Die Bürgerinitiativen BIVEB und BIPS nehmen Stellung zu Fragen rund um die geplante Südwestumfahrung
Eine Umgehung - zwei Meinungen

Thomas Peschel und Thomas Holland-Cunz (oben und unten links) beantworteten die Fragen für die BIVEB und Stadtrat  (oben rechts) und Gunter Lange die Fragen für die BIPS.  | Foto: Thomas Holland-Cunz, Aaron Treut
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  • Thomas Peschel und Thomas Holland-Cunz (oben und unten links) beantworteten die Fragen für die BIVEB und Stadtrat (oben rechts) und Gunter Lange die Fragen für die BIPS.
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Bretten (swiz/bea) Die Diskussion zum Thema "Südwesttangente Ortsumfahrung Bretten" köchelt seit Monaten vor sich hin und entlädt sich immer wieder in heftigen Diskussionen zwischen Gegnern und Befürwortern der geplanten Trasse. Als Hauptakteure haben sich inzwischen die "Bürgerinitiative Verkehrsentlastung Bretten" (BIVEB) als Gegner und die "Bürgerinitiative Pro Südumfahrung" (BIPS) als Befürworter hervorgetan. Die Brettener Woche hat die Vertreter der beiden Initiativen nun zu einigen Fragen bezüglich der geplanten Umgehung um Stellungnahmen gebeten.

Die Südwestumgehung soll in erster Linie die Stadt Bretten vom Pkw- und Lkw-Verkehr entlasten. Wird die Umgehungsstraße dies leisten können und warum?

BIVEB: Die Umfahrung ist eine vom Bund finanzierte Maßnahme zur Entlastung der Autobahn. Mit der Realisierung soll Autobahnverkehr von der A8/Karlsruher Dreieck/A5 auf eine ertüchtigte Abkürzungsstrecke von Bauschlott über Bretten nach Bruchsal umgelenkt werden. Damit geht es in erste Linie nicht um die Entlastung von Bretten, aber um möglichen Mehrverkehr von zusätzlich mindestens 7.200 Fahrzeugen pro Tag (Köhler & Leutwein: Südumfahrung 11.100 Fahrzeuge in 24 Studen mehr, abzüglich 3.900 Fahrzeugen in 24 Stunden maximale Entlastung im Bereich Wilhelmstraße). Von einer Südwestumgehung ist keine spürbare Entlastung der Innenstadt zu erwarten, da die wesentlichen Ursachen für die Verkehrsbelastung im Quell-, Ziel- und Binnenverkehr liegen. Die geplante Umgehung hat von den bisher diskutierten Varianten die geringste Entlastungswirkung. Unser Ziel ist es, durch wirksamere Entlastungsmaßnahmen auf Basis des Mobilitätskonzeptes mit möglichst wenig Naturverbrauch den Verkehr in Bretten zu reduzieren.

BIPS: Eindeutig ja. Laut Gutachten nimmt die Südumfahrung 11.100 Kfz auf. 3.000 davon kommen zusätzlich aus den bisherigen Schleichwegen der Umgebung südlich von Bretten und entlasten dort. Die übrigen 8.100 Kfz stellen die Entlastung der Kernstadt dar. Mit dieser Entlastungswirkung war dies dem Bund die Aufnahme in die vordere Dringlichkeit des Bundesverkehrswegeplans wert. Dies stellt aber nur den täglichen Normalfall dar. Bei Unfällen und Staus auf der A8 nimmt die Umgehung zusätzlich den Ausweichverkehr auf und verhindert dadurch Staus durch Bretten. Sie leistet einen elementaren Umweltbeitrag durch verringerten Schadstoffausstoß in der Kernstadt, denn jedes Stopp-and-Go wie beim Schwerlastverkehr wirkt sich belastend auf das städtische Klima aus.

Sehen Sie Alternativen zu der geplanten Südwesttangente als Umgehungsstraße für Bretten und warum?

BIVEB: Zum einen bleibt der Gedanke, zugunsten des Klimaschutzes auf eine weitere Flächenversiegelung durch eine Neubautrasse gänzlich zu verzichten und auf der Bestandsstrecke ergänzende Maßnahmen umzusetzen. Wenn laut Verkehrsprognosen der Verkehr nur noch moderat zunimmt, lässt sich auch keine Neubautrasse damit begründen. Das Ziel lautet aus unserer Sicht, Verkehrsentlastung statt Umgehung um jeden Preis. Natürlich bestehen auch Umgehungsalternativen, die aber auch einer genaueren Untersuchung bedürfen. Eine Alternative sieht die BIVEB beispielsweise in einer Ostumfahrung durch Untertunnelung der Scheuerwiesen. Der Vorteil dieser Ostumfahrung besteht auch darin, große Trassenteile auf Bestandsstraßen führen zu können. Gleichlautend mit BUND/LNV und NABU fordert die BIVEB eine ebenso detaillierte Prognose einer Ostumfahrung mit Abwägung aller Aspekte, insbesondere des Flächenverbrauchs.

BIPS: Nein, die Südumgehung ist inzwischen alternativlos. Bei den Verkehrsuntersuchungen von 1987 und 2008 im Auftrag des Regierungspräsidiums Karlsruhe und der Stadt wurden 22 beziehungsweise sieben Netzfälle untersucht. Darunter auch zwei Ostumfahrungen. Für die Umfahrung B293 Gölshausen waren die Nordumgehung und für die Umgehung Bretten die Südumfahrung oder die Westtangente Rechberg die effektivsten. Im jetzigen Gutachten wird dargelegt, warum heute die Südumfahrung Vorteile hat. Sie entlastet den jetzt hochbelasteten Alexanderplatz um 5.000 Kfz und ermöglicht eine Linksabbiegespur nach Diedelsheim. Weiterhin wird das Durchfahrtsaufkommen nach Bruchsal und Karlsruhe aus der Stadt heraus genommen. Das ermöglicht Bretten einfacher ein Mobilitätskonzept, eine Gartenschau, zusätzlichen Radwegebau und weitere Parkanlagen zu bauen.

Die Zahlen aus der bereits vorliegenden Verkehrsuntersuchung des Regierungspräsidiums Karlsruhe werden unterschiedlich interpretiert. Aus Ihrer Sicht: Wie viele Autos und Lkw werden von der aktuell geplanten Südwesttangente aus der Stadt gezogen und warum?

BIVEB: Die Einschätzung der BIVEB basiert auf den Daten der Verkehrsuntersuchung Koehler & Leutwein 2020 nach intensiver Analyse der Belastungspläne für das Jahr 2035. Am Beispiel der Wilhelmstraße und dem Modehaus Röther als am höchsten belasteten Messpunkt lässt sich daraus die Entlastung für das Jahr 2035 bestimmen. Im Vergleich zur Beibehaltung der Bestandstrasse ergibt sich durch den Bau einer Südumfahrung eine Reduzierung des Gesamtverkehrs um 16,6 Prozent. Das ist von sechs Fahrzeugen ein Fahrzeug, das zukünftig die Umfahrung nutzt. Es zeigt sich also, dass die geplante Südumgehung für die Entlastung des innerstädtischen Verkehrs nur wenig geeignet ist.

BIPS: Da elektronisch nach Kennzeichen und nicht nach Fahrzeugarten erfasst wurde, kann keine Lkw-Angabe gemacht werden. Es werden 8.100 Kfz aus der Innenstadt abgezogen. Die drei Zählstellen im Süden und die zwei Zählstellen vor Gondelsheim und Dürrenbüchig zählten 5.380 Kfz im Durchgangsverkehr, der auf die Umgehung verlagert wird. Die übrigen 2.720 Kfz sind Ziel- und Binnenverkehr, der von der Umgehung angezogen wird, zum Beispiel aus den südlichen Wohngebieten Brettens nach Karlsruhe, Bruchsal, Diedelsheim und so weiter. Von den die Stadt Bretten in Nord-Süd-Richtung durchfahrenden 1.520 Kfz lassen sich noch die Lkw durch ein Durchfahrtsverbot auf die Südumgehung zwingen. Jedoch wissen wir aus der Güterverkehrsprognose des Bundes von 2010, dass die Straßengüterverkehrsleistung bis 2030 ab heute noch um circa 15 Prozent steigt. Vorausgesetzt, dass der Anteil von Schiene und Wasser wie gewollt gesteigert werden kann.

Welche Auswirkungen hätte der Bau der Südwesttangente aus Ihrer Sicht auf Natur- und Landwirtschaftsflächen?

BIVEB: Der Klimawandel hat eingesetzt. Im November 2020 hat der Gemeinderat der Einführung einer Klimaschutzstrategie für Bretten zugestimmt. Die weitere Versiegelung von Natur und Nutzflächen durch die Umwandlung in Verkehrs-, Siedlungs- und Gewerbeflächen sind Maßnahmen, die dem Klimaschutz entgegenwirken. Allein das nahezu 3,5 Kilometer lange Asphaltband der Umgehung zerschneidet bestehende Biotopverbünde und Großsäugerquerungen und führt bei einer Breite von elf Metern zum Verlust von annähernd 40.000 Quadratmetern fruchtbarem Naturraum. Eine Tunnellösung in offener Bauweise verursacht Zerschneidung und Zerstörung auf dem Rechberg-Rücken durch einen Graben von circa 26 Metern Tiefe und 46 Metern Breite. Einen Graben dieses Ausmaßes zu renaturieren, nimmt Jahrzehnte in Anspruch, eine Wiederherstellung der jetzigen Qualität als FFH-Gebiet (Europäisches Schutzgebiet für Natur und Landschaft; Anm. d. Red.) scheint ausgeschlossen. Wenn überhaupt ein Eingriff erfolgen sollte, fordert die BIVEB die maximale Streckenuntertunnelung mittels Tunnelbohrung.

BIPS: Gegenüber der ursprünglich angedachten Planung bei 400 Metern Tunnellänge wird der Flächenverbrauch durch jetzt 850 Meter Tunnellänge deutlich geringer. Die Straße liegt dann mit weniger Böschungen besser im Gelände und verbraucht auf 850 Metern keine Naturfläche. Da sowohl das FFH- als auch das Landschaftsschutz-Gebiet untertunnelt werden, bleibt die 850 Meter breite Grünbrücke zum Rinklinger Wald erhalten. Da beim Bau gesetzliche Vorgaben eingehalten werden müssen, ist auch die Errichtung eines Lärmschutzes oder das Aufbringen von Flüsterasphalt notwendig. Selbstverständlich kämpfen wir dafür, den Eingriff in die Natur gering zu halten und möglichst wenig Landschaft zu zerschneiden oder zu verändern. Eine Verlängerung des Tunnels liegt uns daher sehr am Herzen, 450 zusätzliche Meter sind bereits geschafft, wir kämpfen für mehr und zählen dabei auf die Unterstützung der BIVEB.

In eigener Sache:

Ursprünglich war in diesem Artikel auch eine Umfrage für unsere Leser eingebaut. Wie sich zwischenzeitlich herausgestellt hat, war es bei dieser Umfrage allerdings möglich, mehrfach abzustimmen. Da diese fehlerhafte Programmierung das Ergebnis der Umfrage natürlich verfälscht hätte, mussten wir die Umfrage von der Seite nehmen. Wir bitten dafür um Verständnis. 
Ihr kraichgau-news-Team

Autor:

Beatrix Drescher aus Bretten

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