„Erfindergarage“ soll Gründergeist wecken: Oberderdingen eröffnet im Herbst eine Keimzelle für neue IT-Firmen

Domizil für künftige Tüftler und Firmengründer: Das renovierte Torwächterhaus am Oberderdinger Amthof soll ab Herbst die neue „Erfindergarage“ beherbergen. Foto: ch
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  • Domizil für künftige Tüftler und Firmengründer: Das renovierte Torwächterhaus am Oberderdinger Amthof soll ab Herbst die neue „Erfindergarage“ beherbergen. Foto: ch
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Mit einer „Erfindergarage“ will Oberderdingen eine nachhaltige Kultur der Firmengründungen begründen. Ab Herbst können junge Leute und Talente im Torwächterhaus mit innovativen Technologien experimentieren.

OBERDERDINGEN (ch) Der Untere Kraichgau war als Wiege neuer Technologien im Informationszeitalter bislang eher nicht bekannt. Das könnte sich in naher Zukunft ändern. In Oberderdingen entsteht gerade das Projekt „Erfindergarage im Torwächterhaus“, im Untertitel „Digitalwerkstatt für Kinder, Jugendliche und Gründer“. Damit soll eine nachhaltige Kultur der Firmengründungen etabliert werden, aus der später einmal wirtschaftlicher Nutzen für die Gemeinde und womöglich darüber hinaus erwachsen könnte. Die Eröffnung ist schon für diesen Herbst geplant.

„Alleinstellungsmerkmal“ für Oberderdingen

Aus Sicht von Oberderdingens Bürgermeister Thomas Nowitzki ist die Sache klar: Die Gemeinde bekommt ein neues „Alleinstellungsmerkmal“ in der Region. „Mit der Erfindergarage wollen wir bei verborgenen Talenten und vor allem bei jungen Leuten den Erfindergeist wecken, sie für Themen aus Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik begeistern und diese schließlich als zukünftige Firmengründer fit machen.“ Dafür hat die Gemeinde in dem ortsansässigen Professor Dr. Jürgen Scheible von der Stuttgarter Hochschule der Medien einen kongenialen Partner gewonnen. Der Hochschullehrer, mit dessen Beteiligung bereits erfolgreiche Veranstaltungen am Forum und Amthof Oberderdingen durchgeführt wurden, hat das Konzept der Erfindergarage entwickelt und soll die Leitung übernehmen.

Querdenken fördern

„In der Erfindergarage wollen wir eine Umgebung schaffen, in der das Unerwartete und Unvorhersehbare stattfinden kann, um den Innovationsfunken überspringen zu lassen“, erläutert Professor Scheible. Unter Anleitung von Praktikern und interessierten Lehrkräften sollen Gymnasiasten, Real-, Werkreal- und Gemeinschaftsschüler die Möglichkeit erhalten, in kleinen Teams mit führenden innovativen Technologien wie Robotik, Drohnen, Künstlicher Intelligenz sowie erweiterter und virtueller Realität zu experimentieren. Der Professor bevorzugt dabei einen „künstlerisch-kreativen Ansatz“: „Wir wollen das produktorientierte Denken und das Querdenken fördern.“ Wenn alles gut läuft, könnte das Projekt Kreise ziehen, meint der Hochschullehrer: „Die Hochschule der Medien sieht die Erfindergarage als ein Pilotprojekt mit Außenwirkung, dessen Konzept sich nach einer Bewährungsphase eventuell für andere Kommunen anpassen lässt.“

Kooperationen mit Schulen, Hochschule und Firmen

Um die Zielgruppen - einzelne Kinder von acht bis zwölf Jahren, Jugendliche von 13 bis 17 Jahren und Schülergruppen, aber auch sonstige Gründungsinteressierte – zu erreichen, laufen bereits Kooperationsgespräche mit Schulen in Oberderdingen und der Region. Zugesagt haben inzwischen die Beruflichen Schulen in Bretten und das private Heisenberg-Gymnasium in Bruchsal. Für die Vermittlung des nötigen Know-how sorgen die Partner der „Erfindergarage“. Das ist in erster Linie die Hochschule für Medien in Stuttgart, die sich laut Bürgermeister Nowitzki „als aktiver und eng verzahnter Partner für Wissens- und Forschungstransfer“ einbringen wird. Darüber hinaus werden Partner aus der örtlichen Industrie und aus Stiftungen angestrebt, von denen nach Nowitzkis Worten die ersten bereits ihre aktive Unterstützung zugesagt haben. Beispielsweise will sich die Blanc und Fischer Holding mit Personal am laufenden Betrieb beteiligen.

Auftakt mit digitalem „FerienLab“

In der Anfangsphase, deren Beginn mit einem Schnupperkurs „Ferienlab DigitalMedia“ bereits für diesen Herbst vorgesehen ist, sollen sich die Teilnehmer/innen einmal wöchentlich vom späten Nachmittag bis zum Abend sowie an ein bis zwei Samstagmorgen im Monat zu Workshops, Projekten und Schnupperkursen treffen. Die Räume stellt die Gemeinde Oberderdingen kostenlos im Torwächterhaus zur Verfügung. Das Haus war mit dem Umzug der früheren Gemeindebücherei in die neue Mediathek frei geworden. Momentan wird das Gebäude hinsichtlich Energie und Barrierefreiheit auf den neuesten Stand gebracht.

Technische Ausstattung durch Trägerverein

Um die geplanten Veranstaltungen umsetzen zu können, benötigt die Erfindergarage eine hervorragende technische Ausstattung. Die Anschaffung von PCs, Tablets, Servern, Drohnen, Datenbrillen, Projektoren, Drei-D-Druckern, Elektronikbausätzen, sogenannten Experimentier-Boards, entsprechender Software und allerlei technischem Spielzeug mehr kostet viel Geld. Darum soll sich der Trägerverein der Erfindergarage kümmern, an dessen Aufbau aktuell noch gearbeitet wird. Firmen, Institutionen und Stiftungen können unter anderem fördernde Mitglieder im Trägerverein werden.

Vorläufiger Finanzierungsplan

Nach Auskunft des Bürgermeisters sind zwar noch einige organisatorische Fragen zu klären, aber es gibt bereits einen vorläufigen Finanzierungsplan. Dieser sieht für die angedachte zweijährige Anschubphase Gesamtkosten in Höhe von insgesamt rund 280.000 Euro vor. Der Trägerverein übernimmt die Kosten für den laufenden Veranstaltungsbetrieb, darunter die Personalkosten. Die Gemeinde trägt die laufenden Gebäudekosten wie Wasser und Strom plus die auf 150.000 Euro veranschlagten Investitionen am Gebäude und hofft für letztere auf eine Förderung aus dem Landesanierungsprogramm. Zur Finanzierung der Kosten für Ausstattung und Einrichtung in Höhe von 108.000 Euro hat sich die Gemeinde um eine finanzielle Förderung durch LEADER bemüht, ein gemeinsames Förderprogramm von Europäischer Union und Land Baden-Württemberg. Für das Programm ausgewählt sei die Erfindergarage bereits seit dem 27. Februar, berichtet der Rathauschef. Jetzt könne der offizielle Förderantrag gestellt werden. Nowitzki ist zuversichtlich, dass die zu erwartenden rund 54.000 Euro Zuschuss bis zum Herbst genehmigt werden.

Domizil für künftige Tüftler und Firmengründer: Das renovierte Torwächterhaus am Oberderdinger Amthof soll ab Herbst die neue „Erfindergarage“ beherbergen. Foto: ch
Professor Dr. Jürgen Scheible, Professor für Screen- und Interaktionsdesign im Studiengang Werbung und Marktkommunikation an der Hochschule für Medien in Stuttgart | Foto: Gemeinde Oberderdingen
Autor:

Chris Heinemann aus Bretten

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