Schüler erinnern in Bretten an Opfer des Nationalsozialismus / Teile der Friedenstage coronabedingt abgesagt
Friedenstage in Bretten beginnen mit Stolpersteinen

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Bretten (bea) Eine Gruppe junger Menschen steht vor dem unteren Eingang der Weißhofer Galerie in Bretten. Eine Kerze steht auf dem Boden, daneben liegt eine weiße Rose. Der Stolperstein für Katharina Haar glänzt, die Friedenstage in Bretten haben begonnen. "Es ist wichtig, dass die Tradition der Mahnwache an den Stolpersteinen weiterhin besteht und ein Zeichen gesetzt wird", sagt Simone Maier, Fachbeauftragte für Geschichte am Melanchthon-Gymnasium Bretten (MGB).

Opfer ehren und Taten der Nationalsozialisten konterkarieren

23 Schüler vom Leistungs- und Basiskurs Geschichte der Kursstufen J1 und J2 warten auf ihren Einsatz an den Stolpersteinen. "Es ist alle Jahre wieder wichtig, dass wir an die Menschen erinnern, die den fürchterlichen Verbrechen der Nationalsozialisten zum Opfer gefallen sind, weil sie die falsche Religion, eine Behinderung oder nicht die richtige politische Vorstellung der damals Regierenden hatten", sagt Bürgermeister Michael Nöltner. Durch die Stolpersteine könnten die Menschen, an die erinnert wird, in den Gedanken viel länger weiterleben, als die "Verbrecher von damals". Das ehre die Opfer und konterkariere die Nationalsozialisten und ihre Taten.

An Geschichten und Schicksale von Menschen erinnert

Nachdem die Schüler die Steine im Stadtgebiet, für die sie zuständig sind, erreicht und gereinigt hatten, entzündeten sie eine Kerze und legten eine Rose nieder. Anschließend blieben sie rund 30 Minuten an ihrem Stein stehen und erzählten Passanten die Geschichten und Schicksale der Menschen, die einst in den dazugehörigen Häusern gewohnt haben. So berichteten sie die Geschichte von Pauline Rösner, die in der Pforzheimer Straße gewohnt hat. "Sie war katholisch und unverheitatet, bis sie 1942 - (mit 49 Jahren; Anm.d.Red). - in die Pflegeanstalt in Wiesloch eingewiesen wurde", berichten Beyza Kocak, Lisa Aechtler und Emely Hütter. Rund zwei Jahre später sei Rösner ermordet worden. "Meine Mutter wird in diesem Jahr 50", sagt Aechtler und zeigt sich von Rösners Schicksal deutlich betroffen.

"Die Menschen mussten teilweise in unserem Alter fliehen"

Noch vor Beginn des Zweiten Weltkrieges floh Carl Veis mit seiner Frau Nanette, die ebenfalls in der Pforzheimer Straße wohnten, nach England. Ihre Geschichte erzählten Rosalie Papius und Annika Stolzenthaler. Vor ihrer Flucht, in der Reichspogromnacht 1938, sei das angesehene Manufakturwarengeschäft der Familie Veis verwüstet worden, woraufhin es aufgelöst werden musste. Nachdem die Familie den Haustürschlüssel zwangsweise abgeben musste, seien Menschen mit Leitern in das Haus eingestiegen, die nicht mehr warten konnten, bis das Interieur versteigert wurde, erzählt Heidi Leins. Die politische Gesinnung in der damaligen Zeit ist auch für die beiden Schülerinnen nicht nachvollziehbar. "Die Menschen mussten teilweise in unserem Alter fliehen. Mit der Mahnwache wollen wir ein Zeichen setzen, dass wir eine solche Gesinnung nicht tolerieren", sagt Stolzenthaler. Auch Papius hält es für wichtig, die Tradition der Mahnwache und das Wissen um das Schicksal der Menschen weiterzugeben. "Es gilt diesen Dingen vorzubeugen und den Anfängen zu wehren", sagt Nöltner.

Programm der Friedenstage 2021 in Bretten

Zum Programm der Friedenstage gehören in diesem Jahr auch der ökumenische Friedensgottesdienst,  den der katholische Pfarrer Harald-Mathias Maiba und der evangelische Pfarrer Dietrich Becker-Hinrichs in der St. Laurentiuskirche am heutigen Mittwochvormittag unter dem Motto der ökumenischen Friedensdekade 2021 "Reichweite Frieden" abgehalten haben. Beim nächsten Termin im Rahmen der Brettener Friedenstage wird am Sonntag, 14. November, der Volkstrauertag ab 11.30 Uhr auf dem Friedhof in Bretten begangen. Die Ausstellung "Frieden machen – gelungene Beispiele aus der ganzen Welt" beginnt am 15. November um 18 Uhr und ist bis zum 28. November in der Gedächtnishalle des Melanchthonhauses zu sehen.

Ausstellungseröffnung, Vortrag und Lichterzug abgesagt

Aufgrund der aktuellen Coronalage musste die dazugehörige Vernissage jedoch wieder abgesagt werden. In der Ausstellung werden "Friedensmacher" aus der ganzen Welt gezeigt, die sich für Versöhnung und Wiederaufbau einsetzen. Berichte über erfolgreiche Friedensprojekte aus etwa 30 Konfliktregionen weltweit zeigen, dass Frieden möglich ist. Auch der geplante Vortrag "Frieden und Klimaschutz" von Andreas Zumach vom 18. November wurde mittlerweile abgesagt. Darin wollte er darlegen, wie die Klimaerwärmung zu Wasserknappheit und in der Folge zu Fluchtbewegungen führt, und dass Gelder anstatt in Militär in Klimaschutz investiert werden sollten. Der zum Abschluss der Friedenstage am 22. November geplante Lichterzug wurde ebenfalls abgesagt.

Autor:

Beatrix Drescher aus Bretten

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