Gemeinderat Bretten beschließt Haushalt 2018: Viel investieren und weiter sparen

Der Brettener Haushaltsplan für 2018 ist unter Dach und Fach: Nahezu geschlossen - bei nur einer Gegenstimme - gaben die Stadträte dem umfangreichen Zahlenwerk am Dienstagabend ihren Segen.

BRETTEN (ch) Der Brettener Haushaltsplan für 2018 ist unter Dach und Fach: Nahezu geschlossen - bei nur einer Gegenstimme - gaben die Stadträte dem umfangreichen Zahlenwerk am Dienstagabend ihren Segen.

OB: „Ein gutes Konzept für die Zukunft“

Damit wurde zugleich die bei der vorangegangenen Haushaltsklausur zwischen Stadtverwaltung und Fraktionen ausgehandelte Marschrichtung für das laufende Jahr festgezurrt. Vor der Abstimmung nahmen sich Verwaltung und Fraktionen etwa zwei Stunden Zeit, um in mehr oder weniger ausführlichen Stellungnahmen nochmals ihre eigene Position darzustellen. Oberbürgermeister Martin Wolff bescheinigte den Planungen für dieses Jahr in seiner Haushaltsrede, sie seien „ein gutes Konzept für die Zukunft von Bretten und seinen Bürgerinnen und Bürgern“. Auf einen Punkt gebracht: „Konsequent wird weiter modernisiert, saniert, investiert und konsolidiert.“ Ein Leitsatz, den Kämmerer Wolfgang Pux nochmals mit Zahlen unterlegte.

Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen

Die Fraktionen hingegen hoben trotz letztendlich mehrheitlicher Zustimmung teils sehr gegensätzliche Schwerpunkte hervor. Während CDU, SPD und FDP/Bürgerliste zwecks Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen auf neue Gewerbeflächen, insbesondere durch rasche Ausweisung des siebten Abschnitts des Industriegebiets Gölshausen, drängten, lehnten die Freien Wähler Ausweisungen neuer Gewerbegebiete „in den weiteren Ortsteilen“ ab, „weil sie zu teuer für den Unternehmer sind“, wie die FWV-Fraktionsvorsitzende Heidemarie Leins sagte. Grünen-Fraktionschef Otto Mansdörfer meinte, Flächenreserven könnten auch durch Reduzierung von Stellplätzen gewonnen werden, wenn mehr Beschäftigte mit dem Rad zur Arbeit kämen. Aktiven und FDP wiederum betonten die Stärkung der Innenstadt, wobei Aktiven-Rednerin Ariane Maaß auch in der Ost- und Weststadt noch Förderpotenzial sah.

Bezahlbarer Wohnraum und Familienangebote

In der Forderung nach mehr bezahlbarem Wohnraum waren sich die meisten Redner einig. In neuen Baugebieten, auch in den Ortsteilen, sollten laut SPD und FWV Mehrfamilienhäuser eingeplant werden. FWV wie FDP unterstützten mehr oder weniger direkt den Grünen-Vorschlag, über ein kommunales Wohnungsbauförderprogramm Anreize zu setzen. Den Standort am Knittlinger Berg in Gölshausen lehnte SPD-Rednerin Birgit Halgato jedoch „grundsätzlich“ wegen des nicht geeigneten Wohnumfelds ab. Dagegen sah FDP-Sprecherin Karin Gillardon in Verhandlungen über eine Verlagerung des dortigen Gewerbebetriebs die Lösung. Auch in ihren Angeboten an Familien unterschieden sich die Fraktionen. Die hohen Ausgaben für Kinderbetreuung und Schulen, darunter auch die MGB-Sanierung, wurden überwiegend als gute Zukunftsinvestition gelobt. Allerdings sähen die Grünen gerne auch ein „Konzept der regionalen Schulentwicklung“ und die SPD beklagte die Ablehnung ihres Antrags auf einkommensbezogene Kindergartenbeiträge. Heidemarie Leins wies auf die Verdoppelung der Jugendförderung bei den Vereinen hin und verteidigte wie CDU-Fraktionschef Günter Gauß einen Zuschuss an den Jazzclub.

Stadtteile und Stadtfinanzen

Eine CDU-FWV-Allianz wurde auch bei der Förderung der Stadtteile erkennbar, was sich in der Erhöhung ihrer Budgets und Sonderhaushaltsmittel niederschlagen wird. Dass Gebühren- und Steuersätze für die Bürger unverändert bleiben, fanden alle erfreulich. Aber schon die von der Verwaltung herausgestellte weitere Konsolidierung der Stadtfinanzen durch Verzicht auf Neuverschuldung und Fortsetzung des Schuldenabbaus sahen die Redner wieder unterschiedlich. Während Heidemarie Leins das „Erfolgsmodell der ersten Amtszeit von OB Wolff“ mit Halbierung der Schulden lobte, machten FDP und Linke-Stadtrat Hermann Fülberth eine Gegenrechnung auf: Unter Einbeziehung aller städtischen Beteiligungen und Bürgschaften liege die Prokopfverschuldung mehr als vier Mal so hoch. Allerdings, so relativierte Karin Gillardon, stünden dem hohe Vermögenswerte gegenüber.

Bauinvestitionen und Breitbandausbau

„Überall, wo Baukräne stehen, geht´s voran“, Bretten sei wieder eine richtige Baustadt geworden, hatte der OB in seiner Haushaltsrede verkündet. Auch da fiel das Echo zwiespältig aus. CDU und FWV nannten die Einschaltung des erfahrenen Städteplaners Professor Baldauf bei der Sporgassenplanung „richtig“ und verteidigten das dort geplante Ärztehaus. Günter Gauß äußerte jedoch Zweifel, ob sich Bretten dort eine Mediathek leisten könne, während Karin Gillardon eben dafür plädierte. Dafür vermisste sie eine Planungsrate für Grunderwerb. Und während Gauß den OB beim Breitbandausbau der Innenstadt beim Wort nehmen will, mahnte Leins – ganz im Sinne des Rathauschefs -, erst alle Angebote privater Investoren zu prüfen.

Personalaufstockung

Dass die Verwaltung mit einer Personalaufstockung um 21 auf insgesamt 280 Stellen die Umsetzung der vielen Bauprojekte sichern will, wurde meist begrüßt. Denn im Vergleich zu anderen Städten liege Bretten bei den Personalausgaben pro Einwohner „am hinteren Ende“, so der OB. Die Grünen hätten sich jedoch noch eine Grünplanerin gewünscht und Linke-Stadtrat Fülberth warf der Verwaltung unter anderem Fehlentscheidungen bei Führungskräften vor.

Verkehrsentlastung

Beim Thema Verkehr traten die Meinungsverschiedenheiten deutlich zutage. Anders als die CDU, die für die große Südumfahrung eintritt, will die SPD „keine Entlastung nur für die Autobahnen“. Während für die Grünen das mehrheitlich unterstützte Mobilitäts- und Verkehrskonzept für Bretten „die Verkehrswende“ fördern muss, spottete CDU-Fraktionschef Gauß: „Wenn Bretten eine Fahrradstadt würde, würde sich vielleicht auch die Einrichtung einer unfallchirurgischen Praxis auf dem Schneiderparkplatz lohnen.“

Kritik an Verwaltung, Gemeinderat und Bürgern

Über den engeren Sachbezug hinaus machten sich einige Stadträte auch grundsätzlichere Gedanken. Während Günter Gauß vor „Übermut“ bei freiwilligen Leistungen warnte und Birgit Halgato für „Ruhe“ und ein „konstruktives Miteinander“ warb, hat Ariane Maaß „von den vielzitierten Gräben im Gemeinderat“ nach eigener Aussage „nichts verspürt“. Im Gegenteil, über manche Begebenheiten sei „auch gelacht“ worden. Otto Mansdörfer wiederum kritisierte die Debatten- und Beschlusskultur im Rat nach dem Prinzip „Neue Sitzung – alles zurück auf Los“, die den Bürgern „Unsicherheit und Orientierungslosigkeit“ signalisiere. Dagegen empfahl er, sich in Sachfragen künftig stärker abzusprechen, Ziele zu vereinbaren und diese gemeinsam zu verfolgen. Dann könne die Verwaltung auch nicht wie bei der letzten Haushaltsklausur so viele der insgesamt 37 von den Fraktionen gestellten Anträge „kalt lächelnd vom Tisch wischen“. Im Gegensatz jedoch zu Hermann Fülberth, der die Verwaltungsspitze wegen der nur teilweisen Offenlage eines Organisationsgutachtens angriff, nahm Heidemarie Leins die geringe Zuhörerzahl im Saal in den Blick. „Für wen schreiben wir unsere Haushaltsrede?“ fragte sie in die Runde und gab selbst die Antwort: „Eigentlich für Sie als Bürger.“ Ihr Rat: „Anpacken, sich in der Bürgerfragestunde äußern oder mit Gemeinderäten in Kontakt treten, das wäre für viele Probleme oder Problemchen die Lösung. Sachlichen Argumenten wird sich niemand verschießen.“ Und appellierend fügte sie hinzu: „Überlassen Sie das Feld nicht den ewigen Nörglern.“

Lesen Sie auch die Stellungnahmen der Stadträtinnen und Stadträte zum Haushalt 2018 im Originalzitat

Autor:

Chris Heinemann aus Bretten

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