Protestaktion der Einzelhändler in der Brettener Innenstadt
„Es ist alles sehr vage, was uns noch erwartet“

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Bretten (hk) Die Einzelhändler in Bretten stecken in einem Dilemma. Auf der einen Seite müssten sie Ware für den Herbst und Winter bestellen. Auf der anderen Seite sind ihre Lager wegen der coronabedingten Schließung der Läden voll. Symbolisch für ihre liegengebliebene Lagerware haben sie daher am Montagvormittag, 1. Februar, braune Pakete vor die Türen ihrer Geschäfte gestellt und rosafarbene Plakate in die Höhe gehalten. Die Aktion mit dem Motto "Wir gehen mit_unter" ist als Hilferuf zu verstehen und soll auf die gravierenden Folgen des „Lockdowns“ für die Einzelhändler aufmerksam machen. Bei dem Spruch handelt es sich um ein Wortspiel des Aktionsbündnisses „Freundschaftsdienst“ (www.freundschaftsdienst.eu), das die bundesweite Aktion auf die Beine gestellt hat. Initiatoren der Brettener Protestaktion sind Andreas Drabek, Heike Böhm und Agathe Pohl von der Interessengemeinschaft Brettener Innenstadt (IGBI).

Protestaktion soll Gehör verschaffen

„Wir haben die Hoffnung nicht verloren, dass wir ab dem 15. Februar unser Geschäft wieder öffnen können“, sagt Pohl, Mitinhaberin des Uhren- und Schmuck-Geschäftes „tic… tac… Pohl“, in der Fußgängerzone. Viel länger hielten es die kleinen Einzelhändler und die Solo-Selbstständigen, egal in welcher Branche, nicht aus. Auch ihre Kunden würden hoffen, dass bald wieder ein Stück Normalität einkehre und „dass es mit dem Impfen in diesem Leben auch noch klappt“, erzählt Pohl mit einem Lachen. Bei der bundesweiten Aktion gehe es allerdings nicht darum, die Corona-Beschränkungen infrage zu stellen, sondern um den konkreten Forderungen der Einzelhändler Gehör bei der Landes- und Bundesregierung zu verschaffen, schildert Andreas Drabek gegenüber der Brettener Woche/kraichgau.news. Diese lauten: Versprochene finanzielle Hilfen schnell erhalten, unbürokratischer Antrags- und Genehmigungsprozesse, faire und angemessene Ausgleichszahlungen und ein konkretes Wiedereröffnungsszenario für den Einzelhandel.

Achim Hofsäß (Blickfang): „Diese Aktion finde ich sehr wichtig für den Zusammenhalt der Einzelhändler in Bretten und natürlich als Signal für die Politiker: Es wird nämlich langsam eng für uns. Wir wünschen uns, dass die Politik uns nicht vergisst. Es ist so, dass überhaupt keine Hilfsgelder fließen. Das gilt ja nicht nur für den Einzelhandel, sondern auch für die Gastronomie, die Solo-Selbständigen, die Kulturschaffenden. Man hat das Gefühl, dass es immer wieder Rückschritte gibt und dass nicht nach vorne gesehen wird. Bestimmt fragt sich der eine oder andere, ob die Aktion was bringt. Aber zuhause auf dem Sofa sitzen und nichts zu tun – das ist der falsche Weg.“
  • Achim Hofsäß (Blickfang): „Diese Aktion finde ich sehr wichtig für den Zusammenhalt der Einzelhändler in Bretten und natürlich als Signal für die Politiker: Es wird nämlich langsam eng für uns. Wir wünschen uns, dass die Politik uns nicht vergisst. Es ist so, dass überhaupt keine Hilfsgelder fließen. Das gilt ja nicht nur für den Einzelhandel, sondern auch für die Gastronomie, die Solo-Selbständigen, die Kulturschaffenden. Man hat das Gefühl, dass es immer wieder Rückschritte gibt und dass nicht nach vorne gesehen wird. Bestimmt fragt sich der eine oder andere, ob die Aktion was bringt. Aber zuhause auf dem Sofa sitzen und nichts zu tun – das ist der falsche Weg.“
  • hochgeladen von Havva Keskin

„Frage mich, wie die Prioritäten gesetzt werden“

„Die Hilfen werden sicherlich kommen – aber wann denn nun?“, so Drabek. Aktuell sei den Einzelhändlern bereits die sogenannte „Überbrückungshilfe III“ in Aussicht gestellt worden. Doch welche Voraussetzungen Unternehmen erfüllen müssten, damit sie antragsberechtigt sind oder die Sorge über Rückzahlungen würden bei vielen für Stirnrunzeln sorgen. Der Einfachheit halber schlägt Drabek vor, dass gewisse Dinge pauschalisiert werden sollten. „Damit wäre mit Sicherheit jedem geholfen, auch wenn ein paar Euro weniger ankommen“, so Drabek. Kein Verständnis hat der Inhaber des „Modehaus Martin“, dass die Bundesregierung – während der mittelständische Handel durch die Corona-Pandemie in Schieflage gerät – dem angeschlagenen Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof mit fast einer halben Milliarde Euro und relativ unbürokratisch zu Hilfe komme. „Da frage ich mich, wie die Prioritäten gesetzt werden“, ärgert sich Drabek.

„Müssen diesen steinigen Weg nicht gehen“

Eine weitere und durchaus spezielle Problematik in Bretten ergebe sich durch die geplante Bebauung der Sporgasse. Zusätzlich zur Corona-Pandemie müsse man im Sommer als Einzelhändler befürchten, dass Kunden von einer Großbaustelle abgeschreckt würden. Hinzu kommen die Umbauarbeiten an der Sparkasse auf dem Engelsberg, die über zwei Jahre anberaumt sind (wir berichteten) sowie die Sanierung des Melanchthon-Gymnasiums, wodurch wichtige Zubringerstraßen in der Innenstadt überlastet werden. „Die Pandemie ist ja sowieso schon ein großer Unsicherheitsfaktor. Wenn die Stadtverwaltung diese Bau-Projekte nun unkoordiniert auf uns schießt, überstehen wir Einzelhändler das nicht“, ist sich Drabek sicher. Deshalb fordert er einen Plan, wie die Stadtverwaltung die Baustellen in der Innenstadt managen will. Wichtig zu klären sei auch, wie man Ersatzparkplätze für die Kunden der Einzelhändler erhalten oder schaffen kann. "Unsere Ideen, wie man während der Sporgassen-Bebauung Stellflächen schaffen kann, werden mit den zusätzlichen Baustellen ab absurdum geführt", sagt Drabek. Suboptimal bei der ganzen Sache sei die mangelnde Kommunikation seitens des Rathauses. "Aus der Erfahrung der letzten Jahre ist unser Vertrauen in die Verwaltung bei null."
Hinsichtlich der Sporgassen-Bebauung wolle er eine klare Aussage darüber, wie viele Fachärzte in das geplante Dienstleistungszentrum kommen würden. Und es müsse diskutiert werden, ob man die Baustelle nicht um zwei Jahre verschieben könne. „Wenn nur zwei Arztpraxen kommen und ansonsten keine Frequenzbringer, dann müssen wir diesen steinigen Weg nicht gehen“, betont Drabek und ergänzt: „Es ist alles sehr vage, was uns Einzelhändler noch erwartet.“

Autor:

Havva Keskin aus Bretten

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