Bretten für Ärzte wieder attraktiv machen - Podiumsdiskussion von VBU und BI Rechberg

Das Podium bei der Diskussion über Ärztemangel in Bretten.
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Haben wir einen Ärztemangel in Bretten? Ja, sagen die Bürgerinitiative pro Rechbergklinik (BiR) und die Vereinigung Brettener Unternehmen (VBU) und hatten aus diesem Grund am gestrigen Mittwoch, 22. Februar, zu einer Podiumsdiskussion eingeladen.

Bretten (swiz) Haben wir einen Ärztemangel in Bretten? Ja, sagen die Bürgerinitiative pro Rechbergklinik (BiR) und die Vereinigung Brettener Unternehmen (VBU) und hatten aus diesem Grund am gestrigen Mittwoch, 22. Februar, zu einer Podiumsdiskussion eingeladen. Im voll besetzten Bürgersaal des alten Rathauses wollten die anwesenden Experten, darunter die in Bretten niedergelassenen Ärzte, Dr. Wolfgang Stütz und Dr. Joachim Leitz, Alt-OB und Sprecher der BiR, Paul Metzger, Dr. Peter Hinz von der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) sowie die Landtagsabgeordneten Joachim Kössler (CDU) und Andrea Schwarz, Bündnis 90/Die Grünen, die Zuhörer darüber informieren, wie es um den Status Quo der ärztlichen Versorgung in Bretten bestellt ist. Darüber hinaus sollten Weichenstellungen präsentiert werden, wie die haus-, fach- und notärztliche Versorgung in Bretten auch in Zukunft gesichert werden kann. Geleitet wurde die Diskussion vom VBU-Vorsitzenden Andreas Drabek.

Junge Ärzte wollen keine Hausärzte werden

Ein eher düsteres Bild der Ärzteversorgung in Bretten zeichnete der Mediziner Stütz in seinem Vortrag. So sind laut seinen Aussagen in der Melanchthonstadt derzeit 20 niedergelassene Hausärzte aktiv. Das ist nicht wenig, betrachtet man allerdings den Altersschnitt dieser Mediziner, zeichnet sich ein anderes Bild ab. So sind acht der Ärzte bereits über 60 Jahre alt. Das bedeute, so Stütz, „in drei Jahren werden nur noch zwölf statt 20 Hausärzte da sein“. Natürlich nur, wenn diese keine Nachfolger für ihre Praxen finden. Doch gerade da liegt die Schwierigkeit. Denn Hausarzt scheint unter jungen Ärzten kein attraktives Berufsfeld mehr zu sein. So würden laut Stütz nur zehn Prozent aller Ärzte den Beruf Hausarzt wählen. Konkret hat dies in Bretten dazu geführt, dass 2016 bereits zwei Hausärzte aus Altersgründen ihre Praxen geschlossen haben, weil es keine Nachfolger gab. Die Gründe dafür sind vielfältig, so Stütz. So wollten junge Ärzte eine gewisse Work-Life-Balance, sprich, geregelte Arbeitszeiten mit genügend Freizeit für Familie und keinen Rund-um-die-Uhr-Dienst für die Patienten. Für Frauen sei das Thema „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ noch weitaus wichtiger. Daher gehe der Trend auch immer mehr zu angestellten Ärzten in Gemeinschaftspraxen. Die Übernahme von Einzelpraxen sei dagegen lange nicht mehr so attraktiv wie früher. Zudem müssten Hausärzte im Vergleich zu anderen Fachrichtungen auch mit einer deutlich geringeren Bezahlung auskommen. Man konkurriere bei der Suche nach neuen Hausärzten daher mit vielen Gemeinden um sehr wenig Personal. Lösungen sieht Stütz eher auf lange Sicht. „Es wäre zum Beispiel wünschenswert, eine Hausarztquote im Studium einzuführen und für eine bessere Bezahlung zu sorgen.“ Vorschläge, den Beruf des Hausarztes attraktiver zu machen, kamen auch aus dem Publikum. So solle man unter anderem den Nummerus Clausus im Medizinstudium sowie die umstrittenen Fallpauschalen abschaffen.
Um die Arbeitszeiten der Hausärzte erträglich zu gestalten und dennoch eine Versorgung der Patienten auch zu „Unzeiten“ sicherzustellen, gibt es unter anderem in Bretten zudem einen Notfalldienst, dessen Arbeit der Mediziner Leitz vorstellte. Der Notfalldienst, betreut Patienten außerhalb der regulären Öffnungszeiten der Hausärzte und ist Ansprechpartner in dringlichen, aber nicht lebensbedrohlichen Fällen.

Fachärzte-Sperre im Landkreis Karlsruhe

Die aussterbende „Spezies“ Hausärzte ist das eine Problem, die andere „Baustelle“ ist der Mangel an Fachärzten in Bretten. Das wurde immer wieder auch durch Äußerungen aus dem Publikum deutlich. Sogar zum Röntgen und zum Kinderarzt müsse man weite Wege in Kauf nehmen, ärgerten sich viele Bürger. Das Problem liegt dabei vor allem auch in der Lage Brettens am Rand des Landkreises Karlsruhe begründet. Dieser hat laut der Bedarfsplanung der Kassenärztlichen Vereinigung eine vollkommen ausreichende Versorgung mit Fachärzten und ist daher für eine Neuansiedlung von diesen spezialisierten Medizinern gesperrt. Das Problem ist dabei die großflächige Bedarfsplanung, die für den gesamten Landkreis gilt. Daher können insgesamt im Landkreis zwar genug Fachärzte vorhanden sein, in speziellen Gemeinden, wie in Bretten, kann aber dennoch ein Mangel entstehen. Man könne da wenig erreichen, da dies Sache des Bundes ist, betonten unisono die Landtagsabgeordneten Schwarz und Kössler. Doch wie kann man Fachärzte trotz Sperre nach Bretten holen? Nur durch das Abwerben von bereits niedergelassenen Fachärzten im Landkreis Karlsruhe. Und da sollen, laut Metzger, vor allem der Neubau der Rechbergklink und das „Konzept Rechberg“, das bereits vom Kreistag die Zustimmung erhalten hat, helfen. Das Konzept sieht laut Metzger bekanntermaßen unter anderem den Bau eines Fachärztehauses vor, von dem die BiR und auch die Regionale Kliniken Holding (RKH) große Synergieeffekte erwarten. So soll das Ärztehaus durch einen Verbindungstrakt an den Neubau der Rechbergklink angeschlossen werden. Dies nütze sowohl dem Krankenhaus als auch den hoffentlich dort entstehenden Facharztpraxen. Man habe auch bereits einen Investor an der Hand. „Das Fachärztehaus muss zeitnah realisiert werden, und die Ärzte müssen Klarheit bekommen, wie das Haus aussehen wird und zu welchen Konditionen eine Niederlassung möglich ist. Schon im März werden konkretisierende Planungskonzepte durch einen von der BI vermittelten Investor entwickelt“, so Metzger. Das Konzept werde dabei in engem Kontakt mit der RKH und der Stadt entwickelt, so der Alt-OB. Man habe als attraktives Mittelzentrum und dann mit einem neuen Fachärztehaus sowie dem aufwändigen Neubau der Rechbergklinik Pfunde an der Hand, mit denen man bei den Fachärzten werben könne, so Metzger. „Wir müssen unsere Standortqualität herausstellen.“

"Sie haben jetzt die Chance nach vorne zu gehen"

Und diese „Sache“ wolle man angehen, betonte Oberbürgermeister Martin Wolff, der zwar nicht auf dem Podium, dafür aber in der ersten Reihe der Zuhörer saß. „Bei den Fachärzten sieht es an der ‚Front‘ einfach ein bisschen anders aus, als von der KVBW beschrieben.“ Einige Fachärzte würden in Bretten einfach fehlen. Für das Ärztehaus, egal wo es dann entsteht, müsse nun erst einmal der Bedarf der Ärzte ermittelt werden, erklärte Wolff. In dieser Sache sei man schon aktiv. So haben Ärzte und Gesundheitsdienstleister im Raum Bretten in diesen Tagen ein abgestimmtes Anschreiben erhalten, um deren Bedarf und Wünsche abzuklären. Erste Rückmeldungen seien schon eingetroffen. Mut sollten dann auch noch einmal die abschließenden Worte von Hinz machen: „Sie haben jetzt die Chance, mit einem neuen Konzept nach vorne zu gehen und ein attraktiver Standort für Ärzte zu werden."

Autor:

Christian Schweizer aus Bretten

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