Die Gastronomie hat größtenteils wieder geöffnet
Im Regel-Dschungel
Bretten/Region (ger) Endlich! Die Corona-Zahlen sind im Sinkflug, wöchentlich werden neue Lockerungen verkündigt und allmählich kehrt die Normalität zurück. Nach sage und schreibe fast sieben Monaten, in denen lediglich Abhol- und Lieferservice möglich waren, können Gäste im Landkreis Karlsruhe seit Samstag, 22. Mai, wieder in Außen- und Innenbereichen Platz nehmen und sich bewirten lassen. Und wer möchte nicht endlich wieder in seinem Lieblingslokal essen, ein Glas Wein trinken oder sich mit Freunden treffen? Wenn man sich bei Gastronomen in der Region umhört, fällt der Andrang bisher recht unterschiedlich aus, was vor allem dem Dschungel an Vorschriften geschuldet ist, der nur schwer zu durchdringen ist.
Laut Heike Weiß, Inhaberin des Gasthauses Adler in Großvillars, sei es „arg schleppend“ angelaufen. „Die Leute müssen so viel Leistung bringen, um essen zu gehen“, in ihren Augen sei das „zu viel Theater“. Dazu seien die Menschen auch nicht richtig informiert, welche Vorgaben gelten. Kein Wunder, sind die Regeln auch mehr als komplex.
Die "3G-Regel"
Konkret kommen nämlich nur die in den Genuss eines Gaststättenbesuchs, die unter eines der „3G“ fallen. Darunter versteht man Geimpfte, Genesene oder Getestete, wobei jedes „G“ wieder bestimmten Vorgaben entsprechen muss: Nur wer vollständig geimpft ist – das heißt, in der Regel zwei Impfungen bekommen hat –, gilt ab dem 15. Tag nach der zweiten Impfung als vollständig geimpft. Der Nachweis dafür ist in der Regel der gelbe Impfpass. Bei Genesenen, also Menschen, die eine Covid-19-Infektion durchgemacht haben, ist es nochmals komplizierter. Als Nachweis gilt hier der positive PCR-Test, der jedoch nicht älter als sechs Monate und – um auszuschließen, dass man noch ansteckend ist – nicht jünger als 28 Tage sein darf. Getestet bedeutet, dass man einen negativen Schnelltest vorweisen muss, der nicht länger als 24 Stunden zurückliegen darf. Kinder bis einschließlich fünf Jahre brauchen keinen Test. Da man einen Nachweis für das negative Ergebnis braucht, muss man in der Regel vor dem Gaststättenbesuch eine Teststelle aufsuchen.
Kontaktnachverfolgung per App und auf Papier
Weiterhin müssen die Gastronomen zur Kontaktnachverfolgung Namen sowie Adressen und Telefonnummern ihrer Gäste aufnehmen. In manchen Betrieben kann man dazu auch die Luca-App nutzen, überall besteht die Möglichkeit, sich wie vor dem Lockdown im November letzten Jahres von Hand auf Papier einzutragen.
Barbara Schwemmle, Winzerin und Wein-Erlebnis-Führerin vom Weingut Lutz in Oberderdingen, hat auch die Erfahrung gemacht, dass aufgrund der Regelungen, aber auch nach wie vor wegen einer möglichen Ansteckungsgefahr große Verunsicherung unter den Menschen herrscht. Ihre Weinstube vor den Toren des Amtshofs hatten sie erst mal nur an den Wochenenden geöffnet. Allerdings gibt es in Oberderdingen bisher lediglich die Möglichkeit, sich dienstags und donnerstags testen zu lassen, was für einen Gastronomiebesuch am Samstag oder Sonntag nicht geeignet ist. Ab sofort ist die Weinstube von Mittwoch bis Sonntag wieder geöffnet.
Manche Gastronomen warten mit der Öffnung auch noch ab. Das Clubhaus des FC Neibsheim bleibt derzeit noch beim Liefer- und Abholservice. „Wir fürchten, dass die Zahlen hochgehen könnten und wir wieder schließen müssen“, sagt Inhaberin Güldane Cakmak. Sie warte daher lieber noch ein wenig ab, bis sich die Situation stabilisiert hat und die Regeln vielleicht auch übersichtlicher sind.
In manchen Lokalen sind Selbsttests unter Aufsicht möglich
Einen Weg für den spontanen Kneipenbesuch hat das Café Primo gefunden. Laut Dehoga, dem Verband der Hotellerie und Gastronomie, dürfen Gäste unter Aufsicht eines Mitarbeiters einen Selbsttest durchführen, dafür kann man im Primo Tests auch käuflich erwerben. „Gerade sonntags, wenn keine Teststelle offen hat, wird das gerne angenommen“, sagt eine Servicemitarbeiterin. Viele Primo-Gäste informieren sich über die Regeln vorab telefonisch, inzwischen läuft der Betrieb im Café auf dem Brettener Marktplatz aber wieder sehr gut. Nur die Sperrstunde – Gastronomie ist derzeit nur zwischen 6 und 21 Uhr gestattet – ist für die Gäste noch ungewohnt, wird aber akzeptiert.
Kontaktbeschränkungen auch in der Gaststätte
Wie viele Personen an einem Tisch sitzen dürfen, richtet sich nach den aktuellen Kontaktbeschränkungen. Bei einer Inzidenz unter 50, wie sie seit 26. Mai im Landkreis herrscht, sind das maximal zehn Personen aus drei Haushalten. Kinder unter 14 Jahren, Geimpfte und Genesene werden nicht mitgezählt und Paare gelten als ein Haushalt, auch wenn sie nicht zusammenleben.
Seit 1. Juni hat auch das Alte Rathaus, ebenfalls am Marktplatz in Bretten, wieder geöffnet. Als „bisschen lästig“ bezeichnet Inhaber Ingo Jäger die Überprüfung der „3G“. „Ich hoffe, dass die 3G wenigstens für den Außenbereich bald gecancelt werden“, äußert er einen Wunsch. Ansonsten habe sich an den Hygieneanforderungen ja nichts geändert. Auch im Alten Rathaus ist es möglich, mitgebrachte oder für 3,50 Euro erworbene Selbsttests unter Aufsicht vor Ort zu machen. Ob die Zahlen weiter sinken oder zumindest niedrig bleiben, werde sich zeigen. „Aber wenn sich alle an die Regeln halten, schaffen wir das schon“, zeigt sich Jäger zuversichtlich.
Unterschiedliche Regeln in Landkreisen je nach Inzidenz
Schon ab Samstag könnten im Landkreis Karlsruhe wieder neue Regeln gelten: Denn sinkt die Inzidenz 14 Tage nach Außerkrafttreten der Bundes-Notbremse, tritt die Öffnungsstufe zwei nach der Corona-Verordnung Baden-Württembergs in Kraft. Damit dürfte die Gastronomie bis 22 Uhr öffnen.
Im Enzkreis war es der Gastronomie aufgrund höherer Inzidenzwerte erst am vergangenen Samstag, 29. Mai, wieder erlaubt zu öffnen. Entsprechend lassen weitere Öffnungsschritte dort noch auf sich warten.
Autor:Katrin Gerweck aus Bretten |
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