Zum Leserbrief „Zukunft von Bretten aktiv gestalten“ in der Brettener Woche am 23. Oktober
„Wie viel Lebensqualität gäbe es heute, wenn man die beklagten Verkehrsachsen nicht gebaut hätte?“
In seinem Brief schreibt Ihr Leser: „Nach den Angaben des Kraftfahrtbundesamtes waren am 1. Januar 2019 in Bretten insgesamt 21.198 Kfz und davon 17.646 Pkw zugelassen – bei rund 30.000 Einwohnern im gesamten Stadtgebiet. Die Zahl der einzelnen innerstädtischen Fahrten mag ein jeder mit der Anzahl der zugelassenen Kraftfahrzeuge ins Verhältnis zu setzen.“
Ich meine: Das kann ein jeder besser sein lassen. Es führt zu keiner sinnvollen Erkenntnis. Erstens sagt die Anzahl der zugelassenen Autos nichts über die Anzahl der Fahrten aus, denn nicht jedes Auto wird täglich, regelmäßig oder auch nur häufig bewegt. Diverse Garagenwagen sind nicht Brettens Problem. Zweitens kann selbst eine Person, die fünf Pkw zugelassen hat, dennoch nur eines pro Fahrt benutzen. Drittens ist eine größere Anzahl Firmenwagen ebenfalls in Bretten registriert und diese zu den Einwohnern in Relation zu setzen ist ohne jede Aussagekraft, denn es ist einfach die falsche Vergleichskategorie. Viertens sind sämtliche nicht in Bretten zugelassenen Kraftfahrzeuge, die in unserer Stadt verkehren, von dieser Relation nicht abgedeckt. Nach meiner täglichen Anschauung sind das aber ziemlich viele. Besonders die großen Lkw haben in aller Regel kein KA-Kennzeichen. Deshalb fiel es mir auch sehr schwer an die offizielle Verkehrserhebung zu glauben, in der vor wenigen Jahren behauptet wurde, der Großteil des Verkehrs sei innerstädtisch motiviert. Die Zulieferer an Brettens Unternehmen machen sicher einige Lkw aus, doch der Eintritt des Verkehrsproblems in direkter Folge der Autobahnmaut lenkt meine Vermutung eher auf den Fernverkehr.
Auch ein zweiter großer Punkt aus dem angesprochenen Leserbrief überzeugt mich nicht. Dort heißt es: „Die aus der Vergangenheit stammenden, mehrspurigen Verkehrsachsen durch die Städte führen heute zu Beeinträchtigungen in der Bevölkerung. Neben Lärm und Abgasen zerschneiden sie unseren Lebensraum, rauben uns ein Stück innerstädtischer Qualität.“ Wie viel Lebensqualität gäbe es heute in Karlsruhe, Stuttgart oder sonstwo, wenn man die beklagten mehrspurigen Verkehrsachsen nicht gebaut hätte? Kein Durchkommen, nirgendwohin. Nicht zum Lebensmittelhandel, nicht zum Arzt und nicht zum Kindergarten. Ich erlebe ganz im Gegenteil das aktuelle Chaos durch zu kleine und/oder verbaute Verkehrsachsen rund um Bretten als deutlich schlimmere Beeinträchtigung der Bevölkerung. Besonders häufig bei der arbeitenden Bevölkerung, von der eine erhebliche Pendelflexibilität seit mindestens zwei Jahrzehnten ganz einfach verlangt wird.
Ihr Leser bleibt auch sehr unpräzise, was denn die beklagten Verkehrsachsen ersetzen soll. Große Straßen sollen weg und Bahngleise „zerschneiden unseren Lebensraum“ nicht? Gegen Lärm und Abgase sind als Lösung aktuell Elektroautos und Wasserstofffahrzeuge zum Kauf verfügbar. Das erscheint mir praktikabler als ein Komplettumbau aller deutschen Städte, Bretten inklusive. Gegen das große Verkehrsaufkommen müssten wohl mehrere parallele Maßnahmen ergriffen werden, doch das ist ein eigenes Thema und für einen kurzen Leserbrief zu umfangreich.
Dominik Heller
Bretten
Autor:Kraichgau News aus Bretten |
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