Bei der Firma Prefag wurde über Wünsche und Vorschläge zur Sicherung des Standorts Walzbachtal diskutiert
Gemeinderäte, Bürgermeisterkandidaten und Unternehmer auf Annäherungskurs

Ideen und Wünsche: Den Fragen von Walzbachtaler Unternehmern stellten sich (von links) die Bürgermeisterkandidaten Siegfried Weber, Michael Paul und Jürgen Bereswill unter der Moderation von Wolfgang Rosenkranz (Vierter von links) sowie (weiter von links) der Bürgermeisterkandidat Werner Kuhn und die Gemeinderatsvertreter Ernst Reichert (Grüne), Silke Meyer (SPD) und Martin Sulzer (CDU). | Foto: ch
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  • Ideen und Wünsche: Den Fragen von Walzbachtaler Unternehmern stellten sich (von links) die Bürgermeisterkandidaten Siegfried Weber, Michael Paul und Jürgen Bereswill unter der Moderation von Wolfgang Rosenkranz (Vierter von links) sowie (weiter von links) der Bürgermeisterkandidat Werner Kuhn und die Gemeinderatsvertreter Ernst Reichert (Grüne), Silke Meyer (SPD) und Martin Sulzer (CDU).
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WALZBACHTAL (ch) Auf Einladung von Walzbachtaler Unternehmensleitungen haben sich am Donnerstagabend vier von fünf Kandidaten zur Bürgermeisterwahl sowie Sprecher von drei der vier Ratsfraktionen zum angekündigten Dialog in lockerer Runde bei der Firma Prefag in Wössingen getroffen. Ziel der Veranstaltung sei es, mit den Bewerbern und den Fraktionsvertretern ins Gespräch zu kommen, deren Vorstellungen zu aktuellen Herausforderungen und zur Zukunft des Standorts Walzbachtal anzuhören sowie den Politikverantwortlichen Wünsche der Unternehmerschaft mitzuteilen, sagte der Vorsitzende der Prefag-Leitung, Jürgen Umhang.

„Kein Wahlkampf, sondern Information“

Der Prefag-Chef ging auch auf die im Vorfeld bekannt gewordene Kritik ein, die sich vor allem am Zeitpunkt der Veranstaltung – vor Ende der Bewerbungsfrist zur Bürgermeisterwahl – entzündet hatte. Seine Rolle sei dabei „völlig fehleingeschätzt“ worden, beklagte Umhang. Er sei „nur Gastgeber“. Der Wunsch zu dieser Veranstaltung „noch vor der Gemeinderatswahl“ sei vielmehr aus der Unternehmerschaft an ihn herangetragen worden. Dennoch handle es sich nicht um eine Wahlkampf-, sondern um eine Informationsveranstaltung. Der Saal war denn auch mit rund 15 Besuchern aus elf meist mittelständischen Unternehmen nicht allzu voll, etwa die Hälfte der Stühle blieb leer. Einzelhändler und kleine Selbständige fehlten. SPD-Fraktionschefin Silke Meyer kritisierte, in ihren Augen sei die Veranstaltung „entweder viel zu früh oder viel zu spät“: „Wir hätten uns alle gefreut, wenn sie schon früher stattgefunden hätte.“

Hohe Kosten bremsen Breitbandausbau

Es war dann die Aufgabe von Wolfgang Rosenkranz, als extra aus dem Kreis Böblingen verpflichtetem, neutralem Moderator die Stellungnahmen der auf dem Podium versammelten Politikvertreter zu den vier vorher festgelegten Themenblöcken zu koordinieren und zur Diskussion zu stellen. Auf die Frage, was geplant sei, um in der Gemeinde gleich gute Bedingungen bei Internet und Mobilfunk herzustellen, kündigte Martin Sulzer seitens der CDU an, dass in den Haushaltsberatungen der nächsten Jahre der weitere Glasfaserausbau beginnend mit der Prefagstraße vorgesehen sei, „sofern Zuschüsse zur Verfügung stehen.“ Allein die Beteiligung am Haupt-Glasfasernetz des Landkreises koste die Gemeinde jährlich 30.000 Euro, ergänzte die SPD-Fraktionsvorsitzende. Da der Ausbau mehrere Millionen koste, könne man ihn „nur nach und nach“ stemmen.

Gegensätzliche Ansichten über Technik

Über den besten Weg hatten die Bewerber teils gegensätzliche Ansichten. CDU-Kandidat Michael Paul denkt an eine Prioritätenliste, während Mitbewerber Jürgen Bereswill den Glasfaserausbau als „Investition in die Vergangenheit“ bezeichnete. Die Zukunft gehöre dem drahtlosen 5G-Standard. Dieser steckt laut Werner Kuhn jedoch „noch in den Kinderschuhen“, man brauche aber schon in den nächsten zwei bis drei Jahren eine Lösung. Er empfahl einen gemeinsamen Workshop. Siegfried Weber wiederum berichtete von einem noch bis Ende 2020 gültigen Förderprogramm, mit dem sich 90 Prozent der Ausbaukosten decken ließen. Wie sehr das Thema den Anwesenden unter den Nägeln brennt, zeigte sich in Fragen und Statements aus dem Publikum, die von Appellen („macht eine Gesellschaft und versorgt euch selbst“) über Kritik („Wir sind in Wössingen mit zwei mbit upload in der Steinzeit“) bis zu konkreten Forderungen („Wir sollten für solche Themen ein Sprachrohr haben“) reichten.

Probleme mit Nahverkehr über Kreisgrenze

Ähnlich akut ist der Wunsch der Betriebe nach Verbesserungen bei der als mangelhaft wahrgenommenen oder – im Fall vom benachbarten Königsbach – gar nicht vorhandenen Anbindung ans öffentliche Verkehrsnetz, die der Arbeitskräftegewinnung im Wege stehe. Während Bürgermeisterbewerber Kuhn das Heft des Handelns auf Unternehmerseite verortete (Organisation von „Fahrgemeinschaften“), boten Grünen-Vertreter Ernst Reichert, SPD-Chefin Meyer und Kandidat Weber Verhandlungen mit dem Karlsruher Verkehrsverbund (KVV) an. Ihr sei bislang nicht bewusst gewesen, dass viele Beschäftigte aus dem Enzkreis kämen, gestand Silke Meyer. Ihr Lob für das „ausgesprochen gute Stadtbahnnetz“ wollte Bewerber Paul aber so nicht stehen lassen, indem er auf jüngste „Risse“ im Netz hinsichtlich Pünktlichkeit hinwies. Kandidat Bereswill schlug den Unternehmern vor, Azubis den Rollerführerschein zu zahlen oder Schichtarbeiter mit dem Firmenbus abzuholen. Aus dem Publikum wurde zudem der Ausbau von Radwegen in die Nachbargemeinden angemahnt und die Anbindung des Jöhlinger Gewerbegebiets nach Gondelsheim diskutiert.

„Messer zwischen den Zähnen“

Der vom Podium gelegentlich geäußerte Vorschlag zur Wiederbelebung des Gewerbevereins, um als gemeinsamer Ansprechpartner gegenüber der Gemeinde auftreten zu können, erschien einem Unternehmer als „vielleicht falscher Ansatz“. Aber vielleicht könne man sich in Arbeitsgruppen „zusammenraufen“. Ihm komme es so vor, als habe jeder „ein bissle ein Messer zwischen den Zähnen“, meinte der Firmeninhaber. Dabei sei es „wichtig, dass man aufeinander zugeht und aufeinander hört.“ Das sei in den letzten Jahren „nicht gemacht worden“.

Bürgermeister als „Headhunter“

Auch zum dritten Themenkomplex - Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung der Gemeinde, um qualifizierte Arbeitskräfte gewinnen zu können – hatten die Befragten unterschiedliche Antworten. Während CDU und SPD auf den attraktiven Ist-Zustand beispielsweise bei Stadtbahnanbindung, Kinder- und Seniorenbetreuung hinwiesen, bot sich Bewerber Bereswill im Fall seiner Wahl zum Bürgermeister als „Headhunter“ an, der in der strukturschwachen Westpfalz ein Inserat mit Arbeitsplatzangeboten in Walzbachtal schalten werde, verbunden mit einer Kindergartenplatzgarantie. Michael Paul zog mit dem Vorschlag einer Kindergartenplatz-Vereinbarung für Unternehmen gleich, während sich Siegfried Weber eher skeptisch zeigte und stattdessen eine Innenverdichtung („aber nicht um jeden Preis“) und ein Neubaugebiet vorzog. Bewerber Kuhn würde über eine WhatsApp-Gruppe Walzbachtal die Vermittlung von Arbeitsstellen, Wohnraum und Flächen beschleunigen.

Konträre Ansichten zu Flächennutzung

An neuen Gewerbeflächen zur Gewährleistung eines gesunden Wachstums der örtlichen Betriebe – so das Thema des letzten Fragenkomplexes – führt nach Ansicht von Bewerber Paul „kein Weg vorbei“. Angesichts der schwierigen Topographie sei die Frage nur, wo. Mitbewerber Weber wies auf bestehende Pläne für das Gebiet Hofmannseite hin. Kandidat Kuhn sieht vor allem Potenzial zwischen Jöhlingen und Wössingen im „ganzen Grünstreifen entlang der B293 entlang der Bahn“. Womit er prompt Widerspruch von der SPD-Fraktionschefin erntete, die darauf hinwies, dass dieser regionale Grünzug laut Regionalplan und aus Klimagründen nicht bebaut werden dürfe. Dagegen führte Bewerber Bereswill ein Beispiel aus Eisingen an, wo in einem ursprünglich nicht bebaubaren Wasserschutzgebiet jetzt eine „Riesenfirma“ stehe. Sein Fazit: „Es geht auch mit Flächentausch.“ Die Überlegung von Silke Meyer, man müsse vielleicht auch mehr „in die Höhe bauen“, fand ein Zuhörer „problematisch“.

„Gehör gefunden“

Am Schluss der rund zweistündigen Diskussionsrunde wandte sich Gastgeber Jürgen Umhang an die versammelten Unternehmer: Ein wichtiges Ziel sei erreicht, „Sie haben Gehör gefunden.“ Und den Politikvertretern kündigte er an, man werde sich künftig „auch außerhalb von Wahlkampfzeiten“ bei ihnen melden. Anschließend nutzten die Anwesenden noch die Gelegenheit, bei vom Gastgeber bereitgestellten Snacks und Getränken in kleinen Gruppen ins persönliche Gespräch zu kommen.

Mehr zur Bürgermeisterwahl lesen Sie auf unserer Themenseite

Autor:

Chris Heinemann aus Bretten

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