PWV Knittlingen
"Sicherlich kein Schulterschluss mit konservativer gescheiterter Haushaltspolitik"

Die Parteilose Wählervereinigung (PWV) fordert einen Wandel in der Politik der Fauststadt.  | Foto: archiv
  • Die Parteilose Wählervereinigung (PWV) fordert einen Wandel in der Politik der Fauststadt.
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Knittlingen (ger) Knittlingens finanzieller Spielraum über Pflichtaufgaben hinaus tendiert im Haushalt 2023 gegen Null. Die Kommunalaufsicht hatte den ursprünglich vom Gemeinderat verabschiedeten Etat abgelehnt und der Fauststadt ein strenges Sparkorsett auferlegt. Nicht alle Gemeinderäte stimmten diesem Haushalt zu, woraufhin die CDU an das Gremium appellierte, die Situation zu akzeptieren und an einem Strang zu ziehen (wir berichteten). Das möchte die Parteilose Wählervereinigung (PWV) so nicht stehen lassen.

Haushalt gestalten, der für Bürger gemacht sei

PWV-Gemeinderat Ralf Schwarzien bekundet in einer Pressemitteilung, dass die Wählervereinigung den von der CDU geforderten „Schulterschluss“ des Gemeinderates mit der Stadtverwaltung sicherlich nicht eingehen werde. Nur so könne man der Verantwortung gerecht werden, einen Haushalt zu gestalten, der für die Bürger gemacht sei. Der von CDU und Alternativer Liste (AL) sowie einem Teil der SPD verabschiedete Haushalt, wie er auch von der Verwaltung vorgeschlagen wurde, setze aus Sicht der PWV vollkommen falsche Schwerpunkte. „Es ist ein Spiegel der verfehlten Haushaltsentscheidungen der letzten Jahre, in der CDU und AL die Mehrheiten gebildet haben“, sagt die PWV.

Fehler, Beteiligung bei EnBW abzulehnen

In der Folge zählt die PWV Beispiele dieser in ihren Augen verfehlten Entscheidungen auf: Dazu gehöre eine Beteiligung über eine Million Euro bei der EnBW, die abgelehnt wurde, „weil angeblich diese eine Million Euro im Haushalt fehlen würde.“ Fakt sei aber, befindet die PWV, dass die Million längst zurückgeflossen wäre inklusive einer Rendite von über 120.000 Euro. Dahingegen sei dieser Betrag dann dem Eigenbetrieb Wasser quasi „geschenkt“ worden, obwohl er komplett neutral gebührenfinanziert sein könnte. „Zum damaligen Zeitpunkt hätte man quasi zum Nulltarif einen Kredit über diese Summe bekommen und hätte zugleich weniger ‚Strafzinsen‘ für Guthaben bei den Bankinstituten gezahlt“, führt die PWV weiter aus. Nun müssten Kredite aufgenommen werden – zu deutlich schlechteren Konditionen.

Falsche Zahlen von der Verwaltung?

Die PWV habe schon damals darauf hingewiesen, dass die Verwaltung hinsichtlich Steinhaus und Kelter über 1,2 Millionen Euro zu viel im ersten eingebrachten Haushalt veranschlagt habe – trotz anderslautender Beschlusslage des Gemeinderates. Ein Schulterschluss falle auch hier schwer, so die PWV, zudem noch weitere Zahlen bezüglich des Sanierungsgebietes angefragt und nur teilweise beantwortet seien.

"Freibadsanierung wäre nicht günstiger gegangen"

Dem Vorwurf der CDU, das Freibad hätte man zum halben Preis sanieren können, widerspricht die PWV vehement: Zwar habe es Architekturbüros gegeben, die eine Freibadsanierung für zwei bis drei Millionen Euro angeboten hätten. „Dies waren aber austauschbare Pauschalplanungen, ohne jede Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten, wie zum Beispiel den unter dem Freibad verlaufenden Trinkwasserbrunnen der Stadt“, befindet die PWV. Allein diese Tatsache erfordere eine ganz andere Bauweise, die in den Kostenberechnungen der damaligen Büros gar nicht enthalten waren. „Hier wäre die teure Überraschung später und unvorbereitet gekommen.“

"Alle Kosten waren bei Planungen schon inkludiert"

Nicht umsonst habe das Architekturbüro Göhner und Schrade die europaweite Ausschreibung gewonnen, da alle Kosten bereits inkludiert und die Planungen einwandfrei gewesen seien. Um dies zu untermauern, rechnet die PWV vor: Geplante seien Kosten von 5,2 Millionen Euro gewesen, davon wurden zirka 1,8 Millionen Euro (35 Prozent der Kosten) vom Bundeszuschuss getragen. Bei derzeitigen allgemeinen Baukostensteigerungen allein im letzten Jahr um rund 34 Prozent liege die Kostensteigerung der Freibadsanierung (6,4 Millionen Euro) deutlich darunter, nämlich bei lediglich 25 Prozent. „Das bedeutet, dass das Freibad sogar um fast zehn Prozent günstiger saniert wurde als ursprünglich geplant“, schließt die PWV daraus. Die Zusammenarbeit und der Informationsfluss mit dem Architekturbüro seien auch auf Grund dessen außerordentlichen Engagements, Fachkenntnis und der örtlichen Nähe hervorragend gewesen, so dass die von allen Fraktionen einstimmig beschlossene Sanierung nun kurz vor dem Abschluss steht.

Wer hat Schuld an Verzögerung der Keltersanierung?

Auch die Aussage der CDU, dass immer wieder neue Wünsche die Sanierung der Kelter verzögert habe, möchte die PWV nicht gelten lassen. Wenn dem so sei, dann frage sich die PWV, wer in den vergangenen Jahren die Mehrheiten im Gemeinderat gebildet und warum diese Mehrheiten nicht schon längst eine Umsetzung in die Wege geleitet habe. „Dieses Versäumnis nun auf die angeblichen Wünsche der PWV und SPD zu verschieben, ist schlichtweg ein Ablenkungsmanöver. Richtig ist, dass diesem Projekt nicht die entsprechende Priorität zugedacht wurde. Und richtig und wichtig ist, dass – wenn schon saniert wird – es auch Hand und Fuß haben muss“, setzt Schwarzien der CDU entgegen.

Sanierungsgebiet Kleinvillars abgelehnt wegen Haushalts 2023?

Die PWV beklagt, dass im Haushalt 2023 alles gestrichen worden sei, was die Bürgerschaft „angefragt und ersehnt“ habe: Es gebe keine Keltersanierung (also keine Veranstaltungsraum für Kultur), keinen Pumptrack/Jugendplatz, keinen Bürgerpark, keine Dorfplatzsanierung in Kleinvillars. Und als Folge „des unsäglichen Haushaltes 2023“ sei das beantragte Sanierungsgebiet Kleinvillars vom Regierungspräsidium nicht genehmigt worden. Der Grund liegt für die PWV, wie von ihr vorausgesagt, darin, dass das Sanierungsgebiet „Historische Altstadt“ trotz bestehender Satzung nicht die entsprechende Umsetzung erfahre.

"Nicht schwer, im Haushalt Mittel einzusparen"

„Dabei wäre es nicht schwer gewesen, im Haushalt woanders Mittel einzusparen und diesen auch genehmigungsfähig zu gestalten. Der Antrag der SPD, den die PWV unterstützte, wurde mit Mehrheiten von CDU und AL jedoch abgelehnt“, betont Schwarzien. Die PWV sehe vielerlei andere Einsparpotentiale, es sei nur eine Frage der Priorisierung. Ein Haushalt müsse kreativ, mutig, umsichtig, zukunftsweisend und zugleich im Sinne der Lebensqualität der Einwohner handeln.

Spar-Vorschläge der PWV

Folgende Spar-Vorschläge, die zukünftige Generationen auch nicht belasteten, werden in der Mitteilung aufgezählt: Einen Austausch der Straßenbeleuchtung für 1,2 Millionen Euro hält die PWV zum jetzigen Zeitpunkt für unangebracht, denn damit würden funktionierende Laternen schlichtweg vernichtet, was eine Ressourcenverschwendung darstelle. Eigenbetriebene PV-Anlagen seien verschiebbar oder man lagere sie an externe Firmen aus und entledige sich so der Investitionskosten und auch des Risikos im Unterhalt der Anlagen. Genauso würde die PWV auch den Bau von Kindergärten an Bauträger neuer Wohngebiete vergeben. Man miete dann die Räumlichkeiten flexibel nach Bedarf an und umgehe so die hohen Investitionskosten, die im Haushalt als Abschreibung wieder erwirtschaftet werden müssen.

Einsparpotential bei Kiga Esselbachstraße

Einsparpotentiale sieht die PWV auch in einer weniger aufwändigen Erweiterung des Kindergartens Esselbachstraße, denn der komplette Umbau des erst vor wenigen Jahren sanierten Gebäudes, wofür bisher 4,5 Millionen Euro veranschlagt sind, ist in den Augen der Wählervereinigung „überzogen“. Zugleich betont die PWV, dass sie niemandem zumuten möchte, zum Kindergarten von Knittlingen nach Kleinvillars zu fahren. „Hier wären kreativere, günstigere Lösungen seitens des Planers wünschenswert und umsetzbar, ohne ein Problem in der Versorgung mit Krippen- und Kitaplätzen zu bekommen“, heißt es in der Mitteilung. Auch die auf bloßen Schätzungen seitens der Verwaltung beruhenden Pläne zur Ganztagesbetreuung von 1,5 Millionen Euro wären um die Hälfte günstiger umsetzbar und seien überdimensioniert, ist sich die PWV sicher.

Warum Kelter nicht, aber Sportplatz?

Ferner fragt sich die PWV, warum die Keltersanierung nicht genehmigt wurde, aber die Sanierung des Sportplatzes schon, wo doch die Kelter mit 700.000 Euro bei Gesamtkosten von 2,2 Millionen Euro, als 32 Prozent, gefördert worden wäre, es hingegen beim Sportplatz nur sieben Prozent Zuschuss wären (90.000 Euro von 1,3 Millionen Euro insgesamt). Zudem sei der Gemeinderat bei der Entscheidung für den Sportplatz Ende 2022 nicht auf ein zukommendes Problem hinsichtlich der Genehmigung des Haushaltes 2023 hingewiesen worden.

"Politik in Knittlingen braucht dringend einen Wandel"

Die PWV sei sich ihrer Verantwortung als Gremiumsmitglied durchaus bewusst und habe daher wie alle Gemeinderatsmitglieder auch den unvermeidlichen Gebührenerhöhungen zugestimmt. Der nun verabschiedete Haushalt sei aus genannten Gründen für die PWV jedoch nicht zustimmungsfähig gewesen. Zum Schluss konstatiert Schwarzien: „Die Politik in Knittlingen braucht dringend einen Wandel, damit die Entscheidungen wieder für den Bürger und die Bürgerin getroffen werden: Kreativität, Selbstreflexion und Flexibilität statt bloßes Lamentieren, Sparen und ein ‚Weiter so‘ wie in den vergangenen Jahren.“ Letzteres bringe Knittlingen nicht voran.

Autor:

Katrin Gerweck aus Bretten

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