte. 50 Plätze stehen im Bus zur Verfügung. „Natürlich muss auch darauf geachtet werden, dass Familien nicht auseinandergerissen werden“, betont Raber. Auch die endgültige Zuteilung zu den Familien, die sich bereit erklärt haben, Flüchtlinge aufzunehmen, könne erst bei der Rückfahrt erfolgen.

Flüchtlinge psychisch am Ende

Mit an Bord sei auch eine Frau aus Bretten. „Sie können sich vorstellen, was das für einen Eindruck macht, wenn 50 Frauen in einen Bus zu fremden Männern einsteigen“, sagt Raber. Von Berichten anderer, die vor Ort im Grenzgebiet waren, wisse er, dass die geflohenen Menschen sowieso psychisch am Ende seien. Der ukrainische Mitarbeiter, den Raber eingestellt hat, sei im Übrigen schon vor Ort in Polen. „Der ist mit dem Auto an die polnische Grenze zurückgefahren und wartet dort auf uns. Dann fährt er den Bus nach Bretten hinterher.“

Suche nach privaten Unterkünften

Thomas Balmer betont, dass man in die ganze Sache keinen Aktionismus und Naivität hereinbringen dürfe. „Es geht nicht nur darum, einen Bus zu packen und loszufahren. So funktioniert das nicht.“ Wenn man niemanden vor Ort habe, weder Kontakte noch Ansprechpartner, dann könne man es gleich sein lassen – erst recht, wenn die Ankunft der geflüchteten Ukrainer in Deutschland nicht organisiert sei. „Es kann ja nicht sein, dass der Bus hier ankommt und man sich fragt, was man mit den Menschen macht“, so Balmer. Damit das nicht passiert, sind die Organisatoren nach wie vor auf der Suche nach privaten Unterkünften. Wer Flüchtlingen eine Unterkunft bieten kann, soll dies bitte per E-Mail an woehrle.mjr.4ukraine@gmail.com mitteilen, inklusive folgender Informationen: Wie viele Personen können aufgenommen werden, Zeitraum, Kontaktdaten/Anschrift.

Mehr Informationen zum Krieg in der Ukraine und zu den Hilfsangeboten in der Region finden Sie auf unserer Themenseite.

Autor:

Havva Keskin aus Bretten

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