Von geraden Gurken bis zur Orangenmarmelade
600 Schüler aus Bretten informieren sich über die Europawahl

Rund 600 Schülerinnen und Schüler sind zum "Frühstück mit der EU" ins Hallensportzentrum Im Grüner gekommen. | Foto: kuna
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Bretten (kuna) Klimaschutz, Migrations- und Asylpolitik sowie Demokratie: Das sind die drei wichtigsten Themen, die den Schülerinnen und Schülern in Bretten aktuell unter den Nägeln brennen. Das ergab eine Umfrage während der Veranstaltung „Frühstück mit der EU“, die am Mittwochmorgen, 28. Februar, im Hallensportzentrum Im Grüner stattfand.

Teilnahme an Europawahl erstmals ab 16 möglich

Rund 600 Schülerinnen und Schüler sind dabei zusammengekommen, um sich über die bevorstehende Europawahl am 9. Juni zu informieren. Verköstigt wurden sie nicht nur mit Brezeln, sondern auch mit kurzweiligen Informationen rund um die Europäische Union (EU). Das Besondere: In diesem Jahr dürfen in Deutschland erstmals auch junge Menschen ab 16 Jahren zur Wahlurne schreiten.

Zwei Stunden im Zeichen der EU

Initiiert wurde das rund zweistündige Frühstück von dem EU-Gemeinderat Wolfgang Lübeck ("die aktiven") gemeinsam mit dem Europe Direct Zentrum Karlsruhe. Dessen Vertreter, Hannes Lauter, übernahm eine kurze Einführung und erklärte den Schülerinnen und Schülern der Max-Planck-Realschule (MPR), des Melanchthon-Gymnasiums Bretten (MGB), des Edith-Stein-Gymnasiums (ESG) sowie der Johann-Peter-Hebelschule (JPH) mit einem interaktiven Quiz, bei dem jeder per Handy teilnehmen konnte, welchen Einfluss die EU eigentlich auf das alltägliche Leben hat.

Nur Orangenmarmelade ist auch wirklich Marmelade

Dabei kam heraus: Nur die wenigsten wussten, dass nur Orangenmarmelade auch wirklich als "Marmelade" im Supermarkt verkauft werden darf. Dies gehe auf die sogenannte Frühstücksrichtlinie zurück, die von dem ehemaligen EU-Mitglied Großbritannien angestoßen wurde, erläuterte Lauter. Demnach dürfen nur Aufstriche aus Zitrusfrüchten so bezeichnet werden, da der englische Begriff "marmalade" traditionellerweise britische Orangenmarmelade bezeichnet.

Gerade Gurken setzen sich durch

Für viele skurril und Ausdruck eines regelrechten Regulierungswahns mag auch die "gerade Gurke" sein. Ihr Krümmungsgrad wurde mittels einer EU-Richtlinie geregelt, so Lauter. Dies sei mitnichten eine Idee einiger realitätsferner EU-Beamten, sondern der Wunsch von Handelsverbänden gewesen. „Die Gurken kann man so leichter und dadurch auch mehr transportieren, was auch umweltschonender ist“, erklärte Lauter. Er verwies zugleich darauf, dass es die Richtlinie seit 2009 nicht mehr gibt. „Im Gemüseregal findet man aber noch viele gerade Gurken – die Form hat sich also bewährt“, resümierte er.

Weitere Beispiele, wie die EU das Leben vereinfacht, seien die Regelungen zum einheitlichen Ladekabel – ab Ende 2024 soll USB-C für Ladebuchsen der Standard sein – oder die Abschaffung der Roaming-Gebühren seit 2017.

Frieden in der Europäischen Union

Weitaus schwerer wiegt jedoch die Errungenschaft des Friedens in der EU. Seit der Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) in den 1950er Jahren, einem Vorläufer der heutigen EU, habe es keinen Krieg mehr in Deutschland gegeben. Für ganz Europa gelte das aber nicht, stellte Lauter heraus, der auf die Balkankriege in den 1990ern, den Krieg in Georgien 2008 sowie die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen der Ukraine und Russland, angefangen mit der Annexion der Krim in 2014, verwies. "Auch diese Länder wollen der EU beitreten", meinte Lauter und verwies auf die „Kopenhagener Kriterien", die den Beitritt eines Staates in die Europäische Union regeln.

Jugendprogramme der EU nutzen

Extra aus Brüssel angereist war Julia Tief von der EU-Kommission. Als Mitarbeiterin der Generaldirektion Bildung, Jugend, Sport und Kultur, stellte sie verschiedene EU-Programme für junge Menschen vor, darunter Erasmus+, das Europäische Solidaritätskorps und DiscoverEU. Sie warb dafür, diese Programme zu nutzen, da sie nicht nur die Chancen auf einen guten Job verbessern würden, sondern auch dazu beitragen, das eigene Netzwerk zu erweitern und das kulturelle Bewusstsein zu stärken.

Nicht nur demonstrieren, sondern auch wählen

In einer anschließenden Podiumsdiskussion mit Julia Tief, Markus Thomas vom Regierungspräsidium Karlsruhe (in Vertretung für die Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder) und dem Jugendgemeinderat Simon Merl, wurden die Interessen der Brettener Jugend vertieft. Merl verwies darauf, dass die jungen Menschen in der Melanchthonstadt sowohl an regionalen als auch an überregionalen Themen interessiert seien. Dabei erinnerte er an die jüngsten Demonstrationen gegen Hass und Hetze und schloss dem seine Forderung an, nicht nur zu demonstrieren, sondern auch wählen zu gehen, was mit großem Applaus seitens der versammelten Schülerschaft bedacht wurde.

Gut ausgebildet, aber mit Herausforderungen konfrontiert

Markus Thomas ergänzte als drängende Herausforderungen der Gegenwart die Gesundheitspolitik und Mobilität, während Julia Tief meinte, dass die jungen Menschen zu einer Generation gehörten, die am besten ausgebildet und technikaffin sei, zugleich aber vor vielen Herausforderungen stehe. Die Corona-Pandemie und die jüngsten Kriegsereignisse würden nicht nur die persönliche Entwicklungsmöglichkeit, sondern auch die mentale Stabilität vieler junger Menschen beeinträchtigen.

Schüler greifen brisante politische Fragen auf

Die Fragen aus den Zuschauerreihen griffen nicht nur die Europawahl, sondern auch andere brisante politische Themen auf. "Wieso zahlen wir so viele Agrardiesel-Subventionen?", wollte ein Schüler wissen. Diese Frage blieb jedoch unbeantwortet, da keiner der Teilnehmenden sich als Experten für das Gebiet betrachtete.

Auch Gemeinderat und Jugendgemeinderat stehen zur Wahl

Die weniger ernst gemeinte Frage "Warum sind die Dönerpreise so hoch?" wusste Merl dagegen geschickt als Werbung für die anstehenden Wahlen zu nutzen. Denn neben dem Europäischen Parlament werden am 9. Juni auch der Gemeinderat und der Jugendgemeinderat gewählt. "Wenn man will, dass Bretten Döner subventioniert, kann man dies im Jugendgemeinderat einbringen", erklärte Merl mit einem Schmunzeln.

Beste Vertretung der eigenen Interessen wählen

Ernst wurde es dann wieder, als ein Schüler Merl danach befragte, nach welchen Kriterien er bei der Wahl vorgehen solle. "Ich habe vorher noch nie gewählt", meinte er. Merl, der Mitglied der CDU ist, erklärte: "Jeder sollte das wählen, was die beste Vertretung der eigenen Interessen ist." Um eine geeignete Partei zu finden, gelte es natürlich, sich vorher zu informieren oder den Wahl-O-Mat zu nutzen, den es für die Europawahl geben wird.

Europawahl erstreckt sich über vier Tage

Wählen, erläuterte Lauter, könne in Deutschland jeder EU-Bürger ab 16 Jahren. "Vorher bekommt man seine Wahlunterlagen mit langen Listen, etwa 40 Parteien standen das letzte Mal darauf", so Lauter. Anders als bei den Bundestagswahlen würde es bei der Europawahl keine Fünf-Prozent-Hürde geben. "Die Wahl verteilt sich in der EU über vier Tage, in Deutschland ist klassischerweise am Sonntag Wahltag", so der junge Moderator. In den Niederlanden würde man dagegen bereits am Donnerstag, 6. Juni, wählen. Die Ergebnisse stünden aber für alle erst am Sonntagabend, 9. Juni, fest.

Autor:

Kathrin Kuna aus Bretten

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