Leser/innen besuchten die Ateliers des Künstlerehepaars Müllerperth in Maulbronn-Schmie
Schönes zwischen Flamme und Feilnagel
MAULBRONN-SCHMIE (ch) Renommierte Künstler und zugleich Eheleute – wie funktioniert das? Zum Auftakt des diesjährigen Ferienprogramms der Brettener Woche erhielten Leserinnen und Leser Einblicke ins Schaffen von gleich zwei Künstlern, deren Arbeit und Leben seit mehr als 25 Jahren ineinander verwoben sind.
Herzliche Begrüßung mit Sekt
Der Empfang im blumengeschmückten Hof des Fachwerkanwesens in Maulbronn-Schmie war ausgesprochen herzlich. Bei der gemeinsamen Begrüßung durch das Gastgeberpaar mit einem Glas Gratissekt gewannen die Besucher einen ersten Eindruck der harmonischen Künstlerbeziehung. Der namhafte Goldschmied und Schmuckdesigner Johann Müllerperth und seine Frau, die aus einer berühmten Thüringer Glasbläserfamilie stammende Kunstglasbläserin Kerstin Müllerperth, ergänzen sich kongenial.
Beispiele kreativer Zusammenarbeit
Zuletzt war das zu bestaunen in einer großen gemeinsamen Ausstellung Ende 2016 in der Orangerie von Schloss Schwetzingen. Aber auch in ihrem eigenen Heim entdeckt man immer wieder Beispiele ihrer kreativen Zusammenarbeit, vom verspielten Leuchter für die Sitzecke im Hof bis zum edlen Tischgedeck. Den praktischen Vorteil der auch privaten Nähe im Künstleralltag brachte Johann Müllerperth auf den Punkt: Beim Entwickeln neuer Kreationen seien beide „immer dankbar, wenn der andere einen Blick drüber werfen kann.“
Schmuck-Inspirationen aus der Natur
Während Kerstin Müllerperth mit der einen Hälfte der Besucher in ihrem kleinen Glasbläserhäuschen im Hof verschwand, versammelte ihr Mann die andere Hälfte in seiner Werkstatt im Haus. Der vielfach mit Preisen dekorierte, mit seinen Werken in zahlreichen Galerien und Museen präsente Schmuckkünstler, der zeitweise als Lehrbeauftragter in Pforzheim und Schwäbisch Gmünd, dort auch als Stadtgoldschmied, tätig war, hat sich in seinen neueren Arbeiten Vorbildern aus der Natur zugewandt. Unter anderem bekamen die Gäste gesammelte Früchte der im Garten stehenden jungen Zypresse zu sehen, die der Künstler trocknet, aushöhlt und in zwei Hälften geteilt in Gold gießen lässt, ehe er sie wieder zusammenfügt und beispielswiese zu einem luftig-leichten Collier verarbeitet.
Unikate mit individueller Bedeutung
Ähnlich verfährt er mit Baumrinden, zarten Blütenrispen, kleinen Farnblättern oder auch mal einem kleinen Frosch, einem Käfer oder einer Libelle mit hauchdünnen Flügeln, aus denen in Edelmetall gegossene Armreifen, Hochzeitsringe oder Halsketten geformt werden. Jedes Schmuckstück anders, jedes ein Unikat, wie eine Besucherin bewundernd feststellte. Zwischen kleinen Geschichten und Begebenheiten aus seinem Künstlerleben beantwortete Johann Müllerperth auch Fragen, etwa nach den Ausbildungsmöglichkeiten in seinem Beruf oder nach der Berücksichtigung von Kundenwünschen. Das sei gerade das Ziel, „dass die Leute mitarbeiten“, bestätigte der Meistergoldschmied. Denn: „Die Schmuckstücke müssen eine Bedeutung für die Menschen haben, dann sind sie ein ganzes Leben lang Gesprächsthema.“
„Geburt“ einer Glaskugel vor der „Lampe“
Bevor die Gruppen gewechselt wurden, demonstrierte der Schmuckkünstler noch kurz seine Arbeitsweise an einem von drei ausgebauchten Werktischen, die sich durch den typischen Ledersack zum Auffangen wertvoller Materialreste und den sogenannten Feilnagel auszeichnen, einen Keil aus Hartholz zum Auflegen und Bearbeiten der filigranen Stücke. Noch einen Tick filigraner ging es nach einer unterhaltsamen Gartenpause mit Getränken und Häppchen in der Glasbläserwerkstatt weiter. Vor der „Lampe“, einem speziellen Brenner, führte Kerstin Müllerperth zunächst die „Geburt“ einer Glaskugel aus einer dünnen Glasröhre durch Erhitzen, Drehen, Ziehen und Blasen vor.
Selbstversuche im Glasblasen
Anschließend durften die Teilnehmerinnen nacheinander unter fachkundiger Anleitung versuchen, eine eigene Glaskugel zu blasen, um sie mit nach Hause zu nehmen. Nicht alle trauten sich, die Röhre in die 800 Grad heiße Flamme zu halten, obwohl die Meisterin beruhigte: „Respekt vor der Flamme sollte man haben, aber Glas ist ein sehr schlechter Wärmeleiter.“ Nebenbei erfuhren die Besucher, dass Farbakzente durch farbige Glasstäbe oder Glassplitter erzeugt werden, die mit dem jeweiligen Objekt verschmolzen werden. Dass sie gelegentlich auch Blattgold in Trinkgläser einschmilzt, gehe auf ihren Vater, den Kunstglasbläser Erich Greiner-Perth, zurück, der diese Technik entwickelt habe, erzählte sie.
Spektakuläre Glasobjekte
Auch Kerstin Müllerperth wurde für ihre Arbeiten vielfach ausgezeichnet, ihre Werke finden sich in Sammlungen und Museen, zuletzt brachte sie von einem Stipendienaufenthalt in den USA innovative Techniken mit. „Ich schwebe zwischen meiner venezianischen und meiner nordisch-klassischen Seele“, gestand sie bei einer abschließenden Führung durch den hauseigenen Ausstellungsraum. Dort reihen sich mal üppig, mal zart-verspielt verzierte, aber auch betont schmucklos-nüchterne Gläser und Objekte aller Arten und Verwendungszwecke aneinander. Besonders spektakulär sind ihre neuen Glaskugeln mit farbigem Innenleben und die aus durchbrochenem, farbigem Glas geformten Schalen, die mal an Blüten, mal an quallenartige Meeresschönheiten erinnern.
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Autor:Chris Heinemann aus Bretten |
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