Offener Brief zur Corona-Krise von Kliniken und Landkreisen an Gesundheitsminister Spahn
"Auf dem Höhepunkt der Krise sind wir nackt"

 In einem offenen Brief haben sich die Geschäftsführer von sechs kommunalen Kliniken, darunter auch Professor Dr. Jörg Martin, Chef der Regionale Kliniken Holding (RKH), zu der auch die Rechbergklinik Bretten gehört, an Gesundheitsminister Jens Spahn gewandt. | Foto: ch
  • In einem offenen Brief haben sich die Geschäftsführer von sechs kommunalen Kliniken, darunter auch Professor Dr. Jörg Martin, Chef der Regionale Kliniken Holding (RKH), zu der auch die Rechbergklinik Bretten gehört, an Gesundheitsminister Jens Spahn gewandt.
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Region (kn) In einem offenen Brief haben sich die Geschäftsführer von sechs kommunalen Kliniken, darunter auch Professor Dr. Jörg Martin, Chef der Regionale Kliniken Holding (RKH), zu der auch die Rechbergklinik Bretten und die Fürst-Stirum-Klinik Bruchsal gehören und den jeweiligen Kommunen an Gesundheitsminister Jens Spahn gewandt und dringende Änderungen am geplanten Gesetzesentwurf zur Unterstützung der Krankenhäuser in Deutschland gefordert: „Der derzeitige Gesetzesentwurf ist für uns und unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Weitem nicht ausreichend“, so heißt es in dem Brief.„Mit diesem Gesetzentwurf laufen wir Gefahr, dass in wenigen Monaten Krankenhäuser ohne die Unterstützung der Landkreise in die Insolvenz gehen würden. Damit stehen die Helfer in kurzer Zeit ohne Hilfe da." Spahns Antwort auf die Corona-Pandemie sei Bürokratie.

Unbürokratischere und konkretere Hilfe gefordert 

Konkret fordern die Kliniken, die nach eigenen Angaben insgesamt jährlich 360.000 Patienten stationär versorgen und für einen Umsatz von 1,97 Milliarden Euro stehen, eine wesentlich unbürokratischere und konkretere Hilfe für die Behandlung der mit COVID-19 infizierten Patienten. „Wir Krankenhäuser sind bereit, unsere Aufgabe, die medizinische Versorgung der Bevölkerung, wahrzunehmen und wollen gemeinsam mit Ihnen die aktuellen sowie zukünftigen Herausforderungen bewältigen. Wir haben alle elektiven, nicht dringlichen chirurgischen Eingriffe sowie nicht zwingend notwendige Patientenaufnahmen auf Station ausgesetzt. Wir haben kurzfristig alle möglichen Intensiv- und Beatmungskapazitäten realisiert. Wir haben unser Personal auf die Intensiv- und Beatmungsbetten fokussiert. Wir akquirieren Hilfspersonal zur Unterstützung der Pflege und Ärzte,“ so die Unterzeichner.

Kliniken fordern Geld von Spahn

Um diese Aufgabe zu stemmen, sei aber eine sofortige und unbürokratische Lösung notwendig. So sollten zur Sicherung der Liquidität bereits ab März den Kliniken monatlich ein Zwölftel des Jahresumsatzes aus dem Jahr 2019, zuzüglich der Veränderungsrate von 3,66 Prozent und einer zusätzlichen Kostensteigerung von fünf Prozent transferiert werden. Um kurzfristig und flexibel auf die personellen Engpässe reagieren zu können, müsse zudem die Dokumentationspflicht aus dem Personalstärkungsgesetz und die Qualitätsdokumentation auf das Notwendigste reduziert werden.

"Auf dem Höhepunkt der Krise sind wir nackt"

Auch für die dringend benötigte medizinische Schutzkleidung, ohne die das Personal nicht handlungsfähig wäre, müsse es einen adäquaten Zuschlag geben. „In unserer Region geht den Kliniken bereits jetzt die Schutzkleidung aus. DRK-Ortsverbände sind ebenfalls betroffen und können dementsprechend Krankentransporte nicht durchführen. Noch schlimmer ergeht es den Rehakliniken und Pflegeeinrichtungen sowie den niedergelassenen Ärzten: Sie bekommen seit Wochen keine Schutzkleidung.Auf dem Höhepunkt der Krise sind wir nackt“, mahnen die Klinikleiter und kommunalen Politiker.

"Wir brauchen unsere Mitarbeiter vor Ort“

Auch für die von der Bundesregierung geforderte Verdopplung der Intensivbetten müsse es eine ausreichende Gegenfinanzierung geben. „Für die zusätzlich geschaffenen Intensivbetten, bei denen die Krankenhäuser hohe Kosten für die neu angeschaffte Medizintechnik und so weiter, zu tragen haben, benötigen wir einem Einmalbetrag von 85.000 Euro“, so die Forderung. Darüber hinaus brauchten auch Eltern, bei denen nur ein Elternteil in der Klinik arbeitet, dringend die Kita, den Kindergarten oder die Schule. Derzeit sei es so, dass beide Elternteile in einer Klinik oder an einer relevanten Stelle des Gesundheitssystems arbeiten müssten, damit eine Betreuung gewährleistet werden kann: „Unter dem Gesichtspunkt einer größtenteils weiblichen Belegschaft in der Pflege und der Medizin stehen wir vor einer großen Herausforderung. Geben Sie den berufstätigen Elternteilen in diesem Land die Chance, ihre Partner zu unterstützen, indem sie zu Hause bleiben und die Kinder betreuen. Wir brauchen unsere Mitarbeiter vor Ort“, heißt es in dem Brief.

"Krankenhäuser sind das Rückgrat der Gesundheitsversorgung"

Zum Schluss appellieren die Unterzeichner: „Die Krankenhäuser sind das Rückgrat der Gesundheitsversorgung. Lassen Sie uns nach der Krise gerne über nachhaltige Strukturen sprechen, die auch krisenfest sind. Damit wir auch in Zukunft für so eine Situation gerüstet sind.“

Mehr finden Sie auf unserer Themenseite Coronavirus.

Autor:

Christian Schweizer aus Bretten

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