Bretten vor Richtungsentscheidung
Klimaschutz braucht Kultur der Beteiligung

Freizeit und Kultur leben von Beteiligung – genauso wie eine zukunftsfähige Stadt.
Wenn aber Strukturen geschaffen werden, die Mitgestaltung versprechen, dann aber vor ihrer Umsetzung abgeschwächt oder entwertet werden, betrifft das nicht nur Verwaltung und Politik – sondern auch das kulturelle Klima vor Ort. Die geplante Umstrukturierung des Klimabeirats wirft genau diese Frage auf: Wie ernst nimmt Bretten die Bereitschaft seiner Bürgerinnen und Bürger, Verantwortung zu übernehmen?

Ein demokratisch beschlossener Klimabeirat vor dem Aus

Am 21. März 2023 beschloss der Gemeinderat der Stadt Bretten auf interfraktionellen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen, der Freien Wählervereinigung (FWV), der SPD und der Aktiven die Einrichtung eines Klimabeirats. Ziel war es, die Bürgerschaft strukturiert und dauerhaft in die lokale Klimapolitik einzubinden. Die dazugehörige Geschäftsordnung wurde am 24. September 2024 verabschiedet. Die erste Sitzung war ursprünglich für den 20. Mai 2025 geplant – wurde aber kurzfristig verschoben.

Nun aber soll dieses demokratisch legitimierte Gremium durch einen sogenannten „Arbeitskreis Klimaschutz“ ersetzt werden – noch bevor es überhaupt zusammentreten konnte. Die Begründung: ein angebliches Verfahrensversäumnis. Die Wirkung: eine strukturelle Schwächung von Transparenz, Fachlichkeit und Beteiligung.

Warum braucht es überhaupt einen Klimabeirat – trotz Gemeinderat?

Ein Gemeinderat trifft Entscheidungen. Doch er ist kein spezialisiertes Fachgremium und kein Ort für kontinuierliche, vertiefte Beratung zu komplexen Themen wie Klimaschutz. Ein Klimabeirat ersetzt keine politische Instanz – er ergänzt sie.

Er bringt Fachwissen aus Energie, Verkehr, Bau, Bildung, Landwirtschaft und Umwelt an einen Tisch. Er vernetzt Stadtgesellschaft, Verwaltung und Politik. Er schafft Transparenz, stärkt Akzeptanz und ermöglicht Kontinuität in langfristigen Strategien. Klimapolitik ist keine rein technische Aufgabe – sie ist ein gesellschaftlicher Transformationsprozess. Ein Klimabeirat ist der Ort, an dem dieser Prozess strukturiert, öffentlich und verbindlich begleitet werden kann.

Was war geplant – und was soll nun kommen?

Mitgliederzahl und Zusammensetzung:
Der Beirat war auf maximal 15 fachlich und gesellschaftlich gezielt besetzte Mitglieder ausgelegt.
Der Arbeitskreis nimmt alle 32 Bewerber*innen auf – ohne klare Struktur oder Auswahlkriterien.
Folge: Die Arbeitsfähigkeit leidet, fachliche Tiefe geht verloren.

Öffentlichkeit der Sitzungen:
Der Beirat sollte öffentlich tagen, als Zeichen demokratischer Transparenz.
Der Arbeitskreis ist grundsätzlich nichtöffentlich.
Folge: Die öffentliche Kontrolle entfällt – Vertrauen, Teilhabe und mediale Begleitung werden erschwert.

Einbindung in politische Entscheidungen:
Empfehlungen des Beirats sollten direkt in Ratsvorlagen einfließen.
Im neuen Modell werden Ergebnisse informell „über die Verwaltung“ weitergegeben.
Folge: Es fehlt die Verbindlichkeit – Vorschläge können folgenlos bleiben.

Strategische Bedeutung:
Der Beirat war als dauerhaftes Bindeglied zwischen Bürgerschaft, Verwaltung und Politik konzipiert.
Der Arbeitskreis bleibt rein beratend – ohne institutionelle Anbindung.
Folge: Klimapolitik verliert an strategischer Kontinuität und Verankerung.

Legitimation und Beteiligung:
Der Beirat beruhte auf einem Ratsbeschluss und einer öffentlich kommunizierten Geschäftsordnung.
Die Umstrukturierung erfolgt ohne neue Beteiligung oder transparente Neuausrichtung.
Folge: Beteiligung wird formal akzeptiert, aber faktisch entwertet.

Fazit:
Was als organisatorische Anpassung erscheint, ist in Wirklichkeit eine strukturelle Schwächung von Beteiligung, Transparenz und Wirksamkeit.

Was steht auf dem Spiel?

  • Weniger Wirkung: Ohne Anbindung an den Gemeinderat bleibt der Arbeitskreis folgenlos.
  • Weniger Transparenz: Nichtöffentliche Sitzungen entziehen die Diskussion der Öffentlichkeit.
  • Weniger Struktur: Eine große Gruppe ohne klares Mandat erschwert produktive Ergebnisse.
  • Ein schlechtes Signal: 32 engagierte Bürger*innen bewarben sich – und landen in einem zahnlosen Format.
  • Ein wiederkehrendes Muster: Frühere Fälle zeigen: Wenn Beteiligung konkret wird, verändert die Stadt die Spielregeln. Die aktuelle Entscheidung reiht sich nahtlos ein.

Was hier geschehen soll, ist kein kleiner Verwaltungsakt –
es ist der faktische Rückbau demokratisch legitimierter Beteiligung unter dem Vorwand technischer Korrektheit.

Was jetzt zu tun ist

  • Öffentliche Sitzungen ermöglichen
  • Rückkopplung an den Gemeinderat verbindlich festlegen
  • Fachlich und gesellschaftlich ausgewogene Besetzung sichern
  • Nach einem Jahr evaluieren: Hat das Gremium Wirkung?

Klimaschutz braucht keine symbolische Beteiligung – sondern belastbare Strukturen.
Eine Stadt, die solche Strukturen schafft und Beteiligung ernst nimmt, stärkt auch ihr kulturelles Fundament. Bretten hat jetzt die Chance, das zu zeigen. Oder es lässt sie verstreichen.

Autor:

Björn Böttle aus Bretten

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