"Freude – und keine Angst für die Welt"
Was bedeutet Weihnachten in der heutigen Zeit?

Foto: lukbar - stock.adobe.com

Region (ger) In diesen Tagen feiert die christliche Welt Weihnachten. Einer aktuellen Studie der Bundeswehr-Universität München zufolge rücken die religiösen Aspekte des Fests aber zunehmend in den Hintergrund. Nur 16 Prozent der über 1.200 Befragten planen, einen Weihnachtsgottesdienst zu besuchen, 2019 hatten das noch 24 Prozent vor.
Die Brettener Woche/kraichgau.news hat mit Theologen in der Region über das Weihnachtsfest und seine Bedeutung in der heutigen Zeit gesprochen.

"Hoffnung, egal wie deprimierend Gegenwart ist"

„Weihnachten bedeutet für mich, dass es Hoffnung gibt, egal wie deprimierend unsere Gegenwart manchmal sein kann“, konstatiert Ulrike Trautz, Dekanin und Pfarrerin im Evangelischen Kirchenbezirk Bretten-Bruchsal. „Die Geburt von Jesus hat uns gezeigt, wie sehr Gott uns liebt. Wenn wir diese Liebe in unser Herz lassen, dann kann das die Welt verändern“, ist sie überzeugt. Symbolisch eindrücklich werde das für sie an Heiligabend sichtbar, wenn das Friedenslicht weitergegeben wird und die Dunkelheit in der Kirche durch jedes einzelne Licht, das entzündet wird, immer mehr erhellt wird.

"Gott weiß, wie wir Menschen fühlen"

Mathias Fuchs ist Pastoralreferent in der katholischen Kirchengemeinde Bruchsal-Michaelsberg. Für ihn als Theologen sei entscheidend, dass Gott an Weihnachten Mensch wird. „Damit weiß er aus eigener Erfahrung, wie wir Menschen fühlen, wie wir uns zum Beispiel freuen aber auch wie es ist, wenn wir todunglücklich, verzweifelt oder traurig sind“, so Fuchs. Ihm persönlich tue das sehr gut.

Etwas Besonderes in unserer schnelllebigen Zeit

Auch für Harald-Mathias Maiba, Pfarrer der katholischen Kirchgemeinde Bretten-Walzbachtal, ist dieser Punkt zentral: „Die Botschaft bleibt immer die gleiche: Gott wird Mensch, damals in Bethlehem, heute im Hier und Jetzt und ganz sicher auch morgen. In unserer schnelllebigen Zeit ist das schon etwas Besonderes: Gottes Zuneigung, Gottes Liebe kennt keinen Anfang und kein Ende. Gott steht nicht nur zu seinem Wort, Gott hält sein Wort.“

Frieden und Solidarität

Im Blick auf unsere aktuelle Welt sieht Maiba darin drei Aspekte: Zuerst den Frieden, den „alle Menschen guten Willens, unabhängig von Volkszugehörigkeit, Religion, Alter und Beruf suchen“ sollten. „Alle Menschen sind Gottes Kinder“, betont Maiba, die das Gemeinsame, das Verbindende unterstreichen sollten. Das zweite Stichwort sei demzufolge Solidarität, so Maiba: „Gott zeigt sich in seiner Menschwerdung solidarisch mit den Armen, Schwachen, Notleidenden, mit Menschen am Rande.“ In seinen Augen folgt daraus, dass Menschen anderen in Not beistehen und helfen sollen.

„Gott wird Mensch und sagt damit: Kopf hoch!“

Als dritten Aspekt nennt Maiba Hoffnung. „Gott wird Mensch und sagt damit: Kopf hoch!“, formuliert es Maiba. Schlechte Nachrichten seien schnell verbreitet, vielmehr sei wichtig, „dass wir von dem erzählen, wo Gutes getan wird“. Es brauche keine großen und teure Geschenke, sondern ein wenig Zeit, aufmunternde Worte, ein Lächeln, eine Umarmung, um Gutes zu tun, findet Maiba.

"Fürchtet euch nicht!"

Gefragt nach ihrer Lieblingsstelle in der Weihnachtsgeschichte, stimmen Mathias Fuchs und Ulrike Trautz überein: „Am meisten bewegt mich die Stelle, wenn der Engel den Hirten sagt: ‚Fürchtet euch nicht! Ich verkündige euch große Freude … für euch ist heute der Heiland geboren ...‘ Das gibt mir so viel Lebensmut. Ich brauche keine Angst zu haben, weil Jesus für mich da ist“, beschreibt Ulrike Trautz die Bedeutung dieser Stelle für sie persönlich. Und weiter: „Ich wünsche allen, dass sie die Freude darüber an diesem Weihnachtsfest in sich spüren können.“ Dies ist auch die Lieblingsstelle von Mathias Fuchs. „Das ist Weihnachten, wenn Furcht und Angst überwunden werden und die pure Freude herrscht. Das ist das, was ich uns Menschen und unserer Welt wünsche: Freude – und keine Angst“, sagt er.

"Wo ist mein Platz in der Weihnachtsgeschichte?"

Für Harald-Mathias Maiba ist die ganze Weihnachtsgeschichte nach Lukas ein großartiges Kunstwerk, das er immer und immer wieder neu hören und betrachten kann. „Und ich mag es in der Weihnachtszeit auch, die Kunstwerke von Menschen zu betrachten, die die Weihnachtsgeschichte auf verschiedenste Art und Weise darstellen, ins Heute übersetzen“, fügt er hinzu. Oft verbinde er das mit der Frage: „Und wo bin ich in dieser Krippenszene zu finden? Wo ist mein Platz in der Weihnachtsgeschichte?“

Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit

Sehen die Theologen Weihnachten als eine Chance, die Menschen wieder für den Glauben und die christlichen Werte zu interessieren? Ulrike Trautz bejaht das: „Ich glaube, alle Menschen tragen die Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit in unsicheren Zeiten in sich. An Weihnachten feiern wir, dass uns diese Liebe und Geborgenheit von Gott geschenkt wird, wenn wir ihm unser Herz öffnen. Darum versuchen wir den Menschen in verschiedensten Varianten die Weihnachtsbotschaft nahe zu bringen – auf dem Weihnachtsspaziergang, in fröhlichen und meditativen Gottesdiensten, mit Musik und Krippenspiel.“

"Mit Musik wird vieles ausgedrückt, wo Worte fehlen"

Auch Harald-Mathias Maiba lässt sich nicht entmutigen: „Die Frohe Botschaft allen kundzutun und im Hier und Jetzt zu bezeugen“, so verstehe er seine Aufgabe, und er lädt herzlich zu den Gottesdiensten ein: „Ich bin mir sicher, dass dabei all unsere Sinne angesprochen werden, mit Musik vieles ausgedrückt wird, wo Worte fehlen, und das gemeinsame Tun, Beten und Singen, nicht zu kurz kommen. Unsere Kirchen sind offen, dass jede und jeder auch abseits der Gottesdienste zur Krippe kommen kann, um sein Herz auszuschütten, um sein Herz zu erleichtern, um sein Herz anrühren und neu anstoßen zu lassen.“

„Weihnachten ist Party für Jesus!“

Mathias Fuchs zitiert aus einem modernen Kirchenlied die Zeile: „Weihnachten ist Party für Jesus!“ So nehme er das auch wahr: „Sehr viele Menschen feiern an Weihnachten – vielleicht nicht unbedingt eine Party. Aber sie kommen zusammen, beschenken sich gegenseitig und haben eine gute Zeit miteinander – und darin erkenne ich sehr viel Christliches.“

Autor:

Katrin Gerweck aus Bretten

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