Zweiter Bauabschnitt des Dienstleistungszentrum soll im Herbst starten/Kritik von ehemaligen Vertragspartnern
Quo Vadis Mellert-Fibron-Areal?

Erdbewegungen kündigen den baldigen Baubeginn auf dem Mellert-Fibron-Areal an. | Foto: ger
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Bretten (ger) Moschee, Krankenhaus-Neubau und Caritas-Pflegeheim – für zahlreiche Nutzungen war die Industriebrache im Süden der Stadt, vis-à-vis dem Kraichgau Center, auf dem einst die Firmen Mellert und Fibron ansässig waren, schon im Gespräch. Mit den Anfang 2019 fertiggestellten Gebäuden, in denen das Diakonische Werk Bretten und das Evangelische Verwaltungs- und Serviceamt Mittelbaden (VSA) sowie ein Dutzend weitere Firmen ihren Platz gefunden haben, nimmt das neue Quartier nun allmählich Gestalt an. Zusammen mit zwei weiteren Baukörpern bilden sie ein Dienstleistungszentrum (DLZ), für das die Südbau Ingenieur- und Planungsgesellschaft als Investor und Planer verantwortlich zeichnet. Eigentlich sollte der zweite Bauabschnitt schon begonnen haben. Doch zu sehen ist noch nichts.

Komplexe Bebauungsplan-Änderung

Markus Vierling, Geschäftsführer der Südbau, weist auf Nachfrage der Brettener Woche/kraichgau.news darauf hin, dass er eine Teil-Baufreigabe erhalten habe und auf dem Gelände an der Nordseite, gegenüber dem Technischen Rathaus, große Erdbewegungen als Vorarbeiten in Gange seien. Mit dem Spatenstich als Baustart für die Hochbauten rechne er spätestens im Herbst dieses Jahres. Hier sollen auf 2.400 Quadratmetern Wohnfläche, verteilt auf 30 Wohnungen, sowie auf 3.000 Quadratmetern Büros, Gastronomie und die Kita des Trägervereins FAM ihren Platz finden (wir berichteten). Für die Verzögerungen macht er in erster Linie die Bebauungsplan-Änderung verantwortlich, die in diesem Fall besonders komplex gewesen sei. Da es sich um Wohn- und Geschäftshäuser handle, die auch eine Kita beherbergten, seien die Anforderungen an Brand- und Schallschutz besonders hoch. Im ersten Bauabschnitt, bei dem es um Büroräume mit nur einer Wohnung gegangen sei, wäre das nicht priorisiert gewesen. Zum Schallschutz wird ein Parkhaus beitragen, das die Städtische Kommunalbau entlang der Bahngleise realisieren will. Baubeginn soll noch im September dieses Jahres sein und laut Aussage der Stadt geht man von einer Baudauer von zehn Monaten aus. 

Stadt: "Änderung seit Juli 2019 rechtskräftig"

Die Fülle von Nutzungen im DLZ sei etwas Besonderes, so Vierling. Natürlich hätten sich Südbau und auch die Stadt gewünscht, dass es schneller gehe, aber auch die Mitsprache der Träger öffentlicher Belange hätten zu diesem langen Prozedere beigetragen. Die Stadt teilt dagegen auf Nachfrage mit, dass die Umnutzung des gesamten Mellert-Fibron-Areals mit der sechsten Änderung des Bebauungsplans „St. Johann, Gänsbrücke, Im Brühl“ im Juli 2019 rechtskräftig geworden sei.

Kita-Plan mehrmals verändert

Ulrike Stromberger, Gründerin des Vereins „FAM – Für alle Menschen“, freut sich, dass es nun endlich losgehen soll. Als Ende 2016 das Projekt angestoßen wurde, war sie noch von einem Realisierungszeitraum des Gebäudes von etwa zwei Jahren ausgegangen. Die Kita ist jetzt, nachdem sie erst übergangsweise im städtischen Kindergarten Drachenburg Unterschlupf gefunden hatte, mittlerweile in Containern beim Familienzentrum in Gölshausen untergebracht. „Der Plan wurde mehrmals verändert, uns war auch nicht ganz klar, in welchem Gebäude wir angesiedelt werden“, sagt sie im Gespräch mit dieser Zeitung. Das Familienzentrum, das eigentlich mit der Kita hätte einziehen sollen, habe jetzt zudem keinen Platz mehr. Aber die Stadt habe inzwischen Bedarf für eine Gruppe mehr angemeldet.

Branchen-Mix mit rund 200 Arbeitsplätzen

Solche Planungsänderungen, wie die von einem drei- zu einem vierzügigen Kindergarten macht Vierling ebenfalls für die Verzögerungen verantwortlich. Südbau sei nicht nur Investor, sondern mache auch die Planungen, die individuell mit den entsprechenden Partnern abgestimmt würden. „Bei großen Objekten dauert das eben auch länger.“ Dafür bekomme die Stadt an dieser Stelle "einen tollen, geradezu konjunkturunabhängigen Branchen-Mix mit rund 200 Arbeitsplätzen".

"So geht man mit Geschäftspartnern nicht um"

Für manchen dauert das alles zu lang: Wolfgang Lübeck, Inhaber des TUI-Reisecenters in Bretten, wollte eigentlich im DLZ einziehen, hat aber aufgrund der Verzögerungen einen Rückzieher gemacht. „2018 habe ich den Mietvertrag unterschrieben, Anfang 2020 sollten die Räumlichkeiten fertig sein“, berichtet er auf Nachfrage. Hintergrund war, dass er, nachdem das Autohaus Wetzel Ende Oktober 2020 geschlossen hatte, auf absehbare Zeit seine Büros in der Melanchthonstraße räumen sollte. Wenn Autohändler Ekinci, der den Standort von Wetzel übernommen hatte, ihm nicht freundlicherweise nochmals einen Fünf-Jahres-Mietvertrag angeboten hätte, "stünde ich jetzt mit meinen zehn Mitarbeiterinnen auf der Straße. So geht man doch nicht mit Geschäftspartnern um".

"Ausgebootet und ausgenutzt"

Auch der Brettener Arno Rath, der eine kleine Fläche für eine Gastronomie beziehen wollte, ist nicht mehr dabei. Er sieht sich – zusammen mit dem ehemaligen Oberbürgermeister Paul Metzger – als Ideengeber für das DLZ an dieser Stelle und fühlt sich von Vierling nach eigener Aussage „ausgebootet und ausgenutzt“. Mindestens sechsmal habe man ihm einen neuen Baustart mitgeteilt. Endgültig zum Rückzug bewogen habe ihn die massive Erhöhung von 60 Prozent auf den Quadratmeterpreis.
Die Vorwürfe möchte Vierling nicht kommentieren. Die Flächen seien nahezu vergeben, im April habe die Wolters Kluwer Software und Service GmbH erst einen Mietvertrag für 1.000 Quadratmeter abgeschlossen. Nur zwei Gastroflächen und eine Bürofläche seien noch zu haben.

Autor:

Katrin Gerweck aus Bretten

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