Politik zum Anfassen: Landtagsvizepräsidentin Sabine Kurtz besucht Brettener Schulen
„Schulbesuch vom Landtag“: Landtagsvizepräsidentin Sabine Kurtz zu Besuch an der Max-Planck-Realschule und den Beruflichen Schulen Bretten.
Bretten (ger) Einen Politikunterricht der besonderen Art genossen die Schülerinnen und Schüler der Max-Planck-Realschule (MPR) und der Beruflichen Schulen Bretten (BSB). In Person der Vizepräsidentin Sabine Kurtz war der Landtag in die Melanchthonstadt gekommen. Begleitet wurde die CDU-Politikerin von den beiden Abgeordneten des Landkreises Joachim Kößler (CDU) und Andrea Schwarz (Grüne) sowie vom Pforzheimer Abgeordneten Bernd Grimmer (AfD). Den „Schulbesuch vom Landtag“, so der Name des Angebots, hatten die Lehrer Matthias Steudinger von der MPR sowie Kosovare Shabani und Benjamin Winterstein von den BSB organisiert.
Demokratie eine Errungenschaft
Kurtz stellte in beiden Schulen die Arbeit des Landtags im Allgemeinen und ihre Arbeit als Vizepräsidentin und Abgeordnete des Landkreises Leonberg im Besonderen vor. Die Demokratie und die Gewaltenteilung lobte sie als Errungenschaften und sie machte deutlich, wie wichtig es ist, sich für sie einzusetzen. „Wer in der Demokratie einschläft, wacht womöglich in der Diktatur auf“, bemühte sie ein häufiges Zitat und legte den Schülerinnen und Schülern ans Herz, das Wahlrecht als Wahlpflicht zu verstehen. Bei den Kommunalwahlen dürfen schon 16-Jährige ihr Kreuz machen. Dass sich die Demokratie bei uns als Gesellschaftsform etabliert hat mit Mitbestimmungsgremien auf allen Ebenen, davon profitierten alle.
"Man braucht eine hohe Frustrationsschwelle"
Die rund 100 Neuntklässler der Realschule und über 200 Schüler der zwölften Klassen in den Berufsschulen hatten im Anschluss Gelegenheit, Fragen an Kurtz zu richten. Bei manchen Themen kamen auch die anderen Abgeordneten zu Wort. An der MPR kamen die Fragen Schlag auf Schlag, die Lehrkräfte hatten ihre Sprösslinge gut vorbereitet. Etwas schleppender lief die Fragerunde an der BSB an, nahm dann aber Fahrt auf. Die Schülerinnen und Schüler wollten Details zum Parlaments- und Politikeralltag wissen, etwa wie die Vizepräsidentin mit Streitigkeiten im Landtag umgeht. Kurtz verglich ihre Rolle mit der einer Klassenlehrerin und beschrieb die formalisierten Instrumente vom Ordnungsruf bis zum Sitzungsausschluss, die ihr zur Verfügung stehen. Sie merkte auch an, dass es im Landtag in den letzten Jahren lebhafter, aber auch unhöflicher zugehe. Ein guter Politiker sei jemand, der sich gerne für andere einsetze, kommunikativ und geduldig sei. „Man braucht eine hohe Frustrationsschwelle, das fällt Menschen mit mehr Lebenserfahrung leichter.“ Um Verständnis für die langen Wege der Politik warb sie mit dem Hinweis auf die Demokratie, die eben auf Konsens ausgerichtet sei.
Spagat zwischen konträren Interessen
Konsens zu finden sei etwa schwierig bei den Dieselfahrverboten. Da gelte es, den (unmöglichen) Spagat zwischen den Interessen der Autofahrer und dem Umweltschutz, der ja aktuell gerade von der jungen Generation in den „Fridays for Future“-Demonstrationen gefordert werde, hinzubekommen. An beiden Schulen kam die Frage auf, wie Kurtz die Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin bewerte. Man habe schon viel geschafft, auch dank des Föderalismus, der kurze Wege erlaube. Dieser sei auch ein Argument dafür, die Schulpolitik auf Länderebene zu belassen. Die Kultusministerin Susanne Eisenmann sei aber offen für Verbesserungen und bemühe sich derzeit darum, die baden-württembergische Bildungspolitik wieder nach vorne zu bringen.
Cannabis legalisieren?
Die Frage nach der Legalisierung von Cannabis reichte Kurtz an die Abgeordneten weiter, da sie selbst als Präsidentin ja alle Fraktionen vertreten solle und ihr das bei diesem Thema schwerfalle. Die Grünen-Abgeordnete Schwarz sprach sich für die kontrollierte Abgabe ab 18 Jahren aus, aber nur, wenn der THC-Wert, der extrem angestiegen sei und zu schweren Folgeerscheinungen führe, vermindert werde. Grimmer von der AfD sprach sich vehement, Kößler von der CDU vorsichtiger dagegen aus. Beide befürworteten aber den Einsatz von Cannabis für medizinische Zwecke.
Digitalisierung
Ein anderes jugendaffines Thema, das in beiden Schulen angesprochen wurde, war die Digitalisierung. Einerseits interessierten sich die Jugendlichen dafür, ob die Schulen genügend Geld für den IT-Ausbau bekämen. Kurtz merkte an, dass jeder zweite Euro in die Bildung gehe, dass aber für die Ausstattung der Schulen die Kommunen zuständig seien. Für den Digitalpakt vom Bund, der derzeit feststeckt, hoffe sie, dass eine ähnliche Lösung wie für das „Gute Kita-Gesetz“ gefunden werde, das ja auch ohne Verfassungsänderung verabschiedet worden war. Auf der anderen Seite wollte ein BSB-Schüler wissen, warum der Glasfaserausbau in Deutschland nur so schleppend voranginge. Kurtz räumte ein, dass die Dringlichkeit anfangs nicht erkannt worden sei, man sich jetzt aber alle Mühe gebe. BSB-Schulleiterin Barbara Sellin sorgte mit der Aussage, ab 1. April stünde schnelles W-LAN in der Schule zur Verfügung, für Applaus.
Vereinsverstärkung durch weniger Schule
Für Heiterkeit sorgte die Frage einer Schülerin, warum die Politik nicht dafür sorge, dass weniger Nachmittagsschule stattfinde, um der Rückläufigkeit in den Vereinen entgegenzuwirken. „Hand aufs Herz: Wer von euch würde denn in einen Verein eintreten, wenn ihr weniger Unterricht hättet?“, frage Kurtz in den Saal. Als fast alle die Hand hoben, merkte sie schmunzelnd an: „Da bin ich mir sicher, dass ihr im Gespräch mit dem Schulleitungsteam eine Lösung findet.“
Autor:Katrin Gerweck aus Bretten |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.