IG Gewand berät Gruppen
Gewand für Peter-und-Paul auf nächstes Level heben
Bretten (ger) „Was zieh ich bloß an?“ Dieser häufig vor vollen Kleiderschränken geäußerte Stoßseufzer hat eine andere Gewichtung, wenn er sich auf das möglichst authentische Gewand für das Peter-und-Paul-Fest (PuP) bezieht. Eine große Hilfe sind hier die Aktiven der Interessengemeinschaft (IG) Gewand. Sie bieten auf Nachfrage eine Beratung für alle Gruppen der Vereinigung Alt-Brettheim (VAB) an, die wissen möchten, welche Art von Kleidung für ihren Beruf und Stand angemessen ist.
Kleidung für Handwerker um 1504
Eine solche Beratung hatten die Seifensieder angefragt und da es sich bei ihnen um den Berufsstand Handwerker handelt, war der Vortrag zum Thema „Kleidung und Ausstattung von Handwerkern um 1504“ für alle Gruppen geöffnet, die sich unter dieser Überschrift zusammenfassen lassen. So präsentierten Linda Obhof, Theresa Farr und Maik Ajhinberger, drei der acht Aktiven der IG Gewand, in der Alten Vogtey am Kirchplatz vor rund 15 Interessierten am Mittwoch, 8. Mai, die Ergebnisse ihrer umfassenden Forschung.
Historische Abbildung als Vorbild
Entlang einer ausführlichen Präsentation mit vielen Bildern erläuterten Linda Obhof und Theresa Farr alles, was die ihnen bekannte Quellenlage zum Handwerkerstand hergibt. Sie erklärten die historischen Hintergründe, zitierten aus Kleiderordnungen aus dem 15. und 16. Jahrhundert und kamen immer wieder darauf zu sprechen, dass es ratsam sei, sich eine historische Abbildung zum Vorbild für das eigene Gewand zu nehmen. Dabei gelte es, nicht nur den zeitlichen Rahmen zwischen etwa 1470 und 1507 zu berücksichtigen – 1507 wandelte sich die Mode grundlegend –, sondern auch die Region. „Italien hat mit uns hier gar nichts zu tun“, verdeutlichte Obhof. Ebenso sei es wichtig, sich über den eigenen Stand klarzuwerden, denn natürlich war der Handwerksmeister anders gekleidet als sein Geselle.
"Modesünden" beim Peter-und-Paul-Fest
So räumten sie mit vielen in Bretten am Peter-und-Paul-Fest vorherrschenden „Modesünden“ auf: Die Oberkleidung war durchgängig aus Wolle und nicht etwa aus Leinen. Die Frauen trugen keine Hüte oder Barette, sondern – sofern sie verheiratet waren – eine Haube. Rock und Bluse waren ganz und gar nicht üblich, ebenso wenig eine übertrieben ausgeformte Schamkapsel, wie sie besonders von jungen Recken der Landsknechte gerne getragen werden. Generell war die Mode relativ anliegend und taillenzentriert.
Wissensschatz wächst ständig weiter
Schon vor acht Jahren, 2016, hat die IG Gewand den Band „Um 1504. Die Kleidung. Grundausstattung“ erstmals herausgegeben. Darin haben die Aktiven die Ergebnisse der eigenen Forschung zur Bekleidung um 1504 im süddeutschen Raum verarbeitet, kombiniert mit Schnittmustern und Nähanleitungen, um all den Peter-und-Paulas einen praktischen Leitfaden für ein authentisches Erscheinungsbild an die Hand zu geben. Seither ist der Wissensschatz der IG ständig angewachsen und wächst noch weiter, was auf der seit 2020 verfügbaren Website www.um1504.de ersichtlich ist.
Digitaler Leitfaden auf Website
Hier finden alle, die ihr Gewand auf ein höheres Level bringen wollen, eine detaillierte Übersicht über Kleidung für Unterschicht, Bauern und Schäfer, Handwerker und Kaufleute, Landsknechte sowie Adel und reiche Bürger vom (Unter-)Hemd bis zum Accessoire. Angereichert ist der immer weiter wachsende Wissensschatz mit Abbildungen aus der Zeit sowie Schnittmustern. Maik Ajhinberger wies bei dem Vortrag auch darauf hin, dass die Aktiven der IG Gewand auch gerne behilflich seien, Schnitte individuell anzupassen. Einen wichtigen Hinweis hatte Linda Obhof zum Schluss noch parat: Auch der Forschungsstand verändere sich, daher könne man mit seiner Ausstattung niemals wirklich „fertig“ sein.
Autor:Katrin Gerweck aus Bretten |
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