„Es ist wichtig zu wissen, woher man kommt“
Stadträtin Heidemarie Leins liegt die Brettener Geschichte am Herzen
Bretten-Diedelsheim (ger) „Geschichte war schon in der Schule mein Lieblingsfach.“ So begründet Heidemarie Leins ihr Interesse für historische Themen. Geprägt von einem liberalen Elternhaus, in dem jeder Mensch gleich viel wert galt und die Gräuel der Nazizeit nicht unter den Teppich gekehrt wurden, sind es vor allem die Brettener Stadtgeschichte und die Geschichte der Juden, die es ihr angetan haben. Als Sechsjährige kam sie zusammen mit Großmutter und Eltern, die selbst geflüchtet waren, nach Diedelsheim. Ein großes Vorbild war der Bruder ihres Vaters, der während des Zweiten Weltkriegs in Berlin einen Juden versteckt hielt. „Für ihn war das nur menschlich. Er wollte keinerlei Ehrungen dafür annehmen."
Interessante und bewegende Begegnungen mit Menschen
Sie sieht sich in der Nachfolge dieses Onkels, wenn sie mit ihrer Forschungsarbeit ganz konkret zu Familienzusammenführungen beitragen kann. „Wenn Familien aus aller Welt beim Rathaus nach ihren Wurzeln fragen, verweist man sie auf das Archiv und dann auf uns.“ Die Stadträtin und ihr Mann Rüdiger Leins, der sie in allem unterstützt, schätzen vor allem die interessanten und oft auch bewegenden Begegnungen mit Menschen, die diese Tätigkeit mit sich bringt.
Kinderführungen im Melanchthonhaus
Vielseitig ist ihr Engagement für die Stadtgeschichte. Leins ist Gründungsmitglied des Vereins für Stadt- und Regionalgeschichte und brachte zusammen mit Michael Ertz sämtliche Dokumente der Zeitschrift Pfeiferturm zur Badischen Revolution als Buch heraus. „Angesteckt“ vom Brettener Familienforscher Herbert Vogler, halfen sie und ihr Mann ihm 2015 das Ortsfamilienbuch Gölshausen herauszubringen. Im Melanchthonverein ist sie seit vielen Jahren im Vorstand. Neben der Ordnung und Transkription der umfangreichen Dokumentensammlung, um sie für Forschungszwecke zugänglich zu machen, ist die gelernte Bauzeichnerin die Initiatorin von Führungen für Kinder im Melanchthonhaus. „Was ich nicht kenne, kann ich nicht schützen“, sagt sie und zeigt sich überzeugt von der Wichtigkeit, auch den Jungen die Vergangenheit nahe zu bringen.
Bewahren von Bildern und Erinnerungen
Bekannt ist Leins vor allem auch als Vorsitzende des Diedelsheimer Bürgervereins, dessen Aktivitäten sich immer wieder mit der Ortsgeschichte beschäftigen. Für den alljährlichen Bildkalender und die regelmäßigen Ausstellungen im Dorfgemeinschaftshaus und der Alten Schule, letztes Jahr zum Beispiel zum Thema „Kindergärten“, ruft sie die BürgerInnen immer wieder auf, ihre privaten Alben zu öffnen. Das Bewahren von Bildern und Erinnerungen liegt ihr am Herzen. „Bevor man Fotos, Briefe oder Postkarten von Angehörigen wegwirft, darf man sie gerne uns bringen.“ So hat sie jüngst erst das großväterliche Tagebuch einer Brettenerin aus dem 1. Weltkrieg transkribiert, um es „lesbar“ zu machen, und die Angehörigen gebeten, das wichtige Zeitzeugnis nach Gebrauch ins Militärarchiv nach Freiburg zu geben.
Ansprechpartnerin für die Partnerstädte
Immer wieder veröffentlicht Leins ihre Recherchen. Derzeit arbeitet sie an einem Buch über „Jüdische Bürger und Einwohner in Bretten, Diedelsheim und Bauerbach“ und bereitet die Ausstellung „Melanchthon in Europa“ für Hidas, die ungarische Partnergemeinde Diedelsheims, und für die ungarische Partnerstadt Wittenbergs vor. Auch mit den Partnerstädten Brettens ist sie in regem Austausch und fungiert als Ansprechpartnerin. Ein großes Anliegen ist es Heidi Leins, jüngere Generationen für die Geschichte zu interessieren. „Es ist wichtig zu wissen, woher man kommt“, betont sie. Wer Interesse oder Ideen hat sich historisch einzubringen, kann sich gerne an sie wenden.
Autor:Katrin Gerweck aus Bretten |
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