Gespräch mit dem neuen Brettener Stadtbaudirektor Karl Velte und OB Martin Wolff über die Stadtentwicklung
„Jeder Stadtbaumeister braucht eine Vision“

Perspektive Gartenschau: Oberbürgermeister Martin Wolff (Mitte) und Stadtbaudirektor Karl Velte (rechts) erläutern Brettener Woche-Redakteur Chris Heinemann ihre Vorstellungen von der künftigen Stadtentwicklung.  | Foto: Susanne Maske
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BRETTEN (ch/swiz) Seit 1. Januar sind auf Betreiben von Oberbürgermeister Martin Wolff die bisher getrennten städtischen Ämter für Technik und Umwelt sowie für Stadtplanung und Baurecht miteinander zum neuen Stadtbauamt verschmolzen. Anstelle von zwei mit Bausachen befassten Amtsleitern gibt es künftig in Bretten nur noch einen Stadtbaudirektor und der heißt Karl Velte. Wir haben die organisatorischen Änderungen in der Stadtverwaltung zum Anlass genommen, um mit dem neuen „starken Mann“ im Technischen Rathaus und Oberbürgermeister Martin Wolff über aktuelle und künftige Projekte in Bretten zu sprechen.

Herr Velte, Sie sind jetzt gut anderthalb Jahre im Amt. Wie gefällt Ihnen Ihre Arbeit im Technischen Rathaus?
Karl Velte: Meine Arbeit in Bretten macht mir große Freude. Es gibt so viele Themen, die es anzupacken gilt. Und dass OB Wolff meine Arbeit unterstützt, macht vieles leichter.

Herr Wolff, Sie haben Bretten jüngst als Baustadt bezeichnet. Wie war das gemeint?
Martin Wolff: Durchaus positiv. Es ist gut, wenn gebaut wird, wenn etwas Neues entsteht oder etwas Altes erneuert wird. In diesem Sinne freue ich mich über jede Baustelle, die wir haben, genauso wie ich mich auch freue, wenn sie wieder weg ist.

Aber Baustellen verursachen auch Lärm, Staub, Verkehrsbehinderungen und andere Unannehmlichkeiten. Was sagen Sie betroffenen Bürgern, Herr Velte?
Karl Velte: Ich stimme dem OB zu. Die Entwicklung einer Stadt ist immer geprägt von Baustellen, sonst wäre Stillstand.

Welches Projekt beschäftigt Sie momentan am meisten?
Karl Velte: (schmunzelt) Viele. Im Hochbaubereich steht momentan der Bronnerbau am Melanchthon-Gymnasium im Mittelpunkt, im Tiefbau die Gestaltung der Fußgängerzone, wo die Seitenflächen verbessert werden.

Martin Wolff: Wir haben die Verlegung der Leerrohre für Glasfaser zum Anlass genommen, die Randstreifen in der Fußgängerzone mit neuem Belag zu versehen, der qualitativ und optisch besser ist. Übrigens: Der war barrierefrei und wird auch künftig barrierefrei sein.

Velte: Ein weiteres wichtiges Projekt ist der siebte Abschnitt des Industriegebiets Gölshausen, mit dessen Erschließung wir dieses Jahr beginnen wollen.

Mal ganz allgemein gesprochen: Wohin entwickelt sich die Stadt in den nächsten Jahren?
Wolff: In den nächsten Jahren werden in Bretten viele neue Wohnungen gebaut, und zwar für jeden Geldbeutel. Wir als Stadt haben dafür mit unseren wohnungsbaupolitischen Grundsätzen und dem Förderprogramm zur Belebung der Ortskerne in den Stadtteilen die entsprechenden Rahmenbedingungen gesetzt. Eine weitere Entwicklung wird sich beim Verkehr abzeichnen, wenn wir das Ergebnis des Mobilitätskonzepts auf dem Tisch haben.

Velte: Im Vordergrund steht dabei eine größere Fahrradfreundlichkeit.

Wolff: Bei Kulturveranstaltungen sind wir schon auf sehr hohem Niveau.

Wie hat sich die Architektur der Stadt in den letzten Jahrzehnten verändert?
Velte: Alles hat seine Zeit. Natürlich wird Bretten durch seine Altstadt geprägt. Aber wir haben auch die Aufgabe, die Stadt weiterzuentwickeln.

Wolff: Es gab in den letzten Jahrzehnten auch Bausünden. Aber ich denke, wir sind inzwischen auf einem guten Weg. Architektur und Baukultur nehmen bei den Planungen wieder mehr Raum ein. Es wird nicht mehr nur zweckorientiert gebaut.

Herr Velte, hatten Sie bei Ihrem Amtsantritt eine Vision für die Stadt? Und wenn ja, wie sah diese aus?
Velte: Jeder Stadtbaumeister braucht eine Vision. Mein Ansatz ist, dass wir die Erschließung von Baugebieten ganz bewusst offener gestalten. Da sind natürlich Ideen gefragt, wenn wir zum Beispiel unterschiedliche Dachformen zulassen, um mehr Wohnraum zu schaffen. Und um klimaverträglicher bauen zu können, wird es auch unterschiedliche Baukörperformen und Fassaden geben müssen. Das Gleiche beim Straßenbau. Auch hier wird sich vieles ändern. Das heißt unter anderem, dass sich die verschiedenen Verkehrsteilnehmer den Straßenraum teilen müssen. Wobei es teilweise andere Aufteilungen geben wird, weil zum Beispiel das Fahrrad eine größere Rolle spielt.

Wolff: Diese Visionen sind auch in unsere Bewerbung für eine der drei zwischen 2031 und 2035 geplanten Gartenschauen eingeflossen.

Welche Projekte im Einzelnen liegen Ihnen bei der Entwicklung der Kernstadt und der Stadtteile besonders am Herzen?
Velte: Keine Frage, bei der Kernstadt steht die Gartenschaubewerbung im Mittelpunkt ...

Wolff: ... und die Entwicklung des Sporgassen- und des Mellert-Fibron-Geländes. Bei letzterem ist noch ein starkes Drittel bis die Hälfte beplanbar. Da kann ich mir ein Gründerzentrum, das neue Polizeirevier sowie Arbeit und Wohnen vorstellen. Ein wichtiges Anliegen ist mir auch, das Ausbildungszentrum der Handwerkskammer Karlsruhe nach Bretten zu holen. Als Ausbildungsstadt steht uns das gut zu Gesicht, nachdem jetzt auch die Kapazität der Pflegeschule der Kliniken des Landkreises von bisher 140 auf 280 Plätze mit Potenzial für 400 erweitert wird.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit des Bauamts mit den Nachbarkommunen?
Velte: Es gibt regelmäßige Berührungspunkte. Zum Beispiel mit Bruchsal haben wir enge Verbindungen beim Hochwasserschutz, auch mit Gondelsheim.

Wolff: Die ganze Regionalplanung muss man interkommunal sehen. Außerdem haben wir in Bretten mit acht Nachbargemeinden den zentralen Gutachterausschuss für Kaufpreissammlung und sind Mitglied in zwei regionalen Abwasserverbänden, kurz: die Zusammenarbeit läuft.

Andersherum gefragt: Mit welchen Schwierigkeiten oder Herausforderungen muss ein Stadtbaumeister umgehen?
Velte: Erstens wollen wir die Bürger bei jeder bedeutsamen Baumaßnahme einbinden. Zweitens müssen wir dabei die Vorgaben des Baurechts beachten. Und drittens muss bei jeder Baumaßnahme selbstverständlich auch die Sicherheit gewährleistet sein. Diese drei Ansprüche unter einen Hut zu bringen, darin liegt die große Herausforderung. Aber wir haben eine sehr gute Öffentlichkeitsarbeit, ich habe es selten erlebt, dass man die Bürger so umfassend einbindet wie in Bretten.

Wolff: Unser gemeinsames Ziel ist es, eine weitgehende Akzeptanz zu erzeugen.

Wenn Sie beide zehn Jahre voraus auf Bretten im Jahr 2030 schauen, welche Projekte wollen Sie bis dahin verwirklicht sehen?
Wolff: Dann sind wir nicht mehr weit entfernt von der Gartenschaueröffnung. Wir werden das Wasser erlebbarer machen, gute, ausgebaute Radwege und einen ausgebauten öffentlichen Nahverkehr auf Abruf haben und schöne Freiflächen ...

Velte: ... wo man sich trifft, wo die Stadt erlebbar wird, und wo sich die Bürger an heißen Sommertagen erfrischen können …

Wolff: ... und wir werden insgesamt eine klimaneutrale und verkehrsberuhigte Stadt haben.

Die Fragen stellten Chris Heinemann und Christian Schweizer

Mehr Beiträge und Bilder auf unserer Themenseite In Bretten zuhause

Autor:

Chris Heinemann aus Bretten

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