Kommentar zum „Corona-Café“ auf dem Marktplatz in Bretten
Ideologie verdrängt Dialog

Foto: blende11.photo - stock.adobe.com

Seit dieser Woche gelten in Baden-Württemberg erneut verschärfte Corona-Regeln. Wer beispielsweise auf Länder wie Frankreich, Spanien oder Italien blickt, sieht, dass es dort im Verlauf der Pandemie schon weitaus größere Einschränkungen für die Bevölkerung gab. Und auch unsere Mediziner fordern nicht erst seit gestern schärfere Maßnahmen. "Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste", lautet eine Redensart. Das gilt auch im Umgang mit einem neuen Virus und dessen Mutationen. Gesundheit ist ohne Frage unser höchstes Gut. Bei der Umsetzung der Maßnahmen dürfen jedoch nicht Menschlichkeit und Rationalität aus dem Fokus geraten.

Dazu gibt es unterschiedliche Meinungen und das ist grundsätzlich gut. Die Kundgebung der Initiative "gemeinsam" auf der Sporgasse in Bretten hat gezeigt, dass Meinungen konstruktiv geäußert, persönliche Erfahrungen vorgebracht und nachvollziehbare Lösungen gefordert werden können. Gleichzeitig wurde scharfe Kritik an der Corona-Politik des Landes und des Bundes ausgeübt und es wurde verdeutlicht, dass viele Antworten einfach fehlen. Einzelhandelsgeschäfte müssen schließen, während sich Menschen in Lebensmittelmärkten drängen. Auch die Corona-Schulpolitik oder die Handhabung des Gesundheitssystems können kritisiert und ein Kurswechsel gefordert werden.

Den Teilnehmern des "Corona-Café" auf dem Marktplatz ging es mit ihrer allzu öffentlichen und dennoch privaten Aktion am Sonntag jedoch nur um Provokation und nicht um den Austausch von Argumenten. Im Internet hagelt es zum dazugehörigen Bericht Worte wie "Regierungspack" oder Kommentare an die Presse, wie "entscheidet euch, auf welcher Seite ihr stehen wollt", "auch eure Zeit neigt sich langsam dem Ende zu" oder "eure Hasskommentare könnt ihr euch sparen". Das zeigt, wie diese Schreiber denken und welche Ideologie inzwischen in ihren Köpfen steckt.

So ermöglicht die Corona-Krise einen erschreckenden Blick in die Seele der Gesellschaft. Anstatt zusammenzufinden, entfernen wir uns immer weiter voneinander. Sollen Egoismus und Hass unsere Zukunft bestimmen? Die Antwort muss ganz klar lauten: Nein.

Beatrix Drescher, Redakteurin der Brettener Woche

Autor:

Beatrix Drescher aus Bretten

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