Über Positives reden: Europaabgeordneter Daniel Caspary zu Gast bei der CDU Bretten

Nüchtern und kämpferisch: Der CDU-Europa-Abgeordnete Daniel Caspary erinnerte in Rinklingen an die positiven Errungenschaften der europäischen Einigung. Foto: ch
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(ch) Gute Nachrichten zu Europa sind selten geworden. Zu Unrecht, meint der CDU-Abgeordnete im Europaparlament, Daniel Caspary.

Am Freitagabend sprach Caspary auf Einladung der Brettener CDU in der Vereinsgaststätte des TSV Rinklingen zum Thema „Europa in Zeiten von fake news, Flüchtlingskrise und Ukraine-Konflikt“.

Probleme nur europäisch lösbar

Was den momentanen Zustand der Europäischen Union angeht, machte der Europaabgeordnete seinen Zuhörern nichts vor: Es könnte besser laufen. Trotzdem zeigte er sich grundsätzlich fest davon überzeugt, dass die aktuellen Probleme nur von allen europäischen Ländern gemeinsam gelöst werden können: „Als Deutschland allein werden wir die Probleme nie lösen.“

Warnung vor Falschmeldungen

In jüngster Zeit gebe es jedoch politische Entwicklungen, die ein gemeinsames europäisches Handeln erheblich erschwerten. Sorge machten ihm die gehäuft auftretenden Anzeichen, dass Russland offenbar versuche, die Europäische Union zu spalten und die europäische Politik und Wahlen zu beeinflussen. Dahinter stecke, dass Präsident Putin mit dem Schüren äußerer Konflikte vom eigenen innenpolitischen Versagen bei der Bekämpfung der Korruption und dem Aufbau einer zukunftsfähigen Wirtschaft ablenken wolle. Als Beispiele nannte Caspary die verdeckte russische Unterstützung für die Separatisten in der Ostukraine, die heimliche Unterstützung von rechtspopulistischen Parteien in Europa wie dem französischen Front National und Teilen der deutschen AfD sowie die Manipulation von Russlanddeutschen mit Falschmeldungen im Fall eines angeblich vergewaltigten Mädchens in Berlin. Solchen „fake news – absichtlichen Falschmeldungen“ müsse man vor der Bundestagswahl besonders aufmerksam und kritisch gegenüber stehen, warnte Caspary.

Aufruf zur Besonnenheit

Was den amerikanischen Präsidenten Trump angeht, der ebenfalls mit dem Thema „fake news“ Schlagzeilen machte, riet Caspary zur Besonnenheit: „Es wird nicht alles so umgesetzt, wie es angekündigt wurde.“

Fehler beim Umgang mit Syrienkonflikt

Selbstkritisch äußerte sich Caspary zur Flüchtlingskrise, die sich ebenfalls negativ auf den europäischen Zusammenhalt ausgewirkt hat. Jahrelang habe man sich beim Syrien-Konflikt um die Verantwortung gedrückt und die Nachbarländer Syriens, darunter auch die Türkei, im Regen stehen lassen. Erst der Flüchtlingsstrom habe zu einer aktiven Syrienpolitik geführt, dass man nun Flüchtlingslager in den Nachbarländern mitfinanziere, das Abkommen mit der Türkei geschlossen, Aufnahmezentren eingerichtet und Grenzkontrollen wieder eingeführt habe und die Nato gegen Schlepper und Menschenhandel vorgehe.

„Wir müssen eine Abschiebekultur lernen“

Kritik an der Flüchtlingspolitik wurde auch in der anschließenden Fragerunde laut. Er könne nicht verstehen, warum junge Männer, die mittags schon im Café säßen, ihre Familie zuhause ließen, meinte ein Zuhörer. Viele von ihnen hätten gar keine eigene Familie, weil sie erst heiraten dürften, wenn sie eine Familie ernähren könnten, entsprechend gefrustet seien sie sozial, wirtschaftlich und sexuell, entgegnete Caspary, der diese Gruppe den nordafrikanischen Staaten zurechnete. Die Anerkennungsquote von Flüchtlingen aus Tunesien habe 2015 bei null gelegen. Nun müssten sie auch abgeschoben werden, was die Einstufung dieser Länder als „sichere Drittstaaten“ voraussetze. Leider sei das im Bundesrat von SPD und Grünen – mit Ausnahme der Grünen in Baden-Württemberg – abgelehnt worden. Er wünsche sich eine Willkommenskultur für alle, die verfolgt werden, meinte Caspary. „Aber wir müssen in Deutschland auch eine Abschiebekultur lernen.“

„Ein Staat darf nicht barmherzig sein“

Dass aber über Flüchtlingen, die von hiesigen Firmen ausgebildet werden, „das Damoklesschwert der Abschiebung“ schwebe, sei „nicht richtig“, wandte ein anderer Zuhörer ein. Ein Staat dürfe nicht barmherzig sein, ein Staat müsse gerecht sein, hielt Caspary dagegen. Anfangs seien nur die Reichsten gekommen, die sich die „Schlepperei“ leisten konnten. „Der arme Flüchtling bleibt auf der Strecke.“ Er sprach sich für die mit der Türkei vereinbarte Aufnahme von Flüchtlingskontingenten aus, damit diese „nach geordnetem Verfahren zu uns kommen.“ Zugleich plädierte er für eine begleitende Entwicklungspolitik, um – speziell im Fall einiger afrikanischer Länder – den Menschen vor Ort eine Zukunft zu ermöglichen, die sie davon abhält, nach Europa auszuwandern.

„Nicht so oft motzen“

Auch die Frage, wie die EU wieder zu mehr Einigkeit finden könnte, beschäftigte einen Besucher. „Dass in Europa so vieles nicht läuft“, höre er oft, stellte Caspary fest und forderte die Anwesenden auf: „Wir sollten nicht so oft stänkern und motzen.“ Vielmehr solle man sich überlegen, ob nicht auch ein paar Sachen „gut laufen“. In der Jugend habe man sich noch über die Staus bei der Abfertigung an den Grenzen geärgert – heute gebe es freie Fahrt in die Nachbarländer. „Reden wir mal drüber“, forderte Caspary. Dann gebe es die Arbeitnehmer-Freizügigkeit – „reden wir mal drüber“. Der Euro sei eine „tolle Sache“, früher musste man an der Grenze noch sein Geld tauschen – „reden wir doch mal drüber“. Bei Eheschließungen komme mittlerweile oft ein Partner aus einem EU-Land: „Unsere Großväter haben sich noch die Köpfe eingeschlagen.“ Heute säßen die europäischen Regierungschefs einträchtig beieinander. „Reden wir doch bitte mal über das Positive in Europa“, appellierte Daniel Caspary, bevor er sich - ausgestattet mit einem kleinen Präsent der CDU-Stadtverbandsvorsitzenden Waltraud Günther-Best - eilends zum nächsten Termin verabschiedete.

Alle Fotos: ch

Autor:

Chris Heinemann aus Bretten

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