Leserbrief zum Interview mit Günter Frank
Wahrheit statt Lobhudelei

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Leserbrief zum Interview "Man muss die politische Mitte stärken" vom 3. April

Auch für mich ist Melanchthon eine wichtige historische Figur und ein großer Denker, insbesondere was seine Schriften zur Erziehung angeht. Die Confessio Augustana (CA) als „Dokument der ökumenischen Einheit“ zu bezeichnen, empfinde ich als grobe Dreistigkeit, weit weg von der Wahrheit. Jeder kann sich selbst vom Gegenteil überzeugen, indem er sie liest. Wir suchen dort vergeblich nach Begriffen wie Einheit oder Toleranz. Stattdessen gibt es sehr viel Abgrenzung in der Glaubenslehre, mehrfach werden diejenigen „verdammt, die anders lehren“.

Bekanntlich wurde Melanchthons CA 1530 dem Reichstag von Augsburg vorgelegt. Nach der katholischen Erwiderung Confutatio gab es ein langes Geschachere, letztlich ohne Einigung. Mit der Entscheidung eines Fürsten war auch die Konfession der Untertanen besiegelt – cuius regio, eius religio. In der Folge gab es einen Flickenteppich an Regionen unterschiedlicher Konfessionen. Wir sehen das noch heute: Neibsheim ist katholisch, Sprantal und Ruit sind evangelisch. Die Brettener Kernstadt war fast 400 Jahre lang evangelisch, meine Mutter wurde nach eigener Aussage als Katholikin vor 100 Jahren in der Volksschule als „Kreuzspinne“ bezeichnet. Wir schicken selbst die Kleinsten in Bretten in konfessionell getrennten Religionsunterricht – Melanchthon sei Dank.

Melanchthon war sicherlich ein Humanist im Sinne altsprachlicher Bildung, er beherrschte Latein und Griechisch. Ein Humanist im Sinne von Menschlichkeit war er ganz sicher nicht, da er Menschen umbringen ließ, nur weil sie sich als Erwachsene nochmals taufen ließen – nachzulesen in Veröffentlichungen des Landesarchivs Thüringen. Als Agnostiker hätte ich unter Melanchthon keine Überlebenschance.

Ein einziges Zitat von Melanchthon mag seine Einstellung gegenüber Andersdenkenden beleuchten. Er bereut darin seine frühere Milde: “Ich bin nun der Ansicht, dass auch jene, die keine aufrührerischen, doch aber öffentlich gotteslästerliche Artikel verteidigen, von der Obrigkeit getötet werden sollen." (zit. nach Johann Warns, "Die Taufe", Hamburg 1913, S. 81).

Ich bin weiterhin kein Fan von Melanchthon, auch nicht von Herrn Frank. Dessen Lobhudelei bestätigt den Spruch „wes Brot ich ess, des Lied ich sing“. Wissenschaftliche Neutralität oder kritisches Hinterfragen sehen anders aus.

Franz Ebert
Bretten

Autor:

Kraichgau News aus Bretten

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