Gemeinderat Bretten hat Einsparungen von insgesamt rund 5,4 Millionen Euro für den Haushalt 2020 beschlossen
"An die Grenze des Machbaren gegangen"

Die Corona-Krise hat auch die Finanzen der Melanchthonstadt Bretten in eine große Schieflage gebracht. Adobe Stock, focus finder
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  • hochgeladen von Christian Schweizer

Bretten (swiz) Die Corona-Pandemie stellt die Kommunen im Land vor gewaltige finanzielle Herausforderungen. Mit vier Enthaltungen hat der Brettener Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung am gestrigen Dienstag daher Einsparungen von insgesamt rund 5,4 Millionen Euro für den Haushalt 2020 beschlossen. Zuvor hatte Oberbürgermeister Martin Wolff noch einmal betont, es sei nun angesagt, den "Gürtel enger zu schnallen, denn finanziell läuft es nicht mehr rund." Und auch Kämmerer Wolfgang Pux erklärte bei der Vorstellung des neuen Spar-Zahlenwerks, "der neue Finanzbericht unterscheidet sich deutlich von meinen vorherigen." Statt prosperierender Einnahmen müsse er nun Einbrüche in fast allen Bereichen vermelden. Dennoch sei man in Bretten in der Lage Lösungen zu finden, gab sich Pux überzeugt. Diese Lösungen heißen vor allem: Sparen, sparen, sparen.

Größte Verluste bei der Gewerbesteuer

Und das ist auch dringend geboten, denn das Haushaltsjahr 2020 ist schwer von der Corona-Krise gezeichnet. So ergibt sich für das laufende Jahr eine Gesamtverschlechterung der Finanzlage der Melanchthonstadt in Höhe von rund 6,87 Millionen Euro. Die größten Verluste durch die Corona-Krise verzeichnet die Stadt bei der Gewerbesteuer. Geplant waren in 2020 Einnahmen von 16,5 Millionen Euro, die korrigierte Erwartung liegt nun bei 13 Millionen Euro, erklärte Kämmerer Pux. Große Einschnitte gibt es auch beim Einkommenssteueranteil. Dort wurde die Erwartung von 17,68 Millionen Euro auf 15,79 Millionen Euro korrigiert. Dazu kommen unter anderem noch Mindereinnahmen bei der Vergnügungssteuer, bei Mieteinnahmen sowie beim Umsatzsteueranteil und der Vergnügungssteuer.

Große Einsparungen beschlossen

Zur Eindämmung dieser gravierenden finanziellen Einbrüche hatte sich der Gemeinderat bereits am 16. Juni auf diverse Einsparvorschläge geeinigt (wir berichteten). Die Einsparungen betreffen unter anderem die Absage von Veranstaltungen sowie Sach- und Personalkosten (178.000 Euro). Zudem wird eine Beteiligung an der Netze BW in Höhe von 1,64 Millionen Euro auf den 1. Juli 2021 verschoben. Dies hatte der Gemeinderat bereits in einer früheren Sitzung beschlossen. Zudem wurde eine geringere erste Teilzahlung für die Bauarbeiten auf der Sporgasse angesetzt, da der Abbruch der Häuser in der Weißhofer Straße 33 bis 37 erst in 2021 erfolgen soll. Dies soll eine Ersparnis von 950.000 zur Folge haben.

Investitionsvolumen von 15,15 Millionen Euro

Um die 6,87 Millionen komplett zu kompensieren, sollen zudem noch 394.000 Euro aus bereits erhaltenen Sonderzuweisungen des Landes und voraussichtlich 996.290 Euro aus dem kommunalen Konjunkturpaket von Bundes- und Landesregierung beitragen. In Letzterem liegt allerdings noch ein gewisser Unsicherheitsfaktor, da die Hilfen von Bund und Land vor allem im Hinblick auf die Kompensation beim Ausfall der Gewerbesteuer in ihrer Höhe noch nicht feststehen. Der Bedarf an Fremdkapital erfährt durch die Verschlechterungen im Haushalt keine Erhöhung. Ob die zur Verfügung stehende Kreditermächtigung in Höhe von rund 7,45 Millionen Euro komplett abgerufen werde, müsse sich zeigen, so Pux. Allerdings, betont der Kämmerer, seien bereits fünf Millionen Euro in Anspruch genommen. Investieren will Bretten trotzdem: So sieht der Haushalt in 2020 ein Investitionsvolumen von 15,15 Millionen Euro vor.

"Wir sind an die Grenze des Machbaren gegangen"

"Wir sind an die Grenze des Machbaren gegangen", betonte CDU-Stadtrat Bernd Neuschl in seiner anschließenden Stellungnahme. Dennoch sei seine Fraktion auch weiterhin der Meinung, man müsse gerade in Krisenzeiten antizyklisch denken und daher investieren. Einige Wünsche müssten aber wohl ein paar Jahre hinten anstehen. Die Einsparungen seien gut gelungen, attestierte Grünen-Stadträtin Ute Kratzmeier. Positiv hob sie noch einmal hervor, dass man trotz Krise einer Erhöhung der Kindergartenbeiträge nicht zugestimmt habe. Im Hinblick auf den Anstieg der Schulden von 13,01 Millionen Euro in 2019 auf voraussichtlich 19,42 Millionen Euro in 2020 mahnte sie außerdem, den Schuldenabbau nicht aus dem Blick zu verlieren. Auch von der SPD kam Zustimmung zu den rigiden Einsparmaßnahmen im Haushalt der Stadt. Zudem, so Birgit Halgato, sei eigentlich sicher, dass die geplanten Investitionskosten von rund 15 Millionen Euro in diesem Jahr nicht komplett abfließen würden.

"Zweite Welle wird Insolvenzwelle"

Für Armin Schulz (die aktiven) stellt sich "die Situation anders dar". Die Kommunen seien völlig unverschuldet durch den staatlichen Lockdown in diese Krise geraten. Daher dürften diese nun auch nicht im Regen stehen gelassen werden. Die Hilfsgelder von Bund und Land sollten daher nicht nur auf die Kompensation der Gewerbesteuerausfälle zielen, sondern den Ausfall im Gesamthaushalt im Blick haben. Zudem sei er sicher: "Die zweite Welle, von der alle reden, wird eine Insolvenzwelle sein. Und da helfen dann auch keine Masken", so Schulz, der sich bei der anschließenden Abstimmung enthielt.
Zustimmung zu den Sparmaßnahmen kam dagegen von Hermann Fülberth (Aufbruch Bretten). Allerdings bezweifelte er die Rechtmäßigkeit der Beratungen des Gemeinderats zu den Sparmaßnahmen am 16. Juni, da diese Sitzung nicht durch Ausschüsse vorbereitend beraten worden sei.

Mehr Geld für die Schulen?

Abschließend brach CDU-Stadtrat Martin Knecht noch eine Lanze für die Schulen. Diese würden durch die Sparmaßnahmen zu sehr geschröpft, so Knecht. Unter anderem würde den Schulen die Mittelübertragung der in 2019 nicht abgeflossenen Gelder um 50 Prozent gekürzt. Dieses Vorhaben solle man zurücknehmen. Geht nicht, betonte dagegen Kämmerer Pux. Die rechtlichen Verordnungen würden eigentlich noch drastischere Kürzungen vorgeben, wenn die Zielvorgaben im Haushalt nicht erfüllt würden. "Wir lassen aber keine Schule hängen", betonte OB Wolff. Und weiter: "Wenn Bedarf ist, dann helfen wir." Einen Schritt weiter ging Bürgermeister Michael Nöltner. Durch den Digital Pakt (wir berichteten) fließe gesamt gesehen sogar mehr Geld an die Schulen.

Autor:

Christian Schweizer aus Bretten

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