Ein Stück Zeitgeschichte erleben
Ölmühle aus Bretten-Diedelsheim steht in Grötzingen
Bretten/Grötzingen (Jennifer Warzecha) Ein Stück von Bretten ist nach Grötzingen gegangen und hat dort für Überraschungen gesorgt. Die Ölmühle aus Diedelsheim hat seit den 1960er-Jahren durch den letzten Grötzinger Bürgermeister Herbert Schweizer ihren Platz an der Ecke Friedrichstraße in Grötzingen gefunden. Zweimal im Jahr, am Deutschen Mühlentag und am Tag des offenen Denkmals, sind Mitglieder der Heimatfreunde Grötzingen, allen voran Harald Schwer, vor Ort, um geschichtsinteressierten Besucherinnen und Besuchern Rede und Antwort zu Geschichte und Funktion der Ölmühle zu stehen.
Überraschung für den Ortsvorsteher
Am diesjährigen Deutschen Mühlentag ließen es sich der Ortsvorsteher von Bretten-Diedelsheim, Martin Kern, und der letzte Besitzer der Ölmühle, Hubert Steiner, nicht nehmen, der Ölmühle einen Besuch abzustatten. Kern war sehr überrascht, dass die Ölmühle hier in Grötzingen steht. Im Februar habe ihn Harald Schwer von den Heimatfreunden Grötzingen angerufen und gefragt, aus welchem Jahr die Ölmühle tatsächlich stamme, da er seinerzeit unterschiedliche Angaben gehört habe. Kern war auch völlig davon überrascht, dass Diedelsheim überhaupt eine Ölmühle hatte. Er dachte, es sei nur eine Getreidemühle gewesen. Dann habe er herausgefunden, dass die Mühle einer Familie Steiner gehört habe. Der ursprüngliche Besitzer war Leopold Steiner. Martin Kern gab Harald Schwer die Telefonnummer von Hubert Steiner, dem Enkel von Leopold Steiner, der ihm weiterhalf.
"Wertvolles Zeitzeugnis gerettet"
Harald Schwer informierte Hubert Steiner, dass es in Diedelsheim nur eine Mühle gab. Es handelt sich um die 1372 erstmals im Urkundenbuch von Kloster Lorsch erwähnte Mühle, die im Laufe der Jahrhunderte viele Besitzerwechsel und auch Veränderungen erfahren hat. So wurde 1791 aus der Getreidemühle eine Hanf-, Reib-, Öl- und Schlagmühle. Schwer hatte Kern und Steiner zum diesjährigen Mühlentag nach Grötzingen eingeladen. Kern meinte: „Ich freue mich, dass das wertvolle Zeitzeugnis gerettet worden ist. Natürlich bin ich stolz, dass es aus Diedelsheim stammt.“ Als Landwirt passe es für ihn in das Bild seiner Heimat. „Diese Mühle hat für mich immer zum Alltag gehört“, meinten er und Sigrid Jordan, die Tochter von Leonhard Steiner. Kern sagte: „Mein Bruder hat von der Ölmühle gewusst, ich nicht. Die Mühle ist wirklich ein Zeitzeugnis, egal, wo sie steht.“
Ort der Erinnerung und Zeitgeschichte
„Es ist ein Erinnerungsstück und es ist gut, dass wir hier wieder zusammen gekommen sind. Es ist schön, dass wir die Mühle hier anschauen können und dass auch der Name 'Ölmühle Diedelsheim' noch draufsteht. Wir hätten sie gerne noch behalten. Aber es hat sich keiner dafür interessiert. Das hat die Grötzinger Gemeinde bezahlt und hergerichtet.“ Das sagte Hubert Steiner. „Hier kann man immer wieder Erinnerungen auffrischen und der Jugend zeigen, wie das funktioniert hat“, freute er sich. Harald Schwer regte an, auch die Schule aus Diedelsheim oder anderswo einzuladen, die Mühle zu entdecken und zu erforschen.
Von früher bis heute
Harald Schwer sagte, dass es 1969 bekannt wurde, dass 1962 eine Ölmühle stillgelegt wurde. Davon habe der damalige Bürgermeister Herbert Schweizer gehört und gesagt: „Jetzt holen wir die nach Grötzingen.“ Dann habe er 1972 die gesamte Mühlenanlage, das heißt: die Mühlsteine, das Wasserrad, die Königswelle und alles Drum und Dran, mit einem Kran herausgeholt und hier in Grötzingen an der Pfinz dann aufstellen lassen. Danach wurde ein die Mühle schützendes Gebäude darum gebaut, damals in Zusammenarbeit mit dem Landesdenkmalamt. Harald Schwer war damals zweiter Vorsitzender der Heimatfreunde und viele Jahrzehnte beim Hochbauamt der Stadt Karlsruhe in der Bauunterhaltung tätig, wie er berichtete. Mit Unterstützung eines Bauunternehmens wurde die Mühle hier an der Stelle wieder aufgebaut, an der früher einmal, seit dem Jahre 991, im Kloster Weißenburg urkundlich erwähnt, eine Wassermühle stand.
Renovierung vor zwei Jahren
Vor zwei Jahren haben die Heimatfreunde in Zusammenarbeit mit der Ortsverwaltung Grötzingen die Mühle, nach zwanzig Jahren, komplett saniert. Das Dach wurde überholt und beschädigte Ziegel wurden ausgetauscht. Der Sockelputz wurde erneuert. Das gesamte Holz und Stahlwerk bekam einen neuen Schutzanstrich. Für Licht in der Nacht sorgt eine neue Beleuchtung. Weiter wurden eine neue Stahltüre und eine Schachtabdeckung aus Gitterrost eingebaut. Holzverkleidungen mussten auch sämtliche erneuert werden. An der Denkmal geschützten alten Mühle mussten keine Teile saniert werden. Egon Siegrist, derzeitiger zweiter Vorsitzender der Heimatfreunde, meinte: Wir wünschen uns, dass irgendwann eine Arbeitsgruppe existiert, die sich nur um die baulichen Belange der Ölmühle kümmert.“
Geschichtszeugnis erhalten
„Wir freuen uns, dass die Heimatfreunde Grötzingen dieses Schmuckstück zum Leben wiedererweckt haben und dass wir dies anlässlich des Mühlentages und Tag des Offenen Denkmals feiern. Die Wertschätzung von solchen historischen Bauwerken ist wichtig für die technischen Errungenschaften heute. Wenn man nicht weiß, wo das alles herkommt und sich entwickelt hat, weiß man heute auch nicht, wie das funktioniert.“ Das sagte Veronika Pepper, die stellvertretende Ortsvorsteherin und Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Grötzinger Vereine und Kulturschaffenden.
Autor:Kraichgau News aus Bretten |
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