Starkregen gefährdet Ackerböden
Was Landwirte gegen Erosion tun
Region (ger) Die Erosion von fruchtbarem Boden ist weltweit ein hochbrisantes Thema in der Landwirtschaft. Auch im Kraichgau haben die Landwirte damit zu kämpfen, dass Boden durch Wasser und Wind abgetragen wird. Der hiesige Lössboden ist zwar sehr fruchtbar, durch seinen hohen Anteil an Schluff aber stark erosionsgefährdet, was die Topographie des Kraichgaus mit seinen Hügeln noch zusätzlich verstärkt. Der Klimawandel verschärft das Problem weiter: Lange Trockenperioden sowie Starkregen setzen dem Boden vermehrt zu.
Kern sieht Glyphosat-Verbot kritisch
Alexander Kern, Landwirt auf dem Spitalhof in Diedelsheim, sieht in diesem Zusammenhang das Verbot des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat kritisch. Seine Flächen liegen im Wasserschutzgebiet, daher darf er das Herbizid seit September 2021 nicht mehr einsetzen, bis Ende 2023 ist es EU-weit verboten. Schon vor dem Verbot hatte er vor der damit zunehmenden Bodenerosion gewarnt. Als am Donnerstag, 19. Mai, im Südwesten ein Unwetter mit starkem Regen niederging, gab es an seinen Feldern in Hanglage eklatante Abschwemmungen.
"Abhängigkeit vom Wetter kann man nicht ändern"
Auch in Gondelsheim erodierten Flächen, die der Landwirt Manfred Maisenhelder vom Martinshof bewirtschaftet. Er hatte drei bis vier Wochen zuvor Sojabohnen in Mulchsaat gesät. Das bedeutet, dass er dort über den Winter eine Zwischenfrucht als Gründünger hat stehen lassen. Sie wird nicht abgeerntet, sondern zum Bodenaufbau eingearbeitet. „Das vernetzt den Boden und kann man sich so ähnlich vorstellen, wie die Zugabe von Stroh bei Lehm zum Hausbau, wie es früher üblich war“, erläutert Maisenhelder. Anschließend wird direkt in den so vorbereiteten Boden die nächste Frucht, in diesem Fall Soja, gesät. Die Saat war schon aufgegangen, der Boden hatte sich aber noch nicht wieder abgesetzt. Beim Starkregen ist Boden von den Feldern abgetragen worden. Die Mulchsaat setzte in der Folge die Abwasser-Schächte zu, so dass Wasser und Schlamm bis zum Marktplatz und zur Leitergasse in Gondelsheim fließen konnten. Wäre der Regen nur zwei bis drei Wochen später gekommen, hätte die Situation schon anders ausgesehen, ergänzt Maisenhelders Sohn Michael, mit dem er gemeinsam den Hof führt. Die Abhängigkeit vom Wetter könne man nicht ändern, ein Restrisiko sei damit immer da.
"Wir hatten das Problem angekündigt"
Bei weniger Einsatz von Herbizid müssen die Landwirte mehr mechanische Bodenbearbeitung durchführen. Alexander Kern beschreibt, dass er im Frühjahr bis zu dreimal den Boden vorbereitend bearbeitet. Er nutzt dazu eigens einen Flachgrubber, der nur auf einer geringen Tiefe von zwei Zentimetern eingreift. Doch trifft starker Niederschlag auf lockeren Boden, nehmen die Wassermassen diesen mit. Zum Zeitpunkt des Starkregens war dies auf Flächen der Fall, auf denen späte Ackerfrüchte wie Mais, Sonnenblumen oder Rüben, die erst im April oder Mai gesät werden, angebaut waren. Die Pflanzen waren noch recht klein und hatten den Boden noch nicht so weit verwurzelt, dass sie ihn stabilisiert hätten. „Wir hatten das Problem angekündigt“, betont Kern. Und weiter: „Die Frage ist: Was ist schlimmer?“ Beim Einsatz von Glyphosat müsse der Boden nicht derart bearbeitet werden und wäre damit besser gegen Abschwemmungen gewappnet. Und bei den Rüben zum Beispiel habe sich nach dem Wegfall von Glyphosat der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gar erhöht, so Kern. Die Situation sei unbefriedigend. Kern, der eine so genannte regenerative Landwirtschaft betreibt, investiert viel in Bodenaufbau, indem er Bioorganismen einbringt, die Felder dauerhaft und vielfältig begrünt und damit Humusaufbau und CO2-Speicherung betreibt. Dass die Ackerkrume dann bei den häufiger auftretenden Starkregenereignissen wegfließe und im Bach lande, sei ja auch für die Gewässer nicht gut, sagt er. Andererseits sei er auch froh, dass er sich nicht mehr Diskussionen wegen des heftig umstrittenen Glyphosats stellen müsse.
"Ich habe mich auf die Situation eingestellt"
Für Manfred Maisenhelder, dessen Felder ebenfalls im Wasserschutzgebiet liegen, ist Glyphosat kein Thema mehr. „Ich habe mich auf die Situation eingestellt und suche nach anderen Möglichkeiten“, sagt er. „Schon aus Eigeninteresse sind wir Landwirte ja bestrebt, den Boden zu halten.“ Dabei bewege man sich im Spannungsfeld zwischen Biologie, Chemie und Physik. Biologie, also die Pflanzen mit ihren Eigenschaften, sei die Basis. Chemie, also Pflanzenschutz und Dünger, sowie Physik, zum Beispiel Größe der Bodenkrümel und Hanglage der Fläche, seien weiter zu berücksichtigen, um das Haltevermögen der Böden zu verbessern. Investitionen in neue Technik sei dabei ein Baustein, der allerdings auch finanziell tragbar sein müsse.
Betriebsgemeinschaft mit anderen Höfen
Heiko Leis aus Flehingen hat dazu eine Betriebsgemeinschaft mit anderen Höfen, die große Maschinen gemeinsam anschaffen und nutzen. Als Öko-Landwirt müsse er einen stärkeren Blick auf den Boden haben, als seine konventionell wirtschaftenden Kollegen, sagt er. Während sie mit einer größeren Düngerpalette nachhelfen könnten, sei er auf die Nährstoffmobilisierung im natürlichen Kreislauf, zum Beispiel durch Fruchtfolge, angewiesen. „Jeder Fehler bei der Bodenbearbeitung wird bestraft und ist nur schwer wieder zu heilen“, betont er. Des Weiteren dürfen im ökologischen Landbau keine Herbizide angewendet werden, Beikräuter müssen also mechanisch angegangen werden.
"Landwirtschaft ist immer ein Kompromiss"
Für Heiko Leis ist die Konsequenz, dass er auf stark erosionsgefährdeten Standorten keine Rüben, Sonnenblumen oder andere Hackkulturen anbaut. Seine Fruchtfolgen – also die Abfolge, welche Frucht wann auf die Felder kommt – plant Leis zwei bis drei Jahre im Voraus, im Hinblick auf Bodengüte, benötigte Nährstoffe (man kann nicht beliebig jede Frucht nacheinander anbauen), Agrarförderprogramme und Topographie. „Landwirtschaft ist immer ein Kompromiss“, macht er klar.
Autor:Katrin Gerweck aus Bretten |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.