Gründung von Jugendgemeinderat in Maulbronn?
"Wir wollen kein Partygremium sein"

Über 30 Teilnehmer hatte das Online-Forum "Jugendgemeinderat".
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Maulbronn (hk)  Eine Gemeinde "soll Kinder und muss Jugendliche bei Planungen und Vorhaben, die ihre Interessen berühren, in angemessener Weise beteiligen. Dafür sind von der Gemeinde geeignete Beteiligungsverfahren zu entwickeln. Insbesondere kann die Gemeinde einen Jugendgemeinderat oder eine andere Jugendvertretung einrichten." So heißt es in Paragraph 41a der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg. Jugendliche aus der Klosterstadt Maulbronn wollen seit Ende letzten Jahres diesen Passus des Gesetzes aktiv umsetzen: Sie fordern die Einrichtung eines Jugendgemeinderates.
Bevor die Maulbronner Stadträte mit Bürgermeister Andreas Felchle die Details für das Jugendgremium der Stadt festzurren, wollten sie von Jugendlichen aus Maulbronn, Schmie und Zaisersweiher aber wissen, wie sie sich Jugendbeteiligung vorstellen und wie sie aussehen soll. Zu diesem Zweck fand am Montagabend das Online-Forum "Jugendgemeinderat" statt.

"Das ist gelebte Demokratie"

Mit Fragen wie "Wie wird der Jugendgemeinderat gebildet?", "Welches Mitspracherecht hat der Jugendgemeinderat?", "Wie kann er Einfluss auf die Stadtpolitik nehmen?" und "Dürfen auch Jugendliche aus umliegenden Gemeinden, die in Maulbronn zur Schule gehen, mitmachen?" stießen die Jugendlichen bei Bürgermeister Felchle durchaus auf offene Ohren. Er wies aber auch darauf hin, dass nicht alles, was die Jugendlichen – angeführt von Wilhelmine Wolf, Philipp Jakovleski, Jule Koschnike und Marlon Frommer – forderten, eins zu eins umgesetzt werden könne. "Das muss euch klar sein, aber auch das ist gelebte Demokratie", sagte Felchle.

"Wir wollen kein Partygremium sein"

Die Jugendlichen betonten zunächst, dass sie sich der Ernsthaftigkeit eines Jugendgemeinderats bewusst seien. "Wir sind nicht dazu da, um mit dem uns zur Verfügung gestellten Budget Feste zu feiern – das wird nicht unser Hauptaugenmerk sein", betonte Jule Koschnike. Inhaltlich werde man andere Schwerpunkte setzen als das ehemalige Maulbronner Schülerparlament. Deshalb sei es ihr auch in dieser Hinsicht wichtig, dass der Gemeinderat dies entsprechend differenziert betrachte. "Schließlich heißt es ja auch Jugendgemeinderat." Philipp Jakovleski ergänzte: "Der Jugendgemeinderat muss sich vor der Gemeinde für sein Budget und seine Ausgaben verantworten. Wir wollen kein Partygremium sein."

Neun Personen im Alter von 14 bis 21 Jahren

Den Jugendlichen schwebt ein Gremium aus neun Personen im Alter von 14 bis 21 Jahren vor. Sie möchten, dass alle Jugendlichen zwischen 14 und 23 Jahren wahlberechtigt sind und dass auch die Jugendlichen, die in Maulbronn zur Schule gehen, Teil des Jugendgemeinderats sein können. "Hier sollte sich die Gemeinde flexibel zeigen", so Philipp Jakovleski, der darauf hinwies, dass es wichtig sei, alle Jugendlichen, die aufgrund von Vereinen, Schulen und Freundeskreis ihren Lebensmittelpunkt in Maulbronn hätten, einzubeziehen. Es wäre denkbar, dass der Vorsitz des Maulbronner Jugendgemeinderats "in Maulbronner Hände gelegt wird", ergänzte Jule Koschnike.

"Durchschlagskraft des Jugendgemeinderats"

Bürgermeister Felchle äußerte die Befürchtung, dass diese Argumentation die "Durchschlagskraft des Jugendgemeinderats" gegenüber dem Gemeinderat schwächen könnte, wenn der Jugendgemeinderat aus "vielen Auswärtigen" bestehe. Jule Koschnike entgegnete, sie erwarte, dass der Maulbronner Gemeinderat „die demokratisch gewählten Vertreter ernst nehmen können sollte“, auch wenn nicht alle in Maulbronn wohnten. Deshalb nahm Philipp Jakovleski positiv zur Kenntnis, dass sich auch junge Menschen aus den umliegenden Gemeinden am Online-Forum beteiligten. "Es ist schön, dass es so viel Interesse von außerhalb gibt. Ich finde es toll, dass ihr da seid. Danke, dass ihr gekommen seid", sagte Jakovleski.

Vorbehalte gegen beratenden Sitz im Gemeinderat

Unter den "Auswärtigen" waren auch Carla Grönbeck und Naemi Schwing aus Knittlingen-Freudenstein, Schülerinnen des Salzach-Gymnasiums in Maulbronn, die ihr politisches Interesse bekundeten. "Ich verbringe auch außerhalb der Schule viel Zeit in Maulbronn. Deshalb finde ich es wichtig, dass wir uns auch engagieren können", betonte Carla Grönbeck. Die Jugendlichen äußerten gegenüber Bürgermeister Felchle auch den Wunsch, dass der Jugendgemeinderat ein Gewicht in Form eines ständigen beratenden Sitzes ohne Stimmrecht im Maulbronner Gemeinderat erhält. "Damit greifen wir nicht in die Kompetenzen des Gemeinderats ein, denn der Sitz hat kein Stimmrecht", erklärte Jule Koschnike, die sich zuvor bei Jana Freis aus Bretten vom Dachverband des Jugendgemeinderats informiert hatte. Bürgermeister Felchle entgegnete, er könne sich nicht vorstellen, dass der Gemeinderat diesem Ansinnen folgen werde. Er selbst habe auch gewisse Vorbehalte dagegen.

Verpflichtungen und Verantwortung

Felchle erinnerte die Jugendlichen daran, dass sie sich auch bewusst sein müssten, dass der Jugendgemeinderat als kommunales Gremium in der Lage sein müsse, Verpflichtungen nachzukommen und Verantwortung zu übernehmen. Dazu gehöre auch die regelmäßige Anwesenheit bei den Sitzungen, so Felchle. "Aber das macht es ja gerade spannend", sagte der gut gelaunte Bürgermeister und zeigte sich zuversichtlich, dass die Jugendlichen den Jugendgemeinderat "konsequent und mit Ernsthaftigkeit" führen werden.

Erste Sitzung des JGR im September geplant

Am Ende der Sitzung erläuterte Felchle, wie es nun mit der Gründung eines Maulbronner Jugendgemeinderats weitergehen soll. In den nächsten Wochen sollen eine Satzung und eine Wahlordnung ausgearbeitet werden. Der Bürgermeister habe vor, in der Gemeinderatssitzung im April eine „endgültige Entscheidung herbeiführen zu lassen, ob der Gemeinderat einen Jugendgemeinderat haben will". Dann soll nicht nur ein grundsätzliches "Ob" diskutiert und entschieden werden, sondern auch das "Wie". Unter der Voraussetzung, dass die Gründung grünes Licht erhält, soll die Jugendgemeinderatswahl bis Ende Mai organisiert werden. Bis dahin sei die Verwaltung damit beschäftigt, ein Wählerverzeichnis zu erstellen und sich damit zu befassen, wie die Wahlberechtigten ihre Wahlunterlagen erhalten und in welcher Form die Wahl durchgeführt wird. Ende Mai, Anfang Juni, so vermutet Felchle, könnte man die Wahl ausschreiben. Anfang Juli könnte die Wahl dann in Verbindung mit einer "Wahlparty" für die Wahlberechtigten stattfinden. Denkbar wäre Freitag, 8. Juli. Im September will Felchle dann zur ersten Jugendratssitzung einladen. hk

Autor:

Havva Keskin aus Bretten

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