"Correctiv"-Faktenckeck der Woche
Covid-19: Vergleiche mit anderen Todesursachen oft irreführend
Überspitzte Behauptungen, unbelegte Gerüchte und gezielte Lügen schüren Ängste in unruhigen Zeiten, wie sie gerade aufgrund der Corona-Krise herrschen. Daher arbeiten das Recherchezentrum "Correctiv" und die Wochenblätter des Bundesverbands Deutscher Anzeigenblätter (BVDA), zu denen auch die Brettener Woche gehört, ab sofort zusammen, um gemeinsam vor gezielten Desinformationen zu schützen.
Region (kn) Immer wieder tauchten in den vergangenen Wochen Beiträge in den Sozialen Netzwerken auf, in denen die Todesfälle durch Covid-19 mit anderen Todesursachen verglichen werden. Meist wird dann argumentiert, dass das Coronavirus nicht wirklich gefährlich sei. So auch in einem Bild auf Instagram, das weltweite Todeszahlen etwa durch Malaria, Verkehrsunfälle und Hunger auflistet. Die Todesfälle durch Covid-19 sind in dieser Auflistung stets der niedrigste Wert. "Das macht es weniger tödlich als eine normale Grippe", behauptet daraufhin der Autor dieser Liste.
Probleme bei Vergleichen mit anderen Todesarten
Mit solchen Vergleichen gibt es jedoch viele Probleme, zum Beispiel, dass die Auswahl der Todesursachen willkürlich getroffen wurde. Sie haben - bis auf die Viruserkrankungen Aids und Grippe - mit Covid-19 nichts gemeinsam. Manche Ursachen wie Hunger betreffen zum überwiegenden Teil nur bestimmte Regionen der Welt, während Covid-19 sich überall ausbreitet. Das Coronavirus ist zudem die einzige neuartige Todesursache, deren Opferzahlen deshalb stark ansteigen.
Probleme bei den verwendeten Zahlen
Und die Zahlen überschneiden sich auch teilweise: So wird etwa eine Zahl für Krebstote angegeben und auch eine Zahl für Tote durch Rauchen. Raucher sterben aber zumindest zum Teil an Krebs. Das Deutsche Krebsforschungszentrum geht davon aus, dass bis zu 90 Prozent aller Lungenkrebsfälle auf das Rauchen zurückzuführen seien. Ein anderes Problem ist die Datengrundlage. Als Quelle dient die Webseite "Worldometer". Dort werden vermeintliche Echtzeitzähler zu unterschiedlichen Themen aufgelistet, etwa zur Weltbevölkerung oder Umweltthemen. Die Zahlen werden allerdings nicht wirklich in Echzeit erhoben, sondern auf Basis von teilweise mehrere Jahre alten Daten geschätzt. "Worldometer" erklärt auf seiner Webseite: "Wir analysieren die verfügbaren Daten, führen statistische Analysen durch und erstellen unseren Algorithmus, der die Echtzeitschätzung liefert."
Vergleiche mit Influenza sind schwierig
Ein Beispiel, das zeigt, weshalb die Zahlen irreführend sind, ist der Vergleich mit Influenza. Die im Instagram-Bild genannte Zahl von 122.062 Toten durch die saisonale Grippe seit Anfang 2020 ist nicht nachvollziehbar. "Worldometer" gibt als Quellen für die Schätzung Pressemitteilungen der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC und der WHO aus dem Jahr 2017 an. Zudem sind die Statistiken für Grippe und Covid-19 laut Correctiv grundsätzlich nicht miteinander vergleichbar, weil sie - zumindest in Deutschland - unterschiedlich erhoben werden: Die Corona-Fälle umfassen im Labor bestätigte Fälle, während die Influenza-Fälle eine statistische Hochrechnung aufgrund der Übersterblichkeit in einem bestimmten Zeitraum darstellen.
Fazit von Correctiv: Der Vergleich unterschiedlicher Todesarten führt in die Irre. Die Gefährlichkeit des Coronavirus lässt sich nicht beurteilen, indem man es mit Autounfällen, Rauchen oder anderem vergleicht.
Fakten für die Demokratie
In den Wochenblättern des BVDA erscheint regelmäßig ein Faktencheck des unabhängigen
und gemeinnützigen Recherchezentrums CORRECTIV. Die vielfach ausgezeichnete Redaktion deckt systematische Missstände auf und überprüft irreführende Behauptungen in den sozialen Medien. Wie Falschmeldungen unsere Wahrnehmung beeinflussen und wie Sie sich vor gezielten Falschnachrichten schützen können, erfahren Sie unter correctiv.org/faktencheck
Autor:Kraichgau News aus Bretten |
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