Kreativ, kunstfertig und KI
Statements von Innungsobermeistern zum Tag des Handwerks 2024
Nelli Butsch, Obermeisterin Friseurinnung Pforzheim:
"Das Friseurhandwerk ist einer der kreativsten Berufe, wir Friseurinnen und Friseure sehen schnell die Ergebnisse unserer Arbeit. Wir haben es oftmals mit sehr positiven Emotionen zu tun, unsere Kundinnen und Kunden kommen gerne wieder, wenn sie zufrieden sind. Und unser Handwerk ist einem kontinuierlichen Wandel unterworfen. Die Ästhetik ist unser Hauptgeschäft, in den 1990er Jahren wurde die Kosmetik in die Ausbildungspläne mit einbezogen. Leider haben auch wir mit dem Fachkräftemangel zu kämpfen. Der Führungsstil hat sich von streng hierarchisch nach teamorientiert entwickelt. Und das ist gut so, denn so können wichtige Ressourcen in Form von persönlichen Stärken und frischen Ideen viel besser genutzt werden. Davon profitiert ebenfalls die Arbeitsatmosphäre.
Mittlerweile sollten wir uns an den Gedanken der Künstlichen Intelligenz auch bei Friseuren gewöhnen. Wenn heute schon ein Roboter in der Großküche in rasender Geschwindigkeit beispielsweise Gurken schält, wer weiß, vielleicht wickelt er uns künftig die Dauerwelle? Er merkt sich spielend die Vorlieben der Kunden, die Algorithmen machen kreative Vorschläge zur Frisurgestaltung und können sogar auf Emotionen adäquat eingehen.
Im laufenden Jahr wollen wir dem altersbedingten Mitgliederschwund in der Friseurinnung begegnen. Unter anderem rufen wir ab Herbst einen Stammtisch für interessierte Kolleginnen und Kollegen ins Leben. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie Mitglied sind oder nicht. Im persönlichen Gespräch lassen sich die Vorteile einer Mitgliedschaft am besten individuell erklären und sind die „Jungen“ sicher am ehesten zu begeistern."
Martin Reinhardt, Obermeister Bäckerinnung Alb-Neckar-Nordschwarzwald:
„Backen ist echtes Handwerk. Der Bäcker und die Bäckerin fühlen, bearbeiten und kneten den Teig mit ihren Händen und formen ihn zu Broten und Brötchen. Sie stellen in Handarbeit verführerische süße Teilchen, Kuchen und Torten her. Fachverkäuferinnen und -verkäufer verkaufen diese Backwaren in unseren Fachgeschäften mit Sachkunde und einem freundlichen Wort und mit persönlicher Ansprache. Auch das ist Handwerk!
In unserem Lebensmittelhandwerk brauchen wir qualifizierte Handwerkerinnen und Handwerker, die den höchsten Ansprüchen an Sorgfalt und Qualität genügen. Deshalb bildet das Bäckerhandwerk in attraktiven Ausbildungsberufen ihre zukünftigen Fachkräfte selbst aus.
Um sich im starken Wettbewerb gut zu platzieren, geht es darum, mit einem besonderen Backwarenangebot und einem besonderen „Kundenservice“ eine Einkaufsatmosphäre zu schaffen, die einzigartig ist – bei der Einkaufen zum Erlebnis wird. Dazu gehört, dass die Bäckereien Trends erkennen, sie schnell aufnehmen und ihre Produktpalette kontinuierlich nach den Kundenwünschen ausrichten. Dafür sind Flexibilität, Vielseitigkeit und Kreativität gefordert. Das kann das Bäckerhandwerk in hervorragender Weise.
Übrigens: Echtes Bäckerhandwerk aus Deutschland ist auch international sehr gefragt und genießt im Ausland ein sehr hohes Ansehen.“
Reiner Schaber, Obermeister Bauinnung Karlsruhe-Bruchsal
"Die große Faszination an unserer Arbeit ist, dass man jeden Tag sieht, was man geschafft hat, besonders im Kleinbetrieb, wo man in der eigenen Region tätig ist. Gerade Ferienarbeiter und Praktikanten melden mir das immer wieder zurück. Mein Patenkind, das jetzt Abitur macht und in den Ferien bei uns gejobbt hat, sagte: „Noch in zehn Jahren sehe ich, wenn ich dort vorbeifahre, was ich gemacht habe.“ Es ist handwerkliche Kunst, aber um die körperliche Arbeit zu bewältigen, nutzen wir inzwischen viele Maschinen, wie Minibagger oder Mini-Radlader und Pflaster-Verlegemaschinen, um Lasten ohne Körperkraft bewegen zu können. Natürlich ist immer noch Körpereinsatz gefragt, aber mithilfe der Technik schafft man ganz viel. Und Handwerk hat goldenen Boden, und der Verdienst ist ebenfalls sehr gut.
Für unsere Branche sind die Ausbildungsbörsen in der Region nicht immer der optimale Weg, da sich junge Menschen gegen die körperliche Arbeit stellen. Wir sind aber weiterhin auf den Börsen und Messen präsent, versprechen uns aber mehr davon, uns in Europa nach Arbeitskräften umzusehen. In der Innung und im Verband suchen wir nach Möglichkeiten, wie das zu realisieren ist.
Die Menschen beispielsweise vom Balkan haben von Haus aus Gespür für handwerkliche Arbeiten, was uns in den Betrieben ja entgegenkommt. Ich habe zum Beispiel gute Erfahrungen mit Menschen vom Balkan gemacht. Das Problem ist, dass eine berufliche Qualifikation oft nicht gegeben ist. Wir bilden sie dann aus und schulen sie. Es bietet sich auch zum Beispiel die zweijährige Ausbildung zum Tiefbaufacharbeiter an.
Ich habe auch schon einen Afghanen ausgebildet, was aber eine große Herausforderung, auch auf der interkulturellen Ebene war. Dennoch habe ich es gerne gemacht und der junge Mann hat seine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen."
Autor:Kraichgau News aus Bretten |
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