Der Schweizer Hof: Stadtgeschichtliches Denkmal und Museum
Folge 12 unserer Reihe zum Jubiläumsjahr über Schauplätze der Stadtgeschichte
Anlässlich des Stadtjubiläums „1250 Jahre Bretten“ veröffentlicht die Brettener Woche jeden Monat einen Beitrag von Dr. Peter Bahn. In der Serie beleuchtet der Leiter des Stadtmuseums im Schweizer Hof ausgewählte Schauplätze, die mit bedeutenden Kapiteln der Brettener Stadtgeschichte verbunden sind. Lesen Sie heute den zwölften Beitrag von Dr. Bahn über den Schweizer Hof.
Im Jahre 1707 wurde an der damaligen „Gottesackertorstraße“ (seit 1859: „Melanchthonstraße“), der Ost-West-Achse und Hauptdurchgangsstraße der Stadt, das hoch aufragende Fachwerkgebäude des „Schweizer Hofs“ errichtet. Es ist somit ein typisches bauliches Zeugnis der rund fünf Jahrzehnte dauernden Wiederaufbau-Ära Brettens nach dem verheerenden Stadtbrand von 1689. Doch reicht die Geschichte des Hausplatzes noch einige Jahrhunderte weiter zurück und verweist auf die Klosterwirtschaft im Brettener Raum.
Einst Zehnthaus des Klosters Frauenalb
Seit dem späten Mittelalter befand sich an dieser Stelle das Brettener Zehnthaus des Benediktinerinnenklosters Frauenalb. Die Frauenalber Nonnen waren rund um Bretten begütert, und die jeweiligen Landpächter hatten ihre Naturalabgaben beim Zehnthaus abzuliefern. 1689, bei der Zerstörung Brettens im Pfälzer Erbfolgekrieg, brannte auch das Zehnthaus nieder. Erhalten blieben allerdings die unter ihm befindlichen, mehrfach nach unten abgestuften Gewölbekeller.
Wiederaufbau als Schweizer Hof
Nachdem der Pfälzer Erbfolgekrieg 1697 durch den Frieden von Rijswijk beendet worden war, konnte auch in Bretten der Wiederaufbau beginnen. Auf den Gewölbekellern des früheren frauenalbischen Zehnthauses entstand in dieser Wiederaufbau-Ära das Gebäude des heutigen Schweizer Hofs. Das für den Bau benötigte Holz wurde, ausweislich einer 1997 von der Universität Karlsruhe vorgenommenen dendrochronologischen Untersuchung, im Winter 1705/1706 und im Winter 1706/1707 geschlagen. Die eigentliche Bauphase des heutigen Gebäudes dürfte folglich in die Jahre 1707/1708 gefallen sein.
Erste Betreiberin war Schweizer Familie Paravicini
Von Anfang an war der Schweizer Hof eine Gaststätte und – mehr noch – eine Gastherberge. Begünstigt wurde dies durch seine zentrale Lage an der Hauptdurchgangsstraße Brettens. Durchziehende Kaufleute fanden hier ein nächtliches Quartier, eine Remise hinter dem Gebäude ermöglichte die Aufnahme ihrer Pferde. Zu den nachweislich ersten Betreibern der Herberge gehörten Angehörige der Familie Paravicini, deren Vorfahren gegen Ende des 16. Jahrhunderts als reformierte Glaubensflüchtlinge aus dem damals zur Schweiz gehörenden Veltlin in den Kraichgau eingewandert und in Bretten rasch zu Wohlstand und Einfluss gekommen waren.
Zeitweilig Schnapsbrennerei und Bierbrauerei
Im Laufe des 18. und des frühen 19. Jahrhunderts wurden der eigentlichen Gastherberge verschiedene Nebenfunktionen angegliedert. So bekam sie zum Beispiel einen im ersten Obergeschoss gelegenen Tanzsaal und zeitweilig wurden im Gebäude eine Schnapsbrennerei und eine kleine Privatbrauerei betrieben. Von 1895 bis 1971 war das bekannte Karlsruher Brauereiunternehmen „Sinner“ Eigentümer des Schweizer Hofs, das hier eine Zeitlang noch selbst Bier abfüllte.
Durch Bürgerinitiative saniert
Die Phase der ganz oder doch überwiegend gastronomischen Nutzung des Hauses zog sich noch bis ins letzte Drittel des 20. Jahrhunderts hin. Zeitweilig war die Gaststätte „Schweizer Hof“ das Vereinslokal des traditionsreichen, 1908 gegründeten Brettener Fußballvereins, des VfB. Nachdem die Stadt Bretten das Gebäude 1996 gekauft hatte, begann die ehrenamtliche Sanierung durch die Bürgerinitiative Brettener Heimat- und Denkmalpflege. Fast 40 000 Arbeitsstunden steckten die Helfer aus der Bürgerschaft in das Projekt, das im Herbst 2001 abgeschlossen werden konnte. Seit Sommer 2002 beherbergt der Schweizer Hof das stadt- und regionalgeschichtliche Museum der Stadt Bretten, das sich – insbesondere nach der 2007 vorgenommenen Einrichtung des Deutschen Schutzengel-Museums im Obergeschoss – eines regen Besuchs, auch weit über Bretten hinaus, erfreut.
Dr. Peter Bahn
Weitere Schauplätze der Stadtgeschichte finden Sie auf der Themenseite zur Stadtgeschichte
Alles zum großen Jubiläum 1250 Jahre Bretten finden Sie auch auf der Themenseite
1250 Jahre Bretten.
Autor:Chris Heinemann aus Bretten |
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