50 Jahre Stadt Kraichtal
„Zusammenhalt ist deutlich zu spüren“
Herr Borho, das Konstrukt Kraichtal wird am 1. September 50 Jahre jung. Wie ist die aus neun Teilen bestehende Stadt in dieser Zeit zusammengewachsen?
Ich glaube, dass sich in den letzten 50 Jahren ein gewisser „Stadtgeist“ herausgebildet hat. Wichtig ist hier, dass dabei nicht das Innenleben der einzelnen Stadtteile verloren geht. Ein gutes Beispiel hierfür sind unsere Vereine, die über die Stadtteilgrenzen hinaus zusammenarbeiten.
Sie sind erst einige Monate in Amt und Würden, haben die Stadt in der Corona-Krise übernommen. Wie lautet Ihr Fazit nach etwas über 100 Tagen als Bürgermeister?
Seit Beginn meiner Amtszeit befinde ich mich im permanenten Austausch, sowohl mit den Kolleginnen und Kollegen innerhalb der Stadtverwaltung und der Eigenbetriebe, als auch mit den Bürgerinnen und Bürgern. Für mich gehört zum Amt als Bürgermeister die Präsenz vor Ort dazu, um hier den Austausch zu suchen. Natürlich war meine Amtszeit bisher von Corona dominiert, allerdings bleibt natürlich das gewöhnliche Verwaltungshandeln nicht stehen. So haben wir in den vergangenen Wochen zum Beispiel Fortschritte in Bereichen wie Verkehr und Kindergartenplätze erreicht. Ich denke, dass man von einem erfolgreichen Start sprechen kann, allerdings möchte ich mir hier nicht anmaßen, selbst über die Leistung urteilen zu wollen, sondern denke, dass eine solche Frage den Kraichtalerinnen und Kraichtalern gestellt werden sollte.
Hinter Ihrem Schreibtisch hängt ein Porträt von Leo Wohleb, Staatspräsident des Landes Baden von 1947 bis 1952, den Sie als eine Art Vorbild bezeichnen. Auf welchen Gebieten ist Wohleb für Sie prägend gewesen?
Diese Frage möchte ich gerne mit einem Zitat Wohlebs aus seiner letzten Rede als Staatspräsident vom 17.05.1952 im Südwestfunk beginnen: „Wenn ich in meiner Amtsführung persönlich jemanden gekränkt haben sollte, so bitte ich das nicht bösen Willen, sondern menschlicher Schwachheit zugute zu halten und zu verzeihen. … Ich scheide in Treue zu Baden und dem badischen Volk, das unser Herrgott segnen möge. Es lebe das badische Volk! Es lebe unsere badische Heimat!“ In diesen Worten, die in der Stunde der größten persönlichen Niederlage und der größten Not gesprochen wurden, findet sich in meinen Augen ein Amtsverständnis wieder, wie es auch noch heute aktuell sein sollte. Das Wissen um eine Berufung in ein Amt, die Erkenntnis der eigenen Fehlbarkeit, die Zurückstellung der eigenen Person hinter das Wohl der Gemeinschaft. Mit hinzu gehört auch die Verinnerlichung der Tatsache, dass wir für unsere Heimat handeln. Hierzu muss ich meine heimische Scholle kennen und wissen um ihre Geschichte, denn nur so kann ich mir ein Bild der Zukunft meiner Heimat machen. Politik kann man nicht vom Zeichentisch oder Schreibtisch aus machen, sie muss vor Ort geschehen, in Gesprächen, Besuchen und Entscheidungen. Mein Ziel ist es, gemeinsam im Austausch mit den Bürgern ein Bürger zu sein. Als Kümmerer der Interessen der Allgemeinheit. Hier ist mir Wohleb Vorbild und ich bemühe mich diesem nachzufolgen.
Was sind für Sie die großen Herausforderungen, mit denen sich die Stadt Kraichtal in den acht Jahren Ihrer Amtszeit auseinandersetzen muss?
Dies sind die großen Kraichtaler Themen, wie die Schaffung von Wohnraum und Gewerbeflächen, die Versorgung mit Kindergartenplätzen und die Problematik der Nahversorgung. Dies ist natürlich nur ein kleiner Überblick über die großen und kleinen Themen, die über das Wohl und Wehe einer Gemeinde wie Kraichtal entscheiden.
Die Fragen stellte Brettener Woche-Redaktionsleiter Christian Schweizer.
Autor:Christian Schweizer aus Bretten |
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