Burgund – Reise an eine Wiege der europäischen Zivilisation, Teil 4: Bibracte

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26. Juli:  Kleine Wanderung auf dem Mont Beuvray

Um Körper und Geist gleichermaßen zu fordern, schien uns das legendäre Bibracte am dritten Urlaubstag ein geeignetes Ziel. Bibracte war ebenfalls ein gallisches Oppidum, das aber im Unterschied zu Alesia nie zerstört wurde, obwohl dort der Keltenfürst Vercingetorix im Jahr 52 v. Chr. zum Chef aller gallischen Armeen gewählt worden war. Vielmehr diente Bibracte seinem Gegner, dem römischen Feldherrn Caesar, sogar als Winterquartier. Einige Jahre nach dem römischen Sieg über Alesia wurde es von seinen Bewohnern aufgegeben, weil die abgeschiedene Lage auf dem Berg Beuvray vermutlich nicht mehr zweckmäßig war. Die Bewohner zogen ins nahe gelegene Autun, dessen verkehrsgünstigere Lage im Tal dem Ausbau der Handelsbeziehungen förderlicher war.

Den Archäologen bei der Arbeit zusehen

All das wussten wir natürlich vorher nicht, sondern haben es im Laufe der mit Erläuterungstafeln bestens ausgeschilderten Rundwanderung auf dem Berg erfahren. Wobei wir uns den mühsamen Aufstieg vom Parkplatz am Museum zur rund 120 Meter höher gelegenen Bergkuppe erspart haben, indem wir den Pendelbus nutzten. Das völlig überladene Gefährt kroch scheinbar mit letzter Kraft die steile Erschließungsstraße hinauf. Oben wurden wir mit einem phantastischen Panoramablick in die umgebende Landschaft des regionalen Naturparks Morvan belohnt. Viele Besucher ließen sich an Ort und Stelle nieder, um auf der großen Bergwiese zu picknicken. Wir entschieden uns, zwei von mehreren farblich unterschiedenen Rundwanderrouten zu kombinieren – mit Stationen zur Geschichte der Wiederentdeckung des fast 2000 Jahre in Vergessenheit geratenen Orts, an einer Bergquelle, dem Fels, an dem der Legende nach Vercingetorix zum Oberkommandierenden gewählt wurde, sowie zwei Ausgrabungsfeldern. Teilweise konnten wir den Archäologen bei der Arbeit zusehen. In Fortführung der im 19. Jahrhundert begonnenen Ausgrabungen läuft am Mont Beuvray seit den 1980er Jahren ein umfangreiches systematisches Forschungsprogramm, an dem archäologische Teams aus ganz Europa beteiligt sind. Beeindruckend sind beispielsweise ein rekonstruiertes antikes Wasserbecken in Form eines Schiffsrumpfes und der einstige Hauptzugang durch den aus Hausteinen abschnittsweise rekonstruierten enormen inneren Festungswall. Wieder am Ausgangspunkt angelangt, war es bereits nach 15 Uhr und das kleine Restaurant nahezu ausverkauft. Mit Glück ergatterten wir buchstäblich die letzte kalte Mahlzeit.

Überraschung für Obelix-Fans im Kelten-Museum

Danach ging es ins benachbarte hypermoderne Museum der keltischen Zivilisation. Zuerst gelangt man ins Obergeschoss, wo die Welt der Kelten erklärt wird. Man erfährt zum Beispiel, dass die Kelten nicht nur die britischen Inseln und Gallien bevölkerten, sondern auch weite Teile des übrigen Europa. Überraschend für Obelix-Fans dürfte sein, dass die Gallier keineswegs Wildschweine aßen, weil die ihnen heilig waren. Wichtigste Erkenntnis für mich war, dass das heutige Frankreich schon zur Zeit der antiken Gallier ein von Bauern bewirtschaftetes Kulturland war. Im Unterschied zum damaligen Germanien, wo in weiten Teilen noch Urwälder vorherrschten. Im Erdgeschoss werden die in den vergangenen mehr als 100 Jahren bei Ausgrabungen gewonnenen Einsichten über Bibracte und seine Bewohner präsentiert: wie sie sich kleideten, wie sie ihre Befestigungswälle bauten, wie ein Wohnhaus möbliert war und vieles mehr. Vor Verlassen der Ausstellung wird man durch den Museumsshop geleitet, den ich wieder mal zur Hälfte hätte leer kaufen können. Aber da das mein Reisebudget gesprengt hätte, begnügte ich mich mit einer schön bebilderten handlichen Broschüre über „Das gallische Burgund“.

Foto-Stopp an der Schwester der Porta Nigra

Auf der Rückfahrt musste noch ein kurzer Foto-Stopp am Stadtrand von Autun sein. Dort hatte ich auf der Hinfahrt die Reste eines römischen Stadttors gesichtet. Das "Tor des heiligen Andreas", die "Porte Saint-André in Autun, erinnert unübersehbar an ihr deutsches Pendant, die römische Porta Nigra in Trier.
Chris Heinemann

Weitere Folgen des Reiseberichts über Burgund sowie Berichte von anderen Reisenden aus der Region lesen Sie auf unserer Themenseite: Reiseberichte

Autor:

Chris Heinemann aus Bretten

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