Nach zehn Jahren wieder im Defizit
Krankenhausreform verschärft Unsicherheiten in Bretten und Bruchsal

Für die Rechbergklinik in Bretten wird erstmals seit 2014 ein Defizit erwartet. Foto: Archiv
  • Für die Rechbergklinik in Bretten wird erstmals seit 2014 ein Defizit erwartet. Foto: Archiv
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Bretten/Bruchsal (kuna) Im November wurde die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) lang geplante Krankenhausreform beschlossen, die zum Januar 2025 in Kraft treten wird. Kernpunkt des neuen Gesetzes ist die Ablösung des Fallpauschalensystems: Den Kliniken soll so der ökonomische Druck genommen werden, immer mehr Patientinnen und Patienten zu behandeln – bislang erhielten sie für die Behandlung einen festen Betrag, der sich nach der Diagnose und nicht nach der tatsächlichen Behandlungsdauer oder den Kosten richtete. Stattdessen sollen die Krankenhäuser fortan auch unabhängig von der Anzahl an Behandlungen einen festen Betrag zur Finanzierung der Vorhaltung von Infrastruktur, Personal und medizinischen Geräten erhalten.

Kritik von vielen Seiten

Bereits bevor das neue Gesetz im November den Bundesrat passiert hatte, hagelte es an der Krankenhausreform von vielen Seiten Kritik, darunter auch vom Landkreis Karlsruhe als kommunaler Träger und vonseiten der RKH Gesundheit, die unter anderem die Rechbergklinik in Bretten und die Fürst-Stirum-Klinik in Bruchsal betreibt. Demnach herrsche noch immer Unklarheit über die konkreten Auswirkungen der Reform.

Defizit von rund zehn Millionen Euro

Auch wird auf die finanzielle Schieflage vieler Kliniken im Land verwiesen: So teilte das Landratsamt Karlsruhe im November mit, dass für die Krankenhäuser in Bretten und Bruchsal erstmals seit zehn Jahren wieder mit einem Defizit gerechnet wird. Zuvor hätten die Kliniken im Landkreis Karlsruhe stets ein ausgeglichenes bis positives Jahresergebnis erwirtschaftet. Nun fehlen voraussichtlich über zehn Millionen Euro in der Kasse. Kann die neue Reform zu einer Verbesserung der Lage führen?

Kleinere und mittelgroße Kliniken in Existenz gefährdet

Dieser Annahme steht die Geschäftsführung der RKH Gesundheit derzeit noch kritisch gegenüber. Wenige Tage nach dem Beschluss des neuen Gesetzes teilt diese mit, dass das Bundesgesundheitsministerium bislang den Nachweis schuldig geblieben sei, ob die Krankenhausreform wirklich eine kostendeckende Finanzierung leisten könne. Verwiesen wird dabei auf eine Studie der Deutschen Krankenhausgesellschaft, die besagt, dass insbesondere kleinere und mittelgroße Kliniken durch die neuen Vorgaben in ihrer Existenz gefährdet seien.

Keine Rücksicht auf regionale Besonderheiten

Ein wesentlicher Kritikpunkt der RKH-Chefs ist dabei, dass die Reform regionale Besonderheiten nicht berücksichtigen würde. Die Geschäftsführung verweist hierbei auf die „bereits fortgeschrittene Strukturbereinigung mit der geringsten Bettendichte in Deutschland“, die „hohen regionalen Kosten“ sowie „das überdurchschnittliche Lohnniveau“ in Baden-Württemberg. Der Klinikverbund würde allein dadurch zusätzliche Kosten in Höhe von 122 Millionen Euro jährlich tragen müssen, die derzeit nicht gedeckt würden.

Kritik an "Zwei-Kilometer-Regel"

Auch die neue "Zwei-Kilometer-Regel" der Krankenhausreform führt zu Kritik und ist laut RKH-Geschäftsführung eine "unrealistische Standortvorgabe". Kooperationen zwischen Kliniken sind ab Januar 2025 nur dann möglich, wenn die einzelnen Standorte nicht weiter als zwei Kilometer auseinander liegen. Für die Kliniken in Bretten und Bruchsal ergebe sich dadurch ein "massives Problem", heißt es in der Mitteilung. Und: "Die Zusammenarbeit mehrerer Standorte wird bestraft."

Belastung statt Entbürokratisierung

Auch die versprochene Entbürokratisierung sieht man im RKH-Klinikverbund kritisch. Statt zu entlasten würde die Reform zusätzliche personelle Ressourcen binden, denn durch die Einführung eines weiteren Vergütungssystemes – Fallpauschalen und Vorhaltepauschalen sollen nebeneinander existieren – sehe man eine Belastung der Mitarbeitenden. „In Zukunft müssen nicht nur die Fallpauschalen abgerechnet, sondern auch der bürokratische Aufwand für die Vorhaltefinanzierung geleistet werden“, kritisiert die Geschäftsführung.

RKH Gesundheit fordert Nachbesserungen

Die RKH Gesundheit stellt deshalb Forderungen auf, um das neue Gesetz nachzubessern und nennt hierbei konkret den Wunsch nach einer "kostendeckenden Finanzierung von Betrieb und Investition mit Schließung der Inflationslücke und Überbrückungsfinanzierung, sowie eine Reformgestaltung, die regionale Unterschiede und reale Kosten berücksichtigt“.

Fünf-Jahres-Plan "Gemeinsam Gesundheit gestalten"

Anfang Dezember hatte zudem der Aufsichtsrat die RKH-Geschäftsführung dazu aufgefordert, einen Plan für die nachhaltige Verbesserung der wirtschaftlichen Lage zu erarbeiten. Als Hauptursachen für die finanzielle Schieflage machte dieser den Rückgang stationärer Leistungen, den Fachkräftemangel sowie inflationsbedingte Kostensteigerungen, insbesondere im Personalbereich, aus. Unter dem Titel "Gemeinsam Gesundheit gestalten" soll nun ein Fünf-Jahres-Plan entstehen, bei dem die Kliniken des RKH-Verbundes verstärkt auf ambulante Leistungen setzen und die Leistungsstruktur der einzelnen Standorte überprüfen und anpassen sollen, im Einklang mit der Krankenhausreform.

Autor:

Kathrin Kuna aus Bretten

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