Leserbrief zum Artikel "Hohe Kosten, wenig Nutzen?" vom 18. November
"Heiliger St. Florian im Schafspelz"

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Leserbrief zum Artikel "Hohe Kosten, wenig Nutzen?" vom 18. November

Beim derzeit laufenden Scoping-Verfahren für eine optimierte Planung der B294-Umgehungsstraße um Bretten dürfen Anregungen zum Untersuchungsrahmen für die Umweltverträglichkeitsprüfung der Planfeststellungsbehörde abgegeben werden. Davon hat auch die “Bürgerinitiative Verkehrsentlastung“ (BIVEB) Gebrauch gemacht. Dieser Name erscheint mir aber irreführend, ist doch der Hauptzweck dieser Initiative nicht die Verkehrsentlastung der Kernstadt, sondern die Verhinderung eben dieser. Meines Wissens sind in dieser Bürgerinitiative überwiegend Bewohner des Neubaugebietes Steiner Pfad Mitglieder.

Dieses Neubaugebiet ist das derzeit privilegierteste von ganz Bretten. Mit bis zu zehn Minuten Fußweg erreicht man von dort gefahrlos das ganze Kraichgau-Einkaufszentrum mit Gesundheitszentrum, Bank, Apotheke, Fitness-Studio und über zwei Haltepunkte der Stadtbahn die ganze Region. In nur fünf Minuten kann man Angehörige oder Bekannte im Betreuten Wohnpark oder Pflegeheim, die Rechberg Klinik, eine Kirchengemeinde und den Kindergarten besuchen. Direkt vor der Haustür liegt ein etwa ein Quadratkilometer großes Naherholungsgebiet, in dem ich einen 4,5 Kilometer Rundweg gelaufen bin, ohne die geplante Umgehungstrasse je berührt zu haben.

Überquert man diese Trasse über die geplante Teiluntertunnelung, erreicht man den Rinklinger Wald und erst wieder in Wössingen eine Straße. Auch Deutschlands größten Streichelzoo und den Kletterwald, welche beide auch viel Autoverkehr durch Bretten ziehen, erreicht man zu Fuß unter der geplanten Trasse durch.

Sehen wird man die Umgehungsstraße auch nur teilweise vom Höhenweg. Natürlich kann ich da verstehen, dass man mit dieser Privilegierung auch gerne noch auf eine Umgehungsstraße in circa 500 Meter Abstand verzichten möchte. In dieser Situation lässt sich leicht der Verzicht auf diese Straße, auf Autos überhaupt und für das Radfahren predigen. Jeder, der im Steiner Pfad gebaut hat, konnte die Freihaltetrasse im Flächennutzungsplan sehen.

Wofür ich aber überhaupt kein Verständnis habe, ist der überbordende Egoismus, mit dem die BIVEB den schon länger hier in Bretten Lebenden nicht einmal die Entlastung von 30 Prozent des Verkehrs gönnt. Soll doch die Pforzheimer Straße und die Wilhelmstraße mit den 21.600 Kraftfahrzeugen pro Tag, darunter 1.440 Schwerlastverkehr-Fahrzeuge, weiter steigend belastet bleiben. Dort atmen ja keine Menschen, sondern nur Alte im Pflegeheim und Junge im Berufschulzentrum oder die, die blöderweise mit dem Pkw in der Wilhelmstraße einkaufen. Das sind ja auch keine Menschen auf Lastenrädern wie die, die eigentlich kein Auto brauchen, weil sie alles in fußläufiger Nähe haben. Anders kann ich das Zitat der BIVEB „Aus diesen Gründen sehen wir den aktuellen Streckenverlauf der B 294 (durch die Stadt) als die umweltverträglichste Trasse und plädieren dafür, diese Trassenführung beizubehalten und ihren Verkehrsfluss zu optimieren“ nicht verstehen.

Wie soll das darüber hinaus mit der Bewerbung um eine Landesgartenschau und dem Rückbau der Wilhelmstraße auf zwei Spuren zusammenpassen? Zynischer kann ein Wolf im Schafspelz, genannt St. Florian, eigentlich nicht daher kommen. Da nützt mir das Feigenblatt mit dem Eintreten für ein tatsächlich notwendiges Gesamtmobilitätskonzept auch nichts. Überzeugen würde mich, wenn alle Mitglieder der BIVEB ihre Pkw verkaufen und die wenigen Fahrten, die sie noch außerhalb aller Einrichtungen im zehn Minuten Fußwegkreis benötigen, mit einem Leihwagen machen würden. Im Wohngebiet von Herrn Frank Schneidereit habe ich aber kein Anwesen ohne Garage oder Stellplatz gesehen. Wer also im Glashaus sitzt, sollte besser nicht mit Steinen werfen. Wer das alles nicht verstanden hat, möge das Tucholsky-Gedicht „Das Ideal“ googeln.

Gunter Lange
Bretten

Autor:

Kraichgau News aus Bretten

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