Helfer aus Gochsheim und Oberderdingen berichten über ihre Hilfe im Hochwassergebiet
„Die Leute haben alles verloren“

Die vier Helfer beim Aufbruch: Nils Hornung, Christopher Nuber, Marvin Sitzler und Raimund Vieth (von links) | Foto: privat
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  • Die vier Helfer beim Aufbruch: Nils Hornung, Christopher Nuber, Marvin Sitzler und Raimund Vieth (von links)
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Kraichtal-Gochsheim/Oberderdingen (ger) Die Starkregen- und Hochwasserereignisse in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz haben viele Menschen in der Region tief erschüttert. So auch Christopher Nuber aus Kraichtal-Gochsheim, der zusammen mit seinen Eltern Walter und Ute Nuber einen Baumaschinen-Verleih und Baustoffhandel betreibt. Gemeinsam mit seinem Kunden und guten Bekannten Nils Hornung, Inhaber eines Garten- und Landschaftsbaubetriebs in Oberderdingen, überlegte er, wie man denn helfen könne. Beide wollten sich gerne mit ihrem beruflichen Know-how und fachmännischem Equipment nützlich machen. Hornung kam an eine Adresse für einen organisierten Stützpunkt in Gemünd/Schleiden in der Eifel.

Vier Mann, zwei Laster, zwei Bagger und ein Radlader

Zu viert – zu den beiden waren noch Raimund Vieth, der beim DRK Oberderdingen aktiv ist und Marvin Sitzler, von Beruf Baumaschinenführer, gestoßen – brachen sie an einem Mittwoch Ende Juli auf, ausgestattet mit zwei Lastwagen, zwei Baggern und einem Radlader sowie acht Paletten Sprudel, die sie innerhalb von zwei Stunden über einen Facebook-Aufruf von Händlern und Privatleuten gespendet bekommen hatten. Außerdem hatte Christophers Mutter Ute, die als Gemeinderätin auch politisch aktiv ist, Besen und Schippen von der Stadt Kraichtal organisiert, Geldspenden gesammelt und eigenhändig fünf Linzertorten gebacken.

"Man ist dann schon schockiert"

Schon auf dem Weg dorthin hatten die vier an einem Rastplatz von Lkw-Fahrern gehört, dass sie sich auf das Schlimmste gefasst machen müssten, waren doch ringsum Autobahnen und Bundesstraßen unterspült und weggerissen worden. Und es sei etwas völlig anderes, wirklich dort zu sein, als „nur“ Bilder von der Katastrophe in den Medien zu sehen, so Christopher Nuber. „Man ist dann schon schockiert. So etwas hat man noch nicht gesehen, das ganze Elend. Die Leute haben alles verloren.“ Der Stützpunkt an einem Hotel, dessen untere Stockwerke durch Wassermassen unbewohnbar geworden waren, sei von Privatleuten organisiert worden. „Zufällig waren auch gerade Soldaten aus Bruchsal dort, die Zelte mit Warmwasser aufgestellt haben, zum Duschen.“ Die Hotelinhaberin habe ihnen Zimmer im obersten Stockwerk zum Schlafen zur Verfügung gestellt, sodass sie die Zelte, die sie dabeihatten, gar nicht brauchten.

"Solidarität ist riesig"

Die Aufgaben ergaben sich in der Folge von selbst, wobei die vier Helfer vor allem damit beschäftigt waren, die riesigen Sperrmüll- und Bauschuttmassen wegzuschaffen. Mit ihren kleinen Baumaschinen konnten sie sich vor allem in Innenhöfen nützlich machen. Viele Privatleute hätten dort ebenfalls geholfen, die Arbeitstrupps fanden sich selbst zusammen. „Man war an einer Stelle beschäftigt, dann kam jemand dazu, hat gefragt, ob man noch Hilfe braucht und dann hat man einfach ohne viel Gerede miteinander gearbeitet“, beschreibt es Christopher Nuber. „Die Solidarität ist riesig. Man muss wirklich sagen, Deutschland hält zusammen.“ Jeder habe seinen Teil beigetragen, so gab es auch Verpflegungsstationen wie eine Imbissbude, an der sich jeder Würstchen und Bratkartoffeln holen konnte, "natürlich, ohne dass man dafür bezahlen musste".

"Viele denken gar nicht an Wiederaufbau"

Die Innenstadt von Gemünd sei völlig überflutet gewesen, bis zu neun Meter hoch sei das Wasser aus den beiden Flüssen Urft und Olef gestanden. „Die sind eigentlich nicht größer als der Kraichbach“, so Nuber. Brücken und Straßen seien zerstört, an den Läden in der Fußgängerzone die Schaufenster zugenagelt, an vielen Stellen komme man an Autofriedhöfen vorbei. Das Wasser sei weg, aber die Menschen seien nach wie vor beschäftigt, alles auszuräumen und auf die Straße zu werfen. „Die Leute dort stehen unter Schock. Viele denken gar nicht an Wiederaufbau“, konstatiert Christopher Nuber. Ein älterer Herr habe zum Beispiel einfach nur noch alles loswerden wollen. Das Angebot, wenigstens seine Fotos aus dem Abfall herauszusuchen, habe er mit der Begründung abgelehnt, er brauche nichts mehr.

"Auch eine große Umweltkatastrophe"

Christopher Nuber fuhr den Schutt zur Deponie, wo die riesigen Mengen erstmal ungetrennt abgeladen worden seien. „Geruchstechnisch war das unbeschreiblich. Es gärt, kann man sagen.“ Allmählich wüssten die Leute auch nicht mehr, wohin mit dem Abfall. Unklar sei auch, wie er entsorgt werden könnte. Vieles sei von Kraftstoffen aus Heizungsanlagen, zerstörten Pkw und mehr kontaminiert. "Es ist auch eine Umweltkatastrophe", sagt der 29-Jährige. Und ein drängendes Problem, denn Müll und Schlamm erhöhen auch die Seuchengefahr.

Autor:

Katrin Gerweck aus Bretten

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