Schwarze Wolken über der Landwirtschaft
Landwirt Gretz in Jöhlingen berichtet von massiven Schäden durch Krähen

Krähen hinterlassen bei einigen Bauern verwüstete Felder. Foto: LBV
  • Krähen hinterlassen bei einigen Bauern verwüstete Felder. Foto: LBV
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Region (kuna) Sie kommen in schwarzen Schwärmen und hinterlassen ein Gefühl der Ohnmacht. Viele Bauern in Baden-Württemberg beklagen Schäden durch Krähen, die sich durch die Felder picken und dabei nicht selten ein Bild der Verwüstung hinterlassen. Der Landesbauernverband (LBV) hat sich jüngst zu dem Problem positioniert und teilt mit: „Die durch Saat- und Rabenkrähen verursachten Schäden haben ein nicht mehr tolerierbares Niveau erreicht.“

"Regional sehr kleinflächiges Problem"

Ein Blick in den Landkreis Karlsruhe zeigt: Das Krähen-Problem gestaltet sich recht unterschiedlich und scheint keinem klaren Muster zu folgen. Heiko Leis, Biobauer in Oberderdingen-Flehingen, erklärt beispielsweise, dass er auf seiner Gemarkung bisher keine Probleme mit Krähen habe. Auch Kollegen in Flehingen hätten bisher nur wenige Schäden durch die Rabenvögel zu beklagen, sowohl die konventionellen als auch die ökologischen Betriebe. Leis beobachte vielmehr, dass das Problem regional sehr kleinflächig beschränkt sei. Landwirte in umliegenden Gemeinden könnten dann wiederum von den Krähen betroffen sein. Er habe eine andere Vogelart auf dem Kieker, so Leis: „Hin und wieder gibt es Probleme mit Tauben.“ Sie würden sich vor allem an den Sojabohnen zu schaffen machen. Meist handle es sich um wenige Tauben, etwa fünf bis zehn Tiere, die sich über die jungen Keimlinge hermachen. Fressen würden sie die Sojabohnen aber nicht, sondern sie nur herauspicken und dann liegen lassen. „Man könnte meinen, sie machen das aus reiner Freude“, so der Eindruck von Leis.

Krähen sorgen bei Familie Gretz für Totalausfall

Ganz anders beschreibt es der Familienbetrieb Gretz in Walzbachtal-Jöhlingen. Karl-Heinz und Leonhard Gretz berichten von massiven Schäden, die auf die Krähen zurückzuführen sind. In nur wenigen Tagen hätten die Rabenvögel im letzten Jahr für einen Totalausfall beim Maisanbau gesorgt. „Die Krähen kamen zu Hunderten auf die Felder“, schildern sie, „das waren riesige dunkle Schwärme.“ Der Ausfall habe schweres finanzielles Gewicht, zumal die Landwirte den Mais viermal nachgesät hätten. „Pro Hektar säen wir etwa 100.000 Pflanzen. Insgesamt bewirtschaften wir eine Fläche von fünf Hektar“, so Leonhard Gretz. Binnen weniger Tage hätten die Vögel somit eine halbe Million Pflanzen vernichtet.

Vor allem Biobetriebe beklagen Krähen-Schäden

Die massiven Probleme mit den Krähen führt Karl-Heinz Gretz darauf zurück, dass die Familie ihren Betrieb teilweise auf eine ökologische Landwirtschaft umgestellt hat. "Seit fünf Jahren betreiben wir 60 Prozent unserer Fläche nach EU-Biorichtlinien. Bei dem Rest bauen wir noch konventionell an und nutzen dort das Pflanzenschutzmittel Korit als Beize – auf diesen Feldern gibt es keine Probleme." Auch Mareile Zunker, Referatsleiterin für Pflanzenschutz am Landwirtschaftlichen Technologiezentrum Augustenberg in Karlsruhe, kennt das Problem und unterstreicht: Beim Bio-Maisanbau stünden immer weniger Pflanzenschutzmittel zur Verfügung. „Durch den Wegfall von Beizmitteln im Mais haben sich die Schäden durch Krähen verstärkt“, erklärt sie. Für nachhaltige Lösungen sei noch mehr Forschung erforderlich, so Zunker.

NABU: "Die meisten Probleme sind hausgemacht"

Stefan Bosch, Fachbeauftragter für Ornithologie und Vogelschutz im NABU-Landesverband Baden-Württemberg, plädiert für eine differenzierte Betrachtung. Er meint: „Die meisten Probleme mit Rabenvögeln sind hausgemacht.“ Die Menschen würden die Umwelt derart verändern, dass sie für die Krähen attraktiv würde. Die geschützten Saatkrähen seien „eine typische Grünland-Art“, so Bosch. Mangels Grünland müssten sie zur Nahrungssuche auf Felder ausweichen. Die monotonisierte Landschaft und der intensive Maisanbau, der ein weites übersichtliches Gelände entstehen ließ, seien Ursachen dafür. Bosch fügt hinzu: „Völlig ignoriert wird leider die Tatsache, dass Rabenvögel auch wichtige, aus unserer Sicht ‚nützliche', Verhaltensweisen zeigen.“ So würden Saatkrähen große Mengen an Drahtwürmern, Erdraupen und Engerlingen vertilgen, seien also „gefiederte Helfer zu deren Eindämmung.“

Maßnahmen gegen Krähen halfen bei Gretz nicht

Maßnahmen gegen die Krähen gibt es viele: Reflektoren, Flatterbänder oder Schreckschüsse sind nur einige davon. Auch die Landwirte Gretz haben einiges versucht und zum Beispiel eine Duftsäule aufgestellt, die die Krähen mit Zitronensäure vertreiben sollte. Da alles nicht geholfen hat, erhielten sie letztendlich eine Sondergenehmigung zum Vergrämungsabschuss. „Dann dürfen ein paar Vögel geschossen werden, etwa drei Saatkrähen und zehn Rabenkrähen“, so Leonhard Gretz. Die Genehmigung hätten sie relativ flott erhalten, doch bis erst einmal der Jäger vor Ort angekommen war, hätten die Krähen bereits alle Felder leergepickt.

"Die Krähen sind schlau"

„Die Krähen sind schlau und gewöhnen sich an alles“, fährt Gretz fort. „Wenn sie sehen, dass das rote Auto vom Jäger wegfährt, kommen sie einfach wieder.“ Den Maisanbau zu reduzieren, könne allerdings auch keine Lösung sein. Denn: Der Mais sei eine tragende Frucht in der Biolandwirtschaft. „Der Mais kommt mit Hitze und Krankheiten gut zurecht, was vor allem in Zeiten des Klimawandels wichtig ist“, so Karl-Heinz Gretz.

LBV fordert Bestandsregulierung

Was die Krähen-Problematik betrifft, nimmt der LBV eine klare Stellung ein und teilt mit: „Wir fordern dringend eine effektive Bestandsregulierung.“ Dieser Forderung schließt sich die Familie Gretz an. „Wenn es so weitergeht, heißt es: Biolandbau adé“, bringt es Karl-Heinz Gretz auf den Punkt. Bosch vom NABU erwidert dagegen: Eine Bestandsreduktion sei „weder sinnvoll noch nachhaltig und durchführbar“. Er meldet zudem ethische Bedenken an. „Der NABU versteht die Sorgen und Nöte der Landwirte“, meint er, „und macht sich für die weitere Erprobung und Ausschöpfung nichtletaler Methoden stark.“

Keine Entschädigung trotz Totalausfall

Eine Entschädigung für den Totalausfall im letzten Jahr hat der Familienbetrieb nicht erhalten. „In Bayern gibt es bei Schäden, die durch Wölfe oder Biber angerichtet werden, einen finanziellen Ausgleich“, so Karl-Heinz Gretz. „Was die Krähen angeht, gibt es aber nichts.“ Für Biobauern, aber auch für biologische Milchviehbetriebe, die Mais als Futtermittel nutzen, könne das den finanziellen Ruin bedeuten, schließt sich Leonhard Gretz an.

Autor:

Kathrin Kuna aus Bretten

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