Laut Gesundheitsminister Manne Lucha noch "kein Grund zur Unruhe"
"Patient Null" aus Göppingen: Weitere Coronavirus-Fälle (Aktualisierung)

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Stuttgart (dpa/lsw) Irgendwann am gestrigen Nachmittag, 26. Februar, wirkte die Kette der Meldungen wie ein Dominoeffekt. Kaum hatte Gesundheitsminister Manne Lucha die Details zum ersten baden-württembergischen Coronavirus-Patienten aus dem Kreis Göppingen veröffentlicht, da schlug zunächst das Universitätsklinikum in Tübingen Alarm und meldete zwei weitere Fälle. Wenige Stunden später folgte der vierte Fall, ein Patient in Rottweil. Spätestens am Mittwoch war klar, dass das Coronavirus auf seinem rasanten Zug um die Welt auch an Baden-Württemberg nicht vorbeiziehen wird. Lucha mahnte allerdings ebenso wie die Gesundheitsbehörden zur Besonnenheit. Es gebe noch "keinen Grund zur Unruhe",  sagte der Grünen-Politiker.

Auch Oberarzt unter Infizierten

Nach Angaben der Behörden stehen die beiden Tübinger Fälle in direktem Zusammenhang mit dem sogenannten Patienten Null, dem infizierten Mann aus dem Kreis Göppingen. Beide Namen finden sich auf der Liste seiner Kontakte aus den vergangenen Tagen. Sowohl die 24 Jahre alte Reisebegleitung des Mannes aus dem Italien-Urlaub vergangene Woche als auch deren Vater, ein Oberarzt in der Pathologie am Tübinger Universitätsklinikum, würden isoliert behandelt, teilte das Krankenhaus mit.

32-Jähriger war mit Familie im Italien-Urlaub

Anders dagegen der Fall in Rottweil: Der 32-jährige Mann aus dem Landkreis sei mit seiner Familie aus dem Risikogebiet, dem Ort Codogno in der italienischen Provinz Lodi, eingereist, teilte das Gesundheitsministerium am Abend mit. Während seine Frau und sein Kind keine Symptome zeigten, habe sich der Familienvater mit grippeähnlichen Beschwerden beim Gesundheitsamt gemeldet. "Am frühen Mittwochabend hat sich der Verdacht schließlich bestätigt", teilte das Ministerium mit. Weitere Details nannte die Behörde zunächst nicht. Auch über den Gesundheitszustand des Mannes wurde zunächst nichts bekannt.

Dutzende Mediziner unter Beobachtung

Den beiden Tübinger Patienten und dem Mann in Göppingen geht es nach Angaben der Behörden gut. "Sie  sind in gutem Zustand und fühlen sich wohl", sagte Nisar Malek, Ärztlicher Direktor an der Medizinischen Klinik, über die betreuten Fälle in Tübingen. Der ältere Patient habe "so gut wie keine Symptome", seine infizierte Tochter verspüre lediglich leichte Halsschmerzen. Sämtliche Kontaktpersonen der beiden Patienten aus den vergangenen Tagen seien bekannt und informiert. Der Mann hatte nach dem Wochenende an einem Treffen von Oberärzten teilgenommen. Es seien daraufhin ein Dutzend Mediziner getestet und "aus der Krankenversorgung herausgenommen worden". Sie seien unter Beobachtung, teilte das Klinikum mit.

"Es gibt keinen kursierenden Virus bei uns"

Gesundheitsminister Lucha bemühte sich vor Bekanntwerden der neuen Fälle darum, besorgte Gemüter zu beruhigen. "Es gibt nach wie vor keinen kursierenden Virus bei uns", sagte er. Die Krankenhäuser seien vorbereitet, es sei aber noch alles unter Kontrolle, der Weg des Erregers im Südwesten könne nachgezeichnet werden. Auch die Tübinger Mediziner zeigten sich überzeugt, den Erreger isoliert und die Ansteckungsgefahr in den Griff bekommen zu haben.

13 Kontakte des erkrankten Mannes aus dem Kreis Göppingen bekannt

Der Göppinger Landrat gab sich ebenfalls zuversichtlich: "Wir setzen darauf, dass wir das Virus in den Griff bekommen und eine Weiterverbreitung verhindern können", sagte Edgar Wolff. Es gebe einen Krisenstab, der die Lage stets neu bewerte. Tübingens Landrat Joachim Walter warnte davor, "Hyperaktivitäten zu entwickeln". Es sei für das Funktionieren einer Gesellschaft gefährlich, wenn Menschen zu viele Ängste entwickelten. Bislang sind laut Ministerium 13 Kontakte des erkrankten Mannes aus dem Kreis Göppingen bekannt und informiert, darunter die junge Frau aus Tübingen und eine italienische Freundin des Paares. Problematisch könnte noch ein Kinobesuch des Mannes mit einem Bekannten am Samstagabend im bayerischen Neu-Ulm werden. Laut Landratsamt saßen insgesamt 138 Menschen im Saal.

"Es kann wirklich jeden treffen und es gibt keine Abwehrmechanismen"

Trotz der Zusicherung der Gesundheitsbehörden betonte die Infektionsschutz-Expertin Isolde Piechotowski auch, dass sich das aus China stammende Virus im Vergleich zur Influenza weitgehend ungehindert ausbreiten könne. "Bei der Influenza gibt es eine Impfquote, wenngleich sie noch zu gering ist", sagte die Mitarbeiterin des Gesundheitsministeriums in Stuttgart. Auch sei ein Teil der Menschen immun. "Aber das Coronavirus trifft auf eine völlig naive Bevölkerung. Es kann wirklich jeden treffen und es gibt keine Abwehrmechanismen."

Ein Dominoeffekt wäre fatal

Der Freiburger Virologe Hartmut Hengel mahnte, Infektionsketten möglichst zu unterbinden oder zumindest zu unterbrechen. "Das gelingt, wenn schnelle Erstdiagnosen gestellt und dann Weitergaben des Virus durch Isolation der Patienten verhindert werden", sagte der Leiter des Instituts für Virologie der Universität Freiburg der Deutschen Presse-Agentur. Es muss vermieden werden, dass Menschen mit Beschwerden die Kliniken stürmten und das Personal ansteckten, das dann wiederum weitere Patienten infizieren könne. Ein solcher Dominoeffekt sei fatal.

Ursprung des neuartigen Virus liegt in China

In Deutschland waren schon vor einiger Zeit erste Infektionen mit Sars-CoV-2, das die Lungenkrankheit Covid-19 auslösen kann, nachgewiesen worden: vor allem bei einer Firma in Bayern, aber auch bei Rückkehrern aus der chinesischen Stadt Wuhan. Diese Fälle führten aber nicht zu weiteren bekannten Ansteckungen. Der Ursprung des neuartigen Virus liegt in China. Die Zahl der Todesopfer und Infizierten dort ist erneut gestiegen.

Aktualisierung (28. Februar, 14Uhr): Zwei weitere Menschen aus Baden-Württemberg haben sich mit dem neuartigen Coronavirus infiziert. Im ersten Fall handle es sich um einen Mann aus dem Landkreis Ludwigsburg, der bei der sogenannten Influenza-Überwachung "herausgefischt" worden sei, teilte das Sozialministerium am Freitag in Stuttgart mit. Das bedeutet, dass Proben im Labor des Landesgesundheitsamtes, die auf Influenza getestet wurden, automatisch auch auf das Coronavirus hin untersucht werden. Dies ist der erste Fall, der auf diese Art ermittelt wurde.

Beim zweiten Fall handelt es sich um einen Mann aus dem Rhein-Neckar-Kreis, der sich am Mittwochabend nach seiner Rückkehr aus dem Ski-Urlaub in Südtirol mit leichten Symptomen in der Notfallambulanz der Heidelberger Universitätsklinik vorgestellt hatte. Der Test fiel am späten Donnerstagabend positiv aus. In Baden-Württemberg gibt es damit nun zehn Menschen, die sich mit dem neuen Virus Sars-CoV-2 infiziert haben. dpa/lsw

Aktualisierung (28. Februar, 16 Uhr): Die Zahl der Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus nimmt in Baden-Württemberg weiter zu. Das Gesundheitsministerium teilte am Freitagnachmittag mit, dass zwei weitere Menschen erkrankt sind. Ein Mann aus Nürnberg hat sich demnach während einer Geschäftsreise in Karlsruhe krank gemeldet und wird in der Fächerstadt isoliert betreut. Auch seine Familie in Nürnberg habe Symptome gezeigt, hieß es. Einen weiteren Fall meldeten die Behörden aus Freiburg. Dort sei ein Mann aus dem Kreis Breisgau-Hochschwarzwald nach einer Italien-Reise positiv getestet worden. In Baden-Württemberg gibt es damit nun zwölf Menschen, die sich mit dem neuen Virus Sars-CoV-2 infiziert haben.

Bereits am Vormittag hatte das Ministerium zwei neue Fälle gemeldet, darunter ist auch ein Mann aus dem Landkreis Ludwigsburg. Er sei bei der sogenannten Influenza-Überwachung «herausgefischt» worden. Das bedeutet, dass Proben im Labor des Landesgesundheitsamtes, die auf Influenza getestet wurden, automatisch auch auf das Coronavirus hin untersucht werden. Dies ist der erste Fall, der auf diese Art ermittelt wurde. Bei dem anderen Fall handelt es sich um einen Mann aus dem Rhein-Neckar-Kreis, der sich am Mittwochabend nach seiner Rückkehr aus dem Ski-Urlaub in Südtirol gemeldet hatte. dpa/lsw

Mehr finden Sie auf unserer Themenseite Coronavirus.

Autor:

Kraichgau News aus Bretten

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